Magie der Schatten 1 - Barshim und Cashi
und wagte kaum zu atmen.
*
In derselben Sekunde sah Barshim hoch und blieb abrupt stehen. Am liebsten hätte er diesen Anblick für die Ewigkeit festgehalten. Wie sie da stand, die untergehende Sonne im Rücken, als wollte sie sie erleuchten. Der Wind streifte zärtlich das Haar zur Seite und umschmeichelte den grünfarbenen Stoff ihres Kleides. Gab es etwas Schöneres, als eine Sekunde, die zur Ewigkeit werden konnte?
Barshim drückte einem seiner Männer die Sachen, die er gerade in den Händen hielt, vor die Brust und ging langsam weiter. Cashimaé kam auf ihn zu. Die Blicke der anderen waren irrelevant. Alles rückte in den Hintergrund, in weite Ferne. Es war so still auf dem Platz, dass man die Grillen zirpen hören konnte.
Sie blieben nur wenige Zentimeter voreinander stehen. Sahen sich an, ohne ein Wort zu sprechen. Nach schier endlosen Minuten hob er die Hand und legte sie an ihr Gesicht. Sie lehnte den Kopf dagegen, ohne ihren Blick auch nur einmal zu lösen. So viele Jahre der Trennung. Er beugte sich vor, roch den frischen Duft ihrer Haare. So lange Zeit. Ihre Finger verflochten sich ineinander wie eine Ranke. Schweigen, doch die Augen sprachen so viele Worte.
Seine Lippen suchten die ihren und sie verschmolzen zu einem endlos erscheinenden Kuss. Es war kein unschuldiger Kuss, sondern einer, der von Feuer und Leidenschaft sprach, von einer langen Trennung und der unendlichen Freude des Wiedersehens. Von dem Schmerz, der so tief in der Brust lag, dass es das Atmen erschwerte.
Er umarmte sie fest. Hob sie von den Füßen und setzte sie wieder ab.
»Temané«, sagte er.
»Temané«, antwortete sie liebevoll.
»Auf Ewig und immer.« Mit diesen Worten zog er sie erneut an sich.
Ohne die anderen um sie herum zur Kenntnis zu nehmen, hob er sie hoch.
Cashimaé hielt sich in seinem Nacken fest und er trug sie zurück zum Zelt.
*
»Hach, muss Liebe schön sein«, sprach Ilias.
Mariella stieß ihn in die Seite. »Naja, ich denke mal, die beiden verstehen etwas anderes darunter als du ungehobelter Klotz.«
Er grinste sie frech an. »Wohl dasselbe wie du, sonst wärst du nicht meine Frau geworden.«
Sie lachte und kuschelte sich in seinen großen Arm. Ilias wollte noch etwas sagen, doch Mariella stieß ihm erneut in die Seite. »Spar dir deinen Kommentar und kümmere dich lieber um deine Frau.«
Lachend hob er sie hoch, als wäre sie ein Spielzeug. »Aber immer gerne doch.«
*
Cashimaé und Barshim standen einander gegenüber und er liebkoste den kleinsten Flecken ihres Gesichtes. »Ich habe dich so sehr vermisst.«
Sie zog ihn so fest an sich, wie es nur ging. »Niemand wird uns je wieder trennen.«
»Nie wieder.«
Zum ersten Mal seit langer Zeit, ließ er sich fallen und öffnete seinen Geist, um das zu fühlen, was sie fühlte. Es verursachte einen Schmerz in seiner Brust, der fremd war, doch nicht verletzte. Wie ein sanfter Wind in seinem Inneren. War dies Leidenschaft? So wie es die Menschen kannten? Er wollte es festhalten, nie mehr lösen. Sie spüren, berühren, jede restliche Sekunde seines Lebens. Barshim strich über ihre Schultern, ihr Gesicht, er umfasste ihre Taille, als habe er Angst, sie könne sich jeden Moment in nichts auflösen.
Auf einmal befreite sie sich sanft aus seinem Arm, trat einen Schritt zurück. »Wir sind keine kleinen Kinder mehr, Barshim.«
»Nein.«
Sie lächelte noch immer, ein Lächeln, das er niemals wieder vergessen würde, als sie langsam die Schnüre ihres Kleides löste und es zu Boden gleiten ließ. Er hob eine Hand und zögerte. Ja, er hatte schon Nächte mit Frauen verbracht, aber jetzt war es anders. Tiefer. Sie umfasste seine Hand und hauchte einen sanften Kuss in seine Innenfläche, ehe sie sie auf ihre warme Haut legte. Reinheit, war das Wort, das ihm zu dieser Frau einfiel.
»Temané«, flüsterte sie. Plötzlich zog er sie fest an sich und ihre Hände suchten seine Nähe wie er die ihre.
Nein, bei Gott, sie waren keine Kinder mehr.
*
Am folgenden Morgen brauchten sie keinen ‚Weisen Fuchs‘, der dafür sorgte, dass sie nicht gestört wurden. Alle im Lager brachten ihnen den Respekt entgegen, sie in Ruhe zu lassen.
Cashimaé wurde wach. Sie lag noch so da, wie sie irgendwann in der Nacht eingeschlafen war. Sie ruhte auf der Seite und Barshim hinter ihr, seinen Arm um sie gelegt, als hätte er Angst, sie könne einfach verschwinden. Vorsichtig drehte sie sich um.
»Du bist ja wach.«
Er lächelte. »Ja, ich wollte dich nicht
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