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Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Magie der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lisowsky
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Hieb mit der Eisenfessel an seiner Hand ab. Funken flogen, und er balancierte die Klinge zur Seite weg. »Keiner muss sterben. Das hier ist nicht der Krieg. Und ich bin nicht der Mörder, für den du mich hältst.«
    Der Hauptmann zog das Schwert zurück und fletschte die Zähne. »Es ist egal, für was ich dich halte. Ich habe hier nicht die Macht. Spar dir deine Worte.« Er trat gegen einen der über den Boden verteilten Äpfel, und die Frucht flog auf Raigar zu. Er duckte sich instinktiv – direkt in einen Schwerthieb hinein, der ihm das graue Sträflingshemd und auch noch die Haut darunter aufriss.
    Raigar presste eine Hand auf die Wunde. »Ja, ich kann mir die Worte wohl wirklich sparen.«
    Sein Gegner zog die Brauen zusammen, Verzweiflung stand in seinen Augen.
    Er führte einen Stich gegen Raigars Kehle.
    Raigar hatte den Angriff erwartet und ließ die Schwertklinge mit einer kurzen, heftigen Bewegung seines Unterarms von der Metallschelle abprallen. Die Wucht war so groß, dass der Arm des Gegners nach hinten gerissen wurde. Raigar ballte die Fäuste und griff an. Zwei Haken prallten gegen den Schädel des Gardehauptmanns, drei schwere Hiebe trafen den Magen. Der Mann krümmte sich zusammen und taumelte. Raigar donnerte ihm einen Aufwärtshaken unters Kinn und schlug ihn mit einer Geraden nach hinten. Stöhnend fiel der Kämpfer auf den Rücken. Seine Pupillen rollten nach hinten weg. Er lag im dunklen Matsch, bei seinen Gefährten.
    Raigar schüttelte sich die Hände aus. Nach einem letzten Blick zurück – niemand folgte ihm – verschwand er in der Gasse und begab sich zu dem kleinen Lagerhaus, vor dem der Planwagen stand. Er drang durch die Hintertür ein, und im staubigen Innern stieß er sofort auf den rotgemusterten Teppich, von dem Vicold gesprochen hatte. Er zog ihn zurück, darunter lag die Luke zur Vorratskammer. Er öffnete sie und stieg über eine Treppe in die Dunkelheit. Erdiger Geruch umgab ihn. Ein Licht schimmerte fern in der Finsternis. Der Tunnel, der in die Freiheit führte. Raigar bückte sich und lief los. Es dauerte nicht lange, dann ertönten hinter ihm Schritte. Es waren die Hunde. Hunde des Krieges wie er, die vor dem Richtblock flohen und wahrscheinlich genauso wenig wussten wohin wie er.

Kapitel 5:
DIE VERBORGENE BIBLIOTHEK
    In dem weiträumigen Akademiezimmer war nur die Hälfte der Bänke besetzt. Die wenigen Fleißigen, die den Blick stets oben hielten, saßen in der ersten Reihe. Dann kam die zweite mit denen, die nichts sagten, aber dem Lehrer zumindest durch ihre Nähe in Erinnerung bleiben wollten. In der dritten und vierten saßen die meisten Schüler, und dort entstand auch das meiste Gemurmel.
    Nairod saß allein in der siebten und letzten Reihe. Hier gab es den besten Blick. Auf das Wappensymbol der Schildmagier, das als martialischer, übergroßer Schild die Wand zierte. Auf die an der Wand befestigten Skizzen und Notizen, die sich alle in ihrer Sinnlosigkeit ähnelten. Auf den Lehrer, der sich in das gleiche metallene Grau hüllte wie das Schildsymbol. Er hatte eine Glatze, bis auf kleine, krause Haarballen an seinen Ohren, so dass es aussah, als würden sich Wolken um seinen Kopf stauen.
    Schon die ganze Stunde über wurden Schüler zur Überprüfung nach vorn zum Lehrertisch gerufen. Jetzt war es Lenia, die sich hinter das Pult stellte. Sie strich sich ihr Kleid glatt, legte die Hände vor sich wie an eine unsichtbare Wand und spreizte die Finger. Sie nickte erwartungsvoll. Die sitzenden Schüler hielten braune Stoffbälle in den Händen. Wer noch keinen hatte, an dessen Tisch ging der Lehrer mit einem Körbchen mit weiteren Bällen vorbei. Auch Nairod durfte hineingreifen.
    Lenia nickte ein zweites Mal, in ihrer Geste verharrend. Jetzt flogen aus allen Reihen Bälle auf sie zu. Aber kurz bevor sie sie trafen, prallten sie an der unsichtbaren Wand ab, an die Lenia ihre Finger gelegt hatte, und fielen zu Boden. Auch die Geschosse einiger Nachzügler prallten ab. Lenia lächelte. Nairod spürte ihren Blick, etwas in ihrer Miene veränderte sich, und auch die Geste, mit der sie die Wand zu stützen schien. Jetzt warf ein schwarzhaariger Junge aus der dritten Reihe seinen Ball. Er flog über das Pult und traf Lenia gegen die Brust. Die ganze vierte Reihe brach in Gelächter aus. Nairod drückte unter dem Tisch die Finger in seinen Ball.
    Der Lehrer strafte den Jungen, der geworfen hatte, mit einem tadelnden Blick, dann schickte er Lenia zurück auf ihren Platz. Aber

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