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Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Magie der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lisowsky
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in den unteren, bis hin zum Erdgeschoss. Zurück blieb nur der vage graue Schimmer von magischem Licht, der die Räume immer erfüllte, genau wie die Flure der Akademie. »Hoffen wir, dass sie der Sturm nicht auf die Idee bringt, die Fenster doppelt und dreifach zu kontrollieren.«
    Sie traten nach draußen in den Sturm und die Nässe und blieben im Schatten von Säulen und Balkonen. Keine Menschenseele begegnete ihnen. Das Hoffenster der Bibliothek stand noch offen und klappte im Wind auf und zu. Lenia half ihm mit einer Räuberleiter hoch, und er zog sie hinterher. Dumpf landeten sie auf den Dielen der Bibliothek.
    Lenia schloss das Fenster und sperrte das Fauchen des Sturms aus. Mit einem Mal wurde es still um sie. Nur das Ächzen des Holzes unter ihren Schuhen blieb. Die Bücherregale, die sie einschlossen, türmten sich meterhoch. Nairod tastete sich an überfüllten Regalfächern entlang, aus denen allerorts Buchrücken herausragten. Der Geruch von Pergament und Staub hüllte ihn ein, und im fahlen Licht wurden die schwebenden Staubteilchen sogar sichtbar. Nairod schlich sich vor bis zu einem Schreibtisch mit einer heruntergebrannten Kerze. Er blickte auf dem Gang nach links und rechts. Nur noch mehr Regale. »Scheint keiner hier zu sein.«
    Lenia erschien an seiner Seite. »Wir sollten trotzdem leise sein.«
    »Weißt du, wohin wir müssen?«
    »Zur Treppe.« Sie sah ihn an und lächelte. »Ich vergaß, du bist ja zum ersten Mal hier. Ich führe dich.«
    Die Treppe befand sich am Ende einer Schlucht aus Regalen, im Schatten, aber völlig unauffällig und wie selbstverständlich neben einem Schreibtisch, einigen Schemeln und einer Leiter.
    »Das soll sie sein?«, fragte Nairod. »Sieht mir eher aus wie der Weg zu einer Abstellkammer.«
    »Unterschätze die Sicherheitsmaßnahmen nicht. Der Schutzkreis ist sehr stark, habe ich gehört.«
    Nairod knackte mit den Knöcheln. »Dann wollen wir mal sehen, ob das auch stimmt.«
    Er bewegte eine Hand langsam in Richtung des Treppendurchgangs. In der Luft hing Widerstand: die Kraft, welche die Magie an ihrem Platz hielt. Mit einem Mal flammte ein rotes Licht auf, und an den Eckpunkten der Wand wurden vier faustgroße Energieknoten sichtbar. Von ihnen zogen sich feine Energiestränge lautlos Richtung Mitte. Sie verwoben sich ineinander und spannten ein gewaltiges Spinnennetz auf. Der Tanz der roten Farbe spiegelte sich auf der Regalfront und auf Lenias Gesicht. Zur Mitte hin woben sich die Stränge immer enger, bis sie schließlich zu einer Sternform als Mittelpunkt verschmolzen. Das Gebilde hing vor ihnen in der Luft.
    »Nicht schlecht.« Nairod steckte eine Hand in die Tasche, die andere richtete er auf einen der Knoten. »Aber nichts, das mich aufhalten könnte.«
    Lenia warf einen Blick in den Gang. »Sei bloß vorsichtig.«
    »Ich habe alles im Griff.« Er führte die Fingerspitzen der Hand zusammen, als wolle er eine Fliege zerquetschen, dann riss er die Finger ruckartig wieder auseinander. Der rote Energieknoten platzte auf. Alle Fäden, die von ihm aus in die Mitte geflossen waren, verloren die Spannung und hingen nur noch schlaff im Geflecht. »Siehst du, ziemlich leicht. Und ich musste kein einziges Buch dafür lesen.«
    »Ach, du.«
    Nairod sprengte den zweiten und den dritten Knoten. Das Netz zerfiel mehr und mehr. Mit dem letzten Knoten verloren auch alle übrigen losen Stränge ihren Halt und lösten sich in leere Luft auf. Nur noch der Stern in der Mitte blieb. Nairod legte einen Finger darauf, und auch der Stern zerriss. Ein Anflug von Schwäche ließ ihn taumeln, und er stützte sich gegen die Wand, als habe er nur kurz das Gleichgewicht verloren.
    »Ganz schön einfach. Und schon können wir in die verbotene Bibliothek.«
    »Du bist arrogant«, sagte Lenia leise.
    Er zwinkerte ihr zu und trat in den Durchgang. »Lass mich doch, jetzt gerade kann ich es mir leist–«
    Etwas Rotes flammte auf. Er reagierte zu spät. Ein zweiter Schutzkreis. Seine Hand war schon hindurch, und blitzschnell griffen die roten Fäden mit einer kalten, geisterhaften Berührung nach seinem Handgelenk. Er riss sich los.
    »Nairod!« Lenia sah ihn besorgt an.
    »Nichts passiert.« Er rieb sich über das Handgelenk.
    »Mit dir nicht. Aber …«
    Er ging zurück in den Bibliotheksraum. Ein schwaches Beben lief durch den Boden. »Mist.«
    »Elfenwächter.« Lenia zeigte in die Ecke neben sich. »Sie sind hier.«
    Ein kleines Wesen, kaum größer als ein Neugeborenes, schlüpfte

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