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Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Magie der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lisowsky
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durch eine Ritze zwischen den Dielen. Sein Körper war silbern und durchscheinend und endete unterhalb der Taille in einem Schweif. Es schwebte eine Handbreit über dem Boden und schlängelte sich zwischen den Beinen eines Schemels hindurch. Gesicht und Körper ähnelten einer aus Stein gehauenen menschlichen Statue.
    »Verdammt.« Nairod packte Lenia am Arm und rannte in Richtung des Hauptgangs.
    »Du weißt, was geschieht, wenn sie uns berühren? Sie nehmen unsere Aura auf, und jeder wird wissen, dass wir hier waren.«
    »Schon klar«, zischte Nairod.
    Vor ihnen purzelten Bücher aus einem Regal, und aus der Lücke schob sich ein weiterer durchscheinender Körper. Er segelte neben ihnen zu Boden – ohne ihn zu berühren. Magie hielt ihn knapp darüber. Gerade noch rechtzeitig zogen sie an ihm vorbei. Weiter entfernt vor ihnen krochen die nächsten zwei über ein Regal und kletterten mit kindlichen Ärmchen Ebene um Ebene herunter. Nairod bog in den Hauptgang ein. Keinen Meter vor ihm am Boden wartete einer der Wächter und hielt ihm die Arme entgegengestreckt. Instinktiv riss Nairod die Hand nach vorn. Während er mitten in den kleinen Körper hineinstolperte, wurde der plötzlich weggewischt wie ein Nebelschweif und verschwand. Erstaunt sah er Lenia an.
    »Es sind nur Zauber, die ein Beschwörer herbeigerufen hat«, sagte sie. »Du kannst sie bannen.«
    »Gut.« Er ballte eine Faust. »Ich hätte auch nicht zugelassen, dass die Kleinen uns unseren Plan vermasseln. Ich werde den Raum säubern, und dann können wir nach unten.«
    Im Schritttempo ging er weiter. Die Wächterzauber bewegten sich mit der gleichen Geschwindigkeit. Immer wieder drehte er sich, um sich nach allen Seiten umzusehen. Ein Elf lauerte an der Oberkante eines Regals und ließ sich auf sie fallen. Nairod fing ihn mit einem Stoß Bannmagie auf, und nur noch der langsam verwehende Nebel des gebannten Zaubers ging auf sie nieder. Im nächsten Gang hüpfte ein Elf die Stufen einer Leiter hinunter, und Nairod löste ihn im Vorbeigehen in einen silbernen Regen auf. Sein Herz begann, schneller zu schlagen, und auf seiner Stirn stand Schweiß. Ein weiterer Elf schlich sich unter einem Tisch an. Im letzten Moment richtete Nairod seine Hand auf das silbrige Glänzen und blies es fort. Seine Finger verkrampften sich, und er hielt an.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Lenia und sah sich besorgt um.
    Er schnaubte. »Ich mache schlapp. Das kann nicht sein. Es waren nur ein paar Zauber …«
    Lenia nahm ihn am Arm. Diesmal war er es, der gezogen wurde. »Komm weg, sie kriegen dich.«
    Er stolperte einige Schritte ungelenk hinter ihr her, dann schloss er die Augen und konzentrierte sich. »Besser, sie kriegen mich, als dass sie dich kriegen.« Er überholte Lenia. »Ich gehe vor, für den Fall, dass sie uns noch einmal von der Seite überraschen wollen.«
    Lenia entgegnete nichts.
    Sie hatten den Eingangsbereich passiert und schon mehr als die halbe Bibliothek durchquert. Vor ihnen tauchten keine Elfenwächter mehr auf, aber all die, denen sie ausgewichen waren, schlossen sich der Masse an, die wie die Gischt einer gewaltigen Welle hinter ihnen herfegte. Der Gang mit dem geöffneten Fenster wurde von einer breiten Elfenfront verstellt, als würden die kleinen Wesen die Bedeutsamkeit dieses Weges kennen. Alle anderen Fenster lagen zu hoch oder waren zu klein, als dass selbst Lenia sich hätte hindurchzwängen können.
    Nairod nahm einen Zickzackpfad um die Regale. Die Elfengruppe zersplitterte. Er lauerte ihnen auf, und dreien der Wichte kippte er einen Tisch auf den Kopf. Flatternde Papiere, ein zersplittertes Tintenfässchen und nicht zuletzt die Tischplatte begruben die Kleinen unter sich. Einen Einzelgänger klemmte er unter einem Schemel ein. Die Holzfüße hielten seinen durchscheinenden Schweif fest wie einen Mantelsaum, und der Elf kam nicht mehr voran. Als ein weiterer ihn aus einem Regal heraus ansprang, nahm Nairod seine Kräfte für einen letzten Bann zusammen und fegte den Wächter aus der Wirklichkeit. Seine Glieder stöhnten vor Müdigkeit, als er Lenia auf dem Hauptgang wiedertraf. Die Verfolger rollten noch immer auf breiter Front hinter ihnen her. Vor ihnen ragte bereits die Rückwand der Bibliothek auf.
    »Hat keinen Sinn, oder?«, fragte er. »Es sind zu viele.«
    Lenia reagierte nicht. Ihr Gesicht war ernst. »Komm hierher.« Sie bog ab in eine Gasse aus Regalen. Nairod folgte ihr – nur um erkennen zu müssen, dass die Passage an der Wand

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