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Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Magie der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lisowsky
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Aufgabe?«
    Sie blickte zu Boden. »Ich habe Schutzmagie erhalten. Damit kann man keine Länder erobern. Damit kann man nur Menschen schützen.«
    »Dann such dir jemanden, den du damit schützen kannst. Vielleicht stehst du mir dann nicht mehr im Weg.«
    Ihre Augen glänzten feucht.
    »Ich sehe nicht dabei zu, wie mir ein anderer meinen Lebensweg vorzeichnet«, sagte Nairod. »Ich nicht.«
    Lenia wischte sich mit der Hand eine Träne aus dem Gesicht. »Ach, Nairod«, sagte sie.
    Eine seltsame Weichheit breitete sich in ihm aus. »Du sollst nicht weinen«, sagte er und griff nach ihrer Schulter, an der er sie eben noch zurückgestoßen hatte.
    Sie wich dem Griff nach hinten aus. »Schon gut. Mädchen weinen manchmal.« Mit einem Taschentuch putzte sie sich die Nase. Unter ihren Augen glitzerte es noch immer auf der Haut.
    Ein langsames Nicken war das Einzige, das er zustande brachte.
    »Kommst du mit?«, fragte er nach einer Weile. »Wir sollten weg von hier.« Er erwiderte das Starren der alten Männer und Frauen, die sich zwischen den alchemistischen Zutaten und Artefakten bewegten.
    »Ich komme mit.« Sie folgte ihm an den Kristallen vorbei.
    Beide schwiegen auf dem Marsch den Hügel hinauf. Bei jedem Schritt überlegte Nairod, was er sagen konnte, aber in seinem Hals war nur eine heisere Leere. Er wusste nicht, ob die Worte – wenn er sich für welche entschieden hatte – den Weg aus seinem Mund finden oder irgendwo stecken bleiben würden. Und er hatte ja auch gar keine Worte.
    Sax wartete wie besprochen im Park. Er hüpfte auf Nairods Schulter und ließ sich zum Anwesen tragen.
    Die Hecken an der Rückseite des Hauses hatten aus der Ferne wie eine bloße Verzierung gewirkt, aber das änderte sich beim Näherkommen.
    Jetzt waren die Gewächse ein Wall, der fast das ganze Gelände verdeckte. Kein Wächter konnte einsehen, was hier hinten geschah, und bis zum ersten Stock verschwand auch das Anwesen hinter den Hecken. Nairod griff in die natürliche Wand hinein. Das Buschwerk raschelte, und er zog einige grüne Blätter hervor.
    »Die sollten eigentlich langsam abfallen um diese Jahreszeit.« Auf dem Stein der Straße lag kein einziges Blatt. Er schloss die Hand um die Blätter, die er herausgerupft hatte. »Und grün sollten sie auch nicht mehr sein.«
    Es zupfte an seinem Ärmel. Der Wicht rutschte daran herab und kicherte. »Wenn dich das schon verunsichert, solltest du vielleicht doch umkehren. Erst wenn du im Garten bist, kannst du damit beginnen, dich über Dinge zu wundern.«
    Die Hecken ragten hoch auf. Der Eingang, eine Lücke in den Gewächsen, wirkte nichtssagend, unbedeutend und doch finster. Die eckig beschnittenen Sträucher sperrten von allen Seiten das Licht aus. Nairod setzte Sax auf dem Boden ab, dann griff er nach seiner Maske und warf Lenia ihre zu. »Wir lassen uns nicht aufhalten, und wenn da drinnen der leibhaftige Tod auf uns wartet.«
    Der schwarze Stoff legte sich um seinen Kopf und verdunkelte die Sicht. Die beiden Löcher für die Augen rutschten in Position, und er sah wieder klar, bis auf die schmale, dunkle Umrandung um sein Sichtfeld.
    Auch Lenia zog sich ihre Maske über. Die Haare hingen unten heraus, und das Lächeln der Maske verlieh ihr ein unheimliches Aussehen.
    »Wie ihr wollt«, sagte der kleine Mann. »Dann folgt mir jetzt.« Er spazierte in den Gang zwischen den Hecken. Seine Gestalt verblasste wie ein Spiegelbild in der Dunkelheit, nur die Finsternis des Heckenlabyrinths blieb.
    »Er ist schon drin.« Nairod ging auf die Stelle zu, an der der Gnom gestanden hatte, bevor Magie ihn fortgetragen hatte. »Lass uns gehen.«
    Noch während er sprach, veränderte sich die Welt. Seine eigenen Worte wurden fortgetragen, als reiße ein Wind sie ihm aus dem Mund, bevor sie zu seinen Ohren gelangen konnten. In den Hecken um ihn knarzte das Holz. Die Gewächse rankten und wucherten in die Breite und in die Höhe. Die Gräser auf dem Boden unter ihm wuchsen so hoch, dass die Spitzen ihm über die Stiefel reichten. Der Nachthimmel über ihm wurde bedeckt von rasend schnell ziehenden, tiefliegenden Wolken.
    Das Knarzen und Ächzen in den Hecken verstummte schließlich. Die Gräser wuchsen nicht mehr weiter, und die Wolken am Himmel standen still. Völlig still. Eine graue Decke, die die Welt aussperrte.
    Der Weg vor ihm wurde von einem kränklichen grauen Licht erleuchtet, das allgegenwärtig die Sträucher beschien.
    Eine Welt, gefangen zwischen Tag und Nacht.
    Nairod drehte sich um.

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