Magie der Schatten: Roman (German Edition)
Zauberer, der seine Magie verloren hat.«
»Gut aufgepasst in der Schule, junge Dame«, sagte Sax. »Und bevor wieder ein Kommentar über meine Größe kommt: Ja, die Magie ist nicht das Einzige, das ich verloren habe.«
Nairod besah sich den Kleinen genau. Ein Erl also. »Klingt, als könntest du nicht viel zu unserem Plan beitragen.«
»Mein Sohn, ich bin schon lange in der Stadt, und ich kenne sie weit besser als du. Zugegeben, es braucht nicht viel Ortskenntnis, um sich Arimans Anwesen einfach einmal von hinten anzusehen.«
Nairod verschränkte die Arme. »Wieso, was soll dort sein?«
»Falsche Frage. Nicht, was dort ist, sondern was dort nicht ist, ist zuerst einmal interessant. Nämlich: keine Wächter und kein Zaun.«
Nairod lachte. »Das ist nicht dein Ernst.«
»Doch. Aber das sind die guten Nachrichten gewesen. Jetzt kommen die schlechten. Ariman hat sich eine Sicherheitsmaßnahme einfallen lassen, die Wächter und Zäune ersetzen soll.«
»Einen fleischfressenden Stahlkondor oder tödliche Fallen?«, fragte Nairod.
»Wenn ich Nein sagen würde, könnte es vielleicht eine Lüge sein. Am besten seht ihr es euch selbst an.« Der Erl sprang von der Bank. Er landete zwischen hohen Gräsern und verschwand. Nur noch ein Rascheln und schwankende Halme blieben von ihm, bis er aus dem Gras auftauchte und an der Vogeltränke vorüberlief. Die Spatzen stoben auf und flatterten davon.
Nairod erhob sich und sah den davonfliegenden Vögeln nach. Schon eines der winzigen Vögelchen hätte für den Erl eine Gefahr darstellen können. Oder ein Reittier. Aber es gab Dinge, die man besser nicht aussprach. Nicht wenn man Hilfe brauchte. Er stellte sich vor, wie Sax mit einem Spatzen rang wie ein Arenakämpfer mit einem ausgewachsenen Löwen.
Der Winzling kletterte auf die steinerne Umzäunung des Parks, die für Nairod Brusthöhe hatte, und winkte ihn und Lenia heran.
Von hier oben schmolz die Stadt zusammen zu einem schwarzen Körper, der von dem Leuchten einzelner Fenster gesprenkelt wurde. Nur wenige Meter hangabwärts hinter dem Park brannten die Lichter von Arimans Anwesen. Die Mauern des Grundstücks liefen hinter dem Haus nicht zusammen, sondern ließen eine kleine Aussparung frei, in der … Es war nichts zu erkennen.
»In Ordnung. Was ist dort?«, fragte Nairod.
»Ein Heckenlabyrinth«, sagte Sax. »Ein Irrgarten.«
Zwischen Gebäude und Mauer lagen nicht einmal fünf Meter. »Über wen willst du dich lustig machen? Ich kann in der Dunkelheit vielleicht nichts sehen, aber wenn dort mehr als drei Haselnusssträucher stehen, dann würde mich das schon wundern.«
»Ein gewöhnlicher Irrgarten ist ein Kinderspaß. Man kann sich durch ihn hindurchhacken oder über ihn hinüberklettern. Er kann keine Schätze schützen. Das hier, mein Junge, ist ein magischer Irrgarten. Er saugt dich auf, sobald du einen Schritt hinter die erste Hecke getan hast. Aus den fünf Schritten, die der Garten von außen breit ist, werden fünfhundert.«
»Wer denkt sich so etwas aus?«, fragte Nairod. »Ja, schon gut. Ein wirrer alter Mann. Ein Irrgarten als Schutzmaßnahme …«
Der kleine Wicht spazierte auf der Mauer auf und ab. »Deshalb habe ich deinen Annahmen nicht widersprechen können. Hat er magische Bestien dort drin? Vielleicht. Tödliche Fallen? Mag sein.«
Nairod wandte sich ab und lehnte sich gegen die Mauer. Die Spatzen waren an die Vogeltränke zurückgekehrt und wirbelten mit ihren Flügelchen das Wasser auf. Seltsam, dass sie vor einer so kleinen Kreatur wie Sax geflüchtet waren. »Bei diesen Aussichten stellt sich mir die Frage, ob es nicht einfacher wäre, von vorn einzudringen.«
Lenia berührte ihn am Arm. »Wir müssen nicht einbrechen, Nairod. Erst recht nicht, wenn wir keine Chance für uns sehen.«
»Nicht so voreilig.« Das Männlein verschränkte die Arme vor der Brust. »Sax ist hier und kann euch helfen. Zufällig kennt er einen Weg durch den Irrgarten, der so sicher ist wie ein Spaziergang durch … durch, nun ja, einen gewöhnlichen Irrgarten, der nicht mit Fallen gesichert ist.«
Nairod sah den kleinen Mann mit großen Augen an. »Du kennst einen Weg?«
»Ich bin ihn selbst gegangen. Es ist lange her, aber ich kann euch führen.«
»Zeig ihn uns.«
Nairod wechselte einen Blick mit Lenia. Sie trug dieselbe besorgte Miene wie eh und je zur Schau.
»Wann gehen wir los?«, fragte er dann.
»Sobald ihr euch Ausrüstung besorgt habt. Ich bin in Geleras Schokoladengeschäft, wenn ihr mich
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