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Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Magie der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lisowsky
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Wort zu fallen. Am Ende der Erzählung senkte der Junge den Blick.
    Die Priesterin schaute starr geradeaus. Sie nahm den Kerzenleuchter auf und fuhr mit der Hand über die Flammen. Die kleinen Lichter erloschen nacheinander. »Ihr habt gedacht, ihr könntet in Zweibrück Zuflucht finden.«
    »Wir haben uns geirrt.« Raigar rieb sich über das Gesicht. »Krieg und Tod folgen uns.«
    »Ich würde euch zürnen, wenn ihr Verbrecher wärt«, sagte die Priesterin. »Aber das seid ihr nicht. Wir werden hier ohnehin gemeinsam ausharren müssen, bis der Wahnsinn dort oben endet. Wenn sie uns um jeden Preis töten wollen, dann werden sie die Leichen zählen, und sie werden merken, dass es nicht genug sind. Sie werden warten.« Sie tippte mit den Fingerspitzen auf die Kiste unter sich. »Wir haben hier genug Nahrung und Wasser, um mindestens eine Woche durchzuhalten. Es gibt auch Luftlöcher in den Tunneln, damit wir hier unten nicht ersticken.«
    »Es tut mir leid.« Raigar schloss die Augen.
    »Mir auch«, sagte Elarides. Er dachte an einen Ort über der Erde, an dem die Flammen gerade eine Truhe verzehrten, in der die Söldner große Schätze vermutet hatten. Und deren wahren Wert sie völlig unterschätzt hatten.
    Im Laufe des Abends – oder der Nacht oder des Morgens, denn Tageszeiten gab es in der dunklen Kaverne nicht – traf auch Vicold mit einigen Männern ein. Wie so oft klebte Blut an ihm.
    Insgesamt mochten die Überlebenden in dem großen Tunnel eine gute Hundertschaft ergeben. Kinder, Frauen, Alte und erwachsene Männer in gleicher Zahl. Freiwillig war niemand oben geblieben, um sich den Mördern zu stellen.
    Die Mahlzeiten bestanden aus getrocknetem Obst, Dörrfleisch und doppelt gebackenem Brot, das in Paketen aus mürben Scheiben herumgereicht wurde. Hier und dort aß jemand frische Früchte, die er wohl bei der hastigen Flucht noch eingesteckt hatte. Aber spätestens morgen würde jeder Mann und jede Frau hier unten auf die Trockenwaren zurückgreifen müssen. Elarides aß vor allem von dem Brot, das einen leicht süßlichen Geschmack hatte, aber nicht so zäh war wie die Früchte.
    Nach Stunden, in denen leises Gemurmel die Felsenhöhle erfüllt hatte, nahmen Männer Decken aus den Kisten und breiteten sie auf dem Boden aus. Die Priesterin ging den Raum ab und löschte die Fackeln der Reihe nach durch eine bloße Berührung mit ihren Händen. Schlafplätze gab es genügend, schließlich befand sich nur gut die Hälfte der Leute hier unten, für die der Unterschlupf einst geschaffen worden war. Durch die Decken stach der unebene Felsuntergrund gnadenlos hindurch. Elarides lag an der Wand, so dass er einen guten Blick auf den Raum hatte – auf die bangen Gesichter der Stadtbewohner und die zermürbten Mienen der Söldner. Niemand wusste, was geschehen würde, und erst recht nicht, wann etwas geschehen würde.
    Kurz bevor das letzte Licht erlosch, sah Elarides die Söldner um den Messermann in einer Traube versammelt. Nur Raigar saß schweigend abseits.
    ***
    Als Elarides am Morgen als einer der Ersten im Schein zweier noch brennender Fackeln erwachte, musste er seine Notdurft über einem Loch am Ende eines Gangs verrichten. Früher hätte er das als Demütigung empfunden, aber in den letzten Wochen hatte er schon auf so einigen eiskalten Felsen gehockt oder in dornigem Gestrüpp.
    Außerdem schmerzte sein Rücken von dem scharfkantigen Untergrund, der ihm eine unruhige Nacht bereitet hatte. Aber es hätte schlimmer kommen können.
    Langsam erwachte das ganze unterirdische Lager, und Mihiko entzündete die Fackeln wieder. Es folgte ein Frühstück, das ebenso karg war wie das gestrige Abendmahl. Die Söldner aßen gemeinsam, die Stadtbewohner in kleinen Gruppen, Elarides aß allein.
    Nach dem Frühstück suchte die Priesterin Freiwillige, die versuchen sollten, sich oben umzusehen. Einige meldeten sich, unter ihnen Elarides.
    Einige der Söldner protestierten. Aber ausgerechnet Vicold meinte, von Elarides ginge keine Gefahr aus. Wahrscheinlich war es nur ein Versuch, ihm den Mut zu nehmen, draußen irgendetwas zu versuchen.
    Die Späher verschwanden in verschiedenen Tunneln. Ein grauhaariger Mann begleitete Elarides und warnte ihn, dass er sich den Ausgang gut merken müsse, da die Öffnung mit der Umgebung verschmolz. Der Tunnel schien in einer Sackgasse zu enden, aber als der alte Mann gegen die Decke drückte, bewegte sich eine Luke knirschend nach oben.
    Elarides lauschte vorsichtig. An sein Ohr drang das

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