Magie der Schatten: Roman (German Edition)
ein Bild. Der Eingang einer dunklen Grotte, darin eine Riesengestalt, die eine Keule in den Fäusten wog und mit dem eisernen Blick eines einzigen Auges nach draußen sah, wo ein gerüsteter Ritter sie erwartete. Teil einer Welt, von der er Abschied nehmen musste.
»Was ist das?«, fragte die Stimme von Raigar hinter ihm.
»Du!«, rief Elarides überrascht. Er warf einen letzten Blick auf das verkohlte Bild, dann schleuderte er es mit Schwung zurück in den Schutthaufen des Letzten Lichts . Unter leisem Rumpeln verschwand es in den Trümmern. Er fühlte sich nicht schlecht. »Wie du es bei deiner Größe immer schaffst, dich so anzuschleichen«, sagte er und drehte sich zu Raigar um.
»Du hast ziemlich angestrengt auf dieses Ding gestarrt.«
»Das werde ich nie wieder tun«, sagte er und fühlte sich seltsam dabei.
»Eigenartige Unterhaltung, die wir hier führen.« Raigar ruckelte mit der Hand an einem Holzbalken, der in dem Haufen feststeckte. »Sieht nicht so aus, als würden wir leicht an unsere Ausrüstung herankommen. Aber die ist wahrscheinlich sowieso restlos verschmort. Hast du nach deinen Sachen gesucht?«
Elarides zuckte mit den Schultern. »Ich vermisse nichts, glaube ich.«
Raigar bedeutete ihm mit einem Nicken, ihm zu folgen. »Die anderen Späher haben das Gelände abgesucht. Nirgends eine Spur von den Soldaten. Für den Fall, dass sie sich auf der anderen Seite der Schlucht verbergen und darauf lauern sollten, dass wir uns zeigen, haben wir an den Hängebrücken Männer aufgestellt. Sie durchtrennen die Seile der Brücken, wenn sie etwas Verdächtiges sehen.«
»Und wir?«
»Die anderen warten auf dem Festplatz auf uns.«
Elarides folgte ihm dichtauf. Raigar schien wieder ganz der Alte zu sein. Nach einigen Schritten blieb er abrupt stehen und schaute stirnrunzelnd zu Boden.
»Das hier muss einer der Eingänge sein«, sagte er. Elarides bückte sich und schaute genauer hin.
Tatsächlich, die Asche ergab ein Muster auf dem Boden, verteilt von vielen eiligen Schritten. In den Trümmern eines Hauseingangs daneben lagen verkohlte Körper. Ihre Gesichter waren bis auf die Knochen bloßgelegt, und nur eine Schicht aus Ruß verbarg das schlimmste Grauen. Neben ihnen befand sich eine gut sichtbare, leicht offenstehende Luke, die an den Einstieg zu einem Vorratskeller erinnerte, aber aus dem dunklen, steinernen Grund des Schattenlands bestand. Normalerweise hätte dieser Tunneleingang unsichtbar sein müssen.
Elarides hebelte den Stein hoch und warf noch einen Blick auf die Leichen. »Sie haben die Menschen im Innern der Tunnel verteidigt, bis zuletzt.«
Der Stein ließ sich leicht anheben, und im Innern offenbarte das Sonnenlicht eine in den Fels gehauene Treppe. Er schloss den Eingang wieder.
Als er aufschaute, sah er in das Gesicht der Priesterin. Es war, als würde ein Schleier vor ihren sonst so herzlichen Zügen liegen. Lasst den Toten ihre Ruhe , sagte ihr Blick. Zumindest heute noch.
Raigar, der neben den Leichen gekniet hatte, erhob sich.
»Wieso mussten sie den Eingang verteidigen?«, fragte er. »Sie hätten zu uns in die Tunnel kommen können.«
Mihiko schüttelte den Kopf. »Als wir die Tunnel damals gebaut haben, war die Luftzufuhr ein Problem. Natürlich, für eine kurze Zeit genügt die Luft in der Kaverne selbst. Aber irgendwann ist sie aufgebraucht, und dann muss durch die Luftöffnungen mindestens so viel Luft hereinkommen, wie die Menschen drinnen verbrauchen.« Sie hielt inne. »Damit die Luftöffnungen von außen nicht einsehbar sind, müssen sie möglichst klein sein. Das reicht für einige Menschen, aber nicht für viele.«
»Das wusste ich nicht.« Raigar runzelte die Stirn.
»Also haben sie sich für uns geopfert«, sagte Elarides. »Aber wieso ist der Eingang nicht verborgen gewesen wie die anderen?«
Die Priesterin trat näher. »Du hast ihn gerade erst geöffnet, nicht wahr?“
»Aber wie hätte ich ihn denn finden sollen, so gut, wie die anderen versteckt sind. Er stand offen. So.«
Er zog die Luke in die Höhe, wie er sie vorgefunden hatte. Ein Wunder, dass sie nicht entdeckt worden war.
Mihiko runzelte die Stirn. »Alle Stadtwächter kennen die Geste, mit der sie die Luke mit dem Boden verschmelzen lassen können. Sie ist so einfach, dass ein Kind sie ausführen könnte.« Sie hob eine Hand, drehte das Handgelenk und spreizte die Finger.
Das Stück Stein in Elarides’ Hand veränderte sich. Die Oberfläche der Luke wurde glatt, als hätte jemand sie mit
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