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Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Magie der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lisowsky
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leise Rauschen von Wind. Keine Schritte, keine Stimmen. Er wartete noch einen Moment und kletterte dann hinaus.
    Schwarzverbrannte Trümmer, Bretter und Steinschollen umgaben ihn. Seine Hand griff in graue Asche. Er ließ die Luke hinter sich zuklappen. Dort, wo sie eben noch gewesen war, befand sich nun derselbe dunkle Steinuntergrund wie überall. Nur die von der Luke abgerutschte Asche bildete einen vagen Markierungspunkt.
    Die Schutthaufen zweier Häuser neigten sich gegeneinander wie zwei Liebende, die vor dem Ende die Nähe einer letzten Umarmung gesucht hatten. Der Schutt verbarg die Tunnelluke, aber er erschwerte ihm auch den Weg nach draußen. Er kletterte vorsichtig durch das Chaos aus Holz und Stein. Mehrmals zerfielen massive Balken unter seinen Schritten zu Asche, oder Steinplatten gaben nach und zerbrachen. Er musste an das zweifach gebackene Brot denken. Jede Bewegung wirbelte Staub auf, und Elarides hustete so leise wie möglich. Die ganze Zeit über hielt er Ausschau nach Bewegung. Er sah keine, und schließlich quetschte er sich durch eine halb zugeschüttete Fensteröffnung nach draußen.
    Ihm blieb der Mund offen stehen. Die Stadt hatte sich in einer einzigen Nacht scheußlich verwandelt. Die höchsten Häuser hatten zwei Stockwerke besessen, und jetzt gab es kaum einen Trümmerhaufen, der höher als drei Meter aufragte. Die Ruinenberge zogen sich über das gesamte Plateau. Es schien, als habe das zerklüftete Land die menschlichen Behausungen herabgezogen und zu einem Teil seiner selbst gemacht. Aber es waren Menschen, die diese Verheerung zu verantworten hatten. Elarides durchlief die Straßen auf der Suche nach ihnen.
    Er rechnete bei jedem Geröllhügel damit, dass dahinter bis an die Zähne bewaffnete Soldaten hervorspringen würden. Und einmal tauchte tatsächlich eine menschliche Gestalt hinter einem zerstörten Dach auf.
    Aber der Mann beeilte sich, das von den Spähern vereinbarte Handzeichen zu geben. Elarides erwiderte den Gruß.
    Es waren keine Krieger mehr da. Sonst hätten sie sich längst gezeigt. Sollten die anderen Späher nach Beweisen dafür suchen, er hatte noch etwas anderes zu tun.
    Die Trümmer erschwerten die Orientierung, denn ein dunkler Haufen sah aus wie der andere. Aber Elarides peilte einfach die Richtung an, die fort von den beiden Hängebrücken und fort von dem grünen Land auf der anderen Seite führte. Er lief durch die Straßen, und wo immer er die Umrisse von Körpern auf dem Boden sah, wandte er rasch den Blick ab und wechselte in eine andere Gasse. Seine Umwege kosteten ihn Zeit, aber schließlich erkannte er die Überreste des Wagens, mit dem die außerhalb gekauften Waren von den Hängebrücken in die Stadt gebracht wurden. Ein Rad fehlte. Es lag irgendwo in den Trümmern des Hauses daneben.
    Aus dem Schutthaufen des Letzten Lichts ragten schwere Balken heraus. Es erinnerte ihn an ein Segelschiff mit mehreren Masten.
    Hitze und Kälte überspülten sich gegenseitig in seinem Körper. Elarides umrundete den verkohlten Berg. Die zerstückelten Eingeweide des Gebäudes lagen zu dicht, als dass er hätte hindurchblicken können, aber das Zimmer des Messermanns hatte im ersten Stock gelegen. Vielleicht konnte er durch die eingestürzte Decke hineingelangen, wenn er es auf den Berg schaffte.
    Er setzte einen Fuß auf die nach innen gestürzte Außenwand. Vor jedem Schritt tastete er erst mit den Schuhspitzen. Die Wand hielt. Auf allen vieren krabbelte er hinauf und rief sich die Architektur des Hauses in Erinnerung. Vicolds Zimmer hatte weit außen gelegen, also musste er –
    Da war sie!
    Dicht unter dem Rand der Wandfläche lugte das dunkle Holz der Truhe hervor. Die geborstenen Zimmerwände, Stücke des Dachs und die Balken verdeckten den Großteil des Zimmers. Nur die Truhe lag da, als wollte sie von ihm gefunden werden. Auf dem Bauch robbte er näher heran und streckte einen Arm aus. Er konnte sie gut erreichen, und unter seinen Fingern brach das Holz des Deckels weg. Im Innern ertastete er eine sandige Substanz. Asche. Schließlich fand seine Hand etwas Festes, und er zog es heraus.
    Ein Buchdeckel, schwarz wie alles hier. Asche rieselte herab. Das Feuer hatte die Abbildung unkenntlich gemacht.
    Die umgestürzte Wand, auf der er lag, knirschte gefährlich. Er kroch behutsam rückwärts, bis er wieder festen Boden unter sich hatte, strich die Asche von dem Buchdeckel und befühlte die Oberfläche. Die Berührung der Erhebungen zeichnete in seinem Verstand

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