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Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Magie der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lisowsky
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warfen dunkle Schatten über ihr sonst so klares Gesicht. Zu ihren Füßen führte eine grob behauene Treppe in den Untergrund.
    Elarides fragte erst gar nicht, sondern folgte den Männern hinein. Die Priesterin nahm einen fünfstrahligen Kerzenhalter und ging als Letzte. Hinter ihr verschloss sich der Treppeneinlass langsam, und das Licht, das aus der brennenden Hölle hereinfiel, verschwand zusammen mit den Rufen, die draußen die Luft erfüllten.
    Stille herrschte und völlige Finsternis.
    Blind tastete Elarides sich an den Wänden entlang und orientierte sich am Atem des Vordermanns. Erst als Kerzenschein unter den Händen der Priesterin aufflackerte, bekam die Welt wieder Licht und Farbe. Dunkel schloss der Gang die kleine Gruppe ein. Das Knirschen von Füßen auf Stein hallte endlos von den Wänden wider.
    Die Priesterin entzündete mit einer Berührung ihres Fingers den letzten Kerzendocht und reichte den Leuchter an Elarides weiter. Er gab ihn an den Vordermann, und der wiederum an den nächsten, bis er Raigar und die Spitze des Zugs erreichte.
    Sie liefen nur kurz, bis sich vor ihnen ein beleuchteter Höhlenraum von der Größe des Festplatzes öffnete. Aus Tunnelöffnungen in den Wänden strömten Menschen von überall her in die Halle. Ihre Kleider trugen schwarze Brandmale. Nur die Allerwenigsten hatten Beutel mit Habseligkeiten bei sich. Ein Mann trug sogar noch die Drachenklauen an den Füßen, die zum Kostüm gehörten.
    Mihiko, die Priesterin, begrüßte die Ankömmlinge aus den anderen Tunneln mit einem Lächeln. »Wir sind jetzt in Sicherheit, hier in den Eingeweiden der Felsen.«
    Elarides drängte sich nach vorne durch. »Was ist, wenn sie den Eingang finden, den wir genommen haben? Oder einen anderen?«
    Mihiko führte sie zu einer Ansammlung von Kisten und Fässern am Rand der Halle. Überall verteilten sich Menschen auf solchen behelfsmäßigen Sitzgelegenheiten. »Sie werden die Eingänge nicht finden. Jeder in der Stadt weiß, dass er einen Eingang nur dann benutzen darf, wenn er unbeobachtet ist. Selbst dann braucht es ein geheimes Zeichen, damit der Wächter des Gangs den Weg freigibt. Nur ein Magier könnte sich auch auf andere Weise Zutritt verschaffen, denn durch Magie habe ich diese Eingänge einst geschaffen.«
    Raigar sank auf einer Holzkiste zusammen, die unter seinem Gewicht ächzte. »Sie haben keinen Magier dabei. Ich habe mich geirrt. Das war nicht Brakas.« Er schaute Elarides an.
    Der Strom der Menschen, die sich in die Halle flüchteten, ebbte langsam ab. Elarides wollte nicht wissen, was über ihnen mit denen geschah, die es nicht rechtzeitig in einen Tunnel geschafft hatten. Nein, das wollte er nicht wissen. Aber die Felsen erstickten gnädig jeden Laut von draußen. Dafür hallten die Geräusche hier umso lauter: das Schluchzen von Männern und Frauen, die sich gegenseitig im Arm hielten, und das Schreien von Kindern.
    Im Gesicht der Priesterin zeigten sich Sorgenfalten, die ihr Alter offenbarten. »Wir haben diese Fluchtwege gebaut, um uns gegen Überfälle der Kreaturen des Schattenlands abzusichern. Nicht vor Angriffen von Banditen aus Arland … Sie haben sich als Soldaten des Kaisers ausgegeben, nicht wahr?«
    »Nein. Nein.« Elarides schluckte. »Sie wurden angeführt von Prinz Lavar selbst. Er und seine Gardisten haben den kaiserlichen Löwen stolz auf der Brust getragen.«
    »Aber …« Die Priesterin schüttelte den Kopf.
    Raigar barg das Gesicht in den Händen. Er wirkte kleiner als sonst, kleiner fast als Rattenfinger, der neben ihm saß. »Sie hätten Attentäter schicken können. Männer, die saubere Arbeit leisten. Aber sie schickten den Königssohn, der eine ganze Stadt niederbrennen lässt. Es ist Wahnsinn. Und wir haben den Wahnsinn hierhergeführt.«
    »Es gibt grausame Geschichten über den Königssohn«, sagte Rattenfinger. »Als er noch ein Kind gewesen ist, soll sein Vater vor seinen Augen Hühnern die Hälse durchgeschnitten haben. So lange, bis der kleine Prinz nicht mehr vor Angst kreischte, sondern den Tieren selbst das Messer in den Hals stoßen konnte.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte die Priesterin. »Was will der Kaiser von uns?«
    Raigar stieß Rattenfinger an. Der Junge verdrehte die Augen, aber er begann zu erzählen. Die ganze Geschichte, deren Anfang auch Elarides noch nicht kannte. Von der Flucht vor der Hinrichtung in Weigrund. Den Teil mit dem Kutschenüberfall ließ Rattenfinger aus. Elarides beherrschte sich, um ihm nicht ins

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