Magie der Sehnsucht - Roman
intimen Küssen, zitterte er am ganzen Körper. Da richtete sie sich auf. »Oh, du frierst wieder – und erschauerst …«
»Nicht vor Kälte«, flüsterte er heiser. »Daran bist du schuld.« Bevor sie ihr erotisches Werk fortsetzte, schenkte sie ihm ein triumphierendes Lächeln. Schließlich beendete sie die süßen Qualen, und er gewann den Eindruck, er wäre erneut gefoltert worden.
Aber er hätte sich nicht zufriedener fühlen können, wäre er zu einem richtigen Höhepunkt gelangt.
Sie half ihm, aus der Wanne zu steigen, und führte ihn ins Schlafzimmer zurück.
Als er im Bett lag, deckte sie ihn fürsorglich zu und küsste seine Stirn. »Bist du hungrig?«
Völlig erschöpft, konnte er nur nicken. Sie eilte in die
Küche und erwärmte eine Suppe. Nur wenige Minuten später kehrte sie zu ihm zurück. Doch da war er eingeschlafen. Sie stellte die Schüssel auf den Nachttisch und legte sich zu ihm. An seinen Körper geschmiegt, sank sie ebenfalls in tiefen Schlummer.
Bis er wieder zu Kräften kam, dauerte es drei Tage. Die ganze Zeit blieb Grace bei ihm. Er konnte kaum fassen, wie selbstlos sie ihn betreute.
Sein Leben lang hatte er auf sie gewartet. Und mit jedem Tag erkannte er klarer, dass er sie über alles liebte – dass er sie brauchte.
Das muss ich ihr verraten, entschied er eines Morgens, als er sich im Badezimmer abtrocknete. Noch länger durfte er ihr nicht verschweigen, wie viel sie ihm bedeutete.
Er ging ins Schlafzimmer, wo sie gerade mit Selena telefonierte.
»Natürlich habe ich ihm nichts von meinem Gespräch mit seiner Mutter erzählt …«
Julian trat einen Schritt zurück, lehnte sich an die Wand und lauschte.
»Was sollte ich denn sagen? Oh Julian, übrigens – deine Mutter hat mein Leben bedroht …«
In maßlosem Entsetzen stieß er einen Schrei aus und lief zu ihr. »Wann hast du mit meiner Mutter geredet?«
Grace wandte sich bestürzt zu ihm. »Eh, Lanie – jetzt muss ich Schluss machen. Bye!« Hastig legte sie auf.
»Wann hast du mit meiner Mutter geredet?«, wiederholte er.
Betont lässig hob sie die Schultern. »An dem Tag, wo du ausgeflippt bist.«
»Was hat sie gesagt?«
»Nun ja, es war keine direkte Morddrohung. Sie erklärte nur, sie würde dich nicht mit mir teilen.«
Helle Wut stieg in ihm auf. Was bildete sich Aphrodite eigentlich ein? Wie konnte sie es wagen, irgendwelche Forderungen an Grace zu stellen? Welch ein Narr war er gewesen, auch nur sekundenlang zu glauben, die Göttin hätte ihm endlich ihr Herz geöffnet! Würde er jemals klüger werden?
»Hör mir zu, Julian«, bat Grace und stand vom Bett auf. »Inzwischen hat sie sich anders besonnen. Sie kam hierher, um dich zu befreien, und …«
»Glaub mir, ich kenne sie besser als du«, unterbrach er sie. Wozu seine Mutter fähig war, wusste er. Neben ihrer Grausamkeit wirkte die Brutalität seines Vaters fast harmlos. Und da erkannte er schweren Herzens, dass er Grace niemals gestehen durfte, wie sehr er sie liebte. Er konnte nicht einmal bei ihr bleiben, denn die Götter würden ihm keinen Frieden gönnen.
Wann würden sie auch Grace verletzen? Wie lange mochte es dauern, bis Priapos sie benutzen würde, um ihn zu quälen? Oder würde Aphrodites Zorn sie beide vernichten?
Früher oder später würde er für sein Glück bezahlen. Und allein schon der Gedanke, Grace könnte ein Leid geschehen …
Nein, dieses Risiko war zu groß.
Viel zu schnell vergingen die Tage, und sie verbrachten möglichst viel Zeit zusammen.
Julian gab Grace Unterricht in der Geschichte des griechischen
Altertums und zeigte ihr interessante Methoden, Schokoladensauce zu essen. Und sie lehrte ihn, Monopoly zu spielen und englische Bücher zu lesen.
Nach ein paar weiteren Fahrstunden und dem Kauf einer neuen Kupplung merkte sie, dass er ein hoffnungsloser Fall war.
Bedrohlich rückte das Monatsende näher.
Und in der Nacht davor gewann sie eine beklemmende Erkenntnis – Julian war der einzige Mensch, ohne den sie nicht existieren konnte.
Wenn sie sich vorstellte, sie würde wieder so leben müssen wie vor seiner Ankunft, tat ihr das Herz unendlich weh. Sicher würde sie sterben.
Doch nur er allein musste die bedeutsame Entscheidung treffen.
»Bitte, Julian«, wisperte sie, während er neben ihr schlief, »verlass mich nicht.«
16
DEN GANZEN TAG wechselten sie kein einziges Wort. Julian ging ihr sogar aus dem Weg. Das verriet ihr, welchen Entschluss er gefasst hatte.
Und damit brach er ihr das Herz. Wie konnte
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