Magie und Schicksal - 2
dass er mich so gut kennt. »Natürlich nicht. Ich habe dich nie für eine … wie hast du es genannt?« Ein belustigtes Grinsen stiehlt sich in seine Mundwinkel. »Ich habe dich nie für eine englische Blume gehalten, für die alle Männer fremde und rätselhafte Wesen sind.«
Die Art, wie er es sagt, reizt mich zum Lachen. Ich versuche, es zu unterdrücken, aber vergeblich. Meine Lippen verziehen sich zu einem Lächeln, obwohl ich es ihnen streng untersagen will. Gleich darauf erbeben meine Schultern vor unterdrücktem Gelächter.
»Nein!«, sagt er und lässt seiner eigenen Heiterkeit freien Lauf. »So habe ich wirklich nie über dich gedacht!«
Mittlerweile lachen wir beide aus vollem Hals. Ich gebe ihm einen leichten Klaps auf den Arm. »Vielen Dank auch! Aber …« Ich muss so heftig lachen, dass ich kaum sprechen kann, »… aber das sagst du wahrscheinlich zu allen Mädchen.«
Wir lachen und lachen und ich muss mir den Bauch halten, bis unsere Heiterkeit schließlich versiegt.
»Lia.« Dimitri rückt näher. Sein Atem geht noch schwer von der Lachsalve. Er greift nach meiner Hand. »Ich wollte dir eigentlich nur sagen, dass mir die Sache mit gestern Abend leidtut. Und auch das, was zwischen deiner
Schwester und James entstanden ist. Das muss schwer für dich sein. Und ich möchte nicht, dass irgendetwas schwer für dich ist.«
Ich schaue ihm in die Augen. »Danke. Aber … Nun, es ist lange her, dass ich mir eine Zukunft an James’ Seite ausgemalt habe.«
Er führt meine Hand zu seinen Lippen, öffnet sie und küsst meine Handfläche. Die Berührung jagt eine Feuerzunge durch meinen Bauch und meinen Rücken empor. »Ja, aber alte Gefühle sind nicht so leicht auszulöschen, könnte ich mir vorstellen. Ich könnte meine Gefühle für dich niemals verleugnen. Niemals, hörst du? Ich würde dir keinen Vorwurf machen, wenn von deinem früheren Gefühl für James noch etwas übrig wäre, selbst nach so langer Zeit und nach allem, was passiert ist.«
Unter dem Deckmantel seines Verständnisses höre ich sein Zögern. Ich entziehe ihm meine Hand und nehme sein Gesicht in beide Hände. Dann schaue ich ihm in die Augen. »Ich habe James geliebt. Früher. Aber diese Liebe war auf einen Teil von mir gegründet, der nicht mehr existiert. Selbst wenn ich der Prophezeiung ein Ende setze, bin ich nicht mehr derselbe Mensch. Ich kann niemals mehr zu der Lia zurückkehren, die ich einmal war. Zu viel hat sich verändert. Und diese Lia hier, die über die sanften Hügel von Altus wanderte und mit dir unter den blühenden Bäumen lag und dich küsste – diese Lia könnte mit James niemals glücklich werden.«
Fast überrascht spüre ich die Wahrheit in meinen Worten.
Es ist mir ernst, trotz meiner immer noch vorhandenen Zuneigung für James.
Die Erleichterung in Dimitris Augen spricht Bände. Ich beuge mich vor und küsse ihn. Was als sanfte Erinnerung an meine Treue und Liebe zu ihm begann, verwandelt sich schnell in eine leidenschaftliche Umarmung. Das Schaukeln der Kutsche und das Dämmerlicht in ihrem Inneren lässt mich die Wirklichkeit vergessen und bringt mich an einen Ort, an dem es nichts gibt außer Dimitris Lippen auf meinen, seinem Körper, der sich an mich presst.
Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergeht, bis wir merken, dass die Kutsche langsamer fährt, aber die veränderte Geschwindigkeit bringt uns wieder zurück in die Wirklichkeit. Wir lösen uns voneinander, streichen hastig unsere Kleidung und unsere Haare zurecht, genau in dem Moment, in dem Edmund die Kutsche anhält.
Dimitri schenkt mir einen letzten hastigen Kuss, ehe Edmund den Wagenschlag öffnet. Als ich aus der Kutsche steige, versuche ich die Ahnung zu unterdrücken, dass er genau weiß, was im Inneren der Kutsche vor sich ging.
»Wo sind wir, Edmund?«
Missbilligend lässt er seinen Blick über die schmutzige Gasse und die zerlumpten Kerle gleiten, die auf dem Gehsteig herumlungern. »In keiner guten Gegend. Aber dies hier«, und damit nickt er in Richtung eines schäbigen Steinhauses, »ist die Adresse, die auf dem Zettel steht, den Sie von Mr Frobisher bekommen haben.«
Die Fassade entlang nach oben blickend, könnte ich
schwören, dass sich das Haus ein klein wenig nach rechts neigt. Aber nach all dem, was ich erlebt habe, kann mich ein heruntergekommenes, windschiefes Häuschen und ein paar düster aussehende Gesellen nicht im Mindesten schrecken.
»Also gut. Dann schauen wir mal, was uns hier erwartet.«
Ich nehme Dimitris
Weitere Kostenlose Bücher