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Magie und Schicksal - 2

Magie und Schicksal - 2

Titel: Magie und Schicksal - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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antworte.
    »Ich weiß es noch nicht«, sage ich schließlich mit fester Stimme. »Ich werde mich nicht von Alice zu einer unbedachten Handlung hinreißen lassen. Ich werde gründlich über die Sache nachdenken.«
    Tante Virginia nickt. »Vielleicht werden wir beide morgen Abend klüger sein.«
    »Vielleicht.« Ich ziehe die Tür hinter mir zu, ohne den Gedanken auszusprechen, der mir in den Sinn kommt. Hoffentlich. Wir müssen weiterkommen. Koste es, was es wolle. Uns läuft die Zeit davon.

4
    D ie kalte Morgenluft raubt mir schier den Atem. Ich will gerade die Haustür schließen, da höre ich hinter mir Luisas Stimme. »Wo willst du denn so früh schon hin?«
    Sie steht in der Eingangshalle, am Fuß der großen Treppe. Das mitternachtsblaue Kleid lässt ihre vollen Lippen noch roter erscheinen als sonst. In ihrer Stimme liegt ein anklagender Unterton.
    »Ich habe etwas mit Dimitri zu erledigen.« Ich lächle sie an, wobei ich von Schuldgefühlen gepackt werde. »Es wird nicht lange dauern. Zum Tee werde ich wieder zurück sein, sodass wir Helenes Ankunft morgen besprechen können.«
    »Hat es vielleicht irgendetwas mit der Prophezeiung zu tun?«
    Ihre Missbilligung ist offensichtlich, und plötzlich werde ich zornig.
    »Was spielt das für eine Rolle, Luisa? Wenn es dich und
Sonia betrifft, werde ich euch darüber informieren.« Ich weiß, wie sehr sie meine Worte verletzen, wie sehr sie mich selbst verletzen würden, wenn sie sie aussprechen würde.
    Ein bitteres Lachen steigt aus ihrer Kehle. Es ist anders als das fröhliche Gelächter, das ich sonst von ihr zu hören bekomme. »Was für eine Rolle es spielt? Wie kannst du so etwas sagen, Lia? Es spielt eine Rolle, weil wir früher alles miteinander geteilt haben, was die Prophezeiung betraf. Früher hast du die Last, die auch wir tragen, ernst genommen, und hast versucht, unsere Ängste ebenso zu zerstreuen wie deine eigenen.«
    Ihre Worte dringen bis tief in mein Herz. Ich weiß, dass sie recht hat, auch wenn ich es leugnen möchte.
    »Lia? Stimmt etwas nicht?« Dimitri ruft von der Kutsche aus nach mir. Ich wende mich zu ihm, dankbar für die zusätzlichen Sekunden, in denen ich vielleicht eine Antwort auf Luisas Vorwurf finden kann. Mit einer kurzen Handbewegung bitte ich ihn zu warten.
    Mich wieder Luisa zuwendend, gibt es nur eins, was ich sagen kann: »Es tut mir leid. Ich versuche wirklich, Sonia zu vergeben, damit wir alle wieder Freundinnen sein können. Es ist…« Ich blicke auf meine Stiefelspitzen, während ich um Worte ringe. »Es ist nicht so einfach, wie es vielleicht klingt.«
    Luisa kommt durch die Eingangshalle auf mich zu. Ich denke, sie will mich trösten, will mich voller Freundschaft und Nachsicht umarmen, wie früher.
    Aber Luisa ist mit ihrer Geduld am Ende. »Ich bin nicht
Sonia. Ich habe dich nicht verraten. Ich muss von dir keine Vergebung erflehen.« Ihre Stimme ist so eisig wie der Wind, der aus den Londoner Straßen ins Haus fegt. »Aber wenn du nicht aufpasst, wirst du mich bald um Vergebung bitten müssen.«
    Sie macht kehrt und marschiert zurück ins Haus, lässt mich in der kalten Morgenluft stehen. Ihre Worte fallen schwer wie Steine auf mein Herz, und die Scham lässt mir – trotz der Kälte – die Hitze in die Wangen steigen.
    Ich hebe mein Kinn, schließe die Tür und gehe die wenigen Schritte bis zur Kutsche.
    Sie versteht mich nicht , denke ich. Ich halte Informationen vor ihr geheim, weil ich sie schützen will. Weil ich sie nicht beunruhigen will.
    Aber noch während mir der Gedanke durch den Kopf schießt, weiß ich, dass es eine Lüge ist.
     
    Dimitri und ich sitzen Seite an Seite, während Edmund die Kutsche durch die Stadt lenkt. Es dauert eine Weile, bis Dimitri das Wort ergreift.
    »Ich bin seit Langem über deine frühere Verbindung mit James Douglas im Bilde, noch aus der Zeit, als ich dich im Auftrag der Grigori hier in New York überwachte.«
    Ich nicke und schaue aus dem Fenster. »Ich weiß.«
    »Es gibt nichts, dessen du dich schämen müsstest, nichts, was dir peinlich sein muss«, sagt er.
    Empört wende ich mich um. »Das ist es nicht. Und es kränkt mich, dass du so etwas denkst. Soll ich mich schämen,
weil ich vor dir bereits jemanden liebte? Soll es mir peinlich sein, dass ich keine zarte englische Blume bin, für die alle Männer fremde und rätselhafte Wesen sind?« Meine Worte beißen sich durch den Schatten der Kutsche.
    Er nimmt meinen Ausbruch mit Gelassenheit hin, und es ärgert mich,

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