Magie und Schicksal - 2
und hat uns auf mehr als einer gefährlichen Reise begleitet. Er wird uns über das Meer bringen.«
Gareth nickt Brigid zu. »Ich freue mich, Sie wiederzusehen. Aber bitte vergeben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass Sie mir jetzt viel netter vorkommen.«
Brigid wird rot. »Bitte verzeihen Sie mir mein früheres unhöfliches Verhalten. Es gab ein Missverständnis und wir – wir alle – wussten nicht, ob wir einander vertrauen können.«
Ich schenke ihr ein Lächeln, dankbar für ihre Diskretion, und Gareth nickt.
»In Zeiten wie diesen«, sagt er, »sind Missverständnisse an der Tagesordnung.« Dann wendet er sich mir zu: »Und weil wir gerade dabei sind: Auch du, Mylady, bist einem Irrtum erlegen.«
»Ich? Wieso?«
»Ich habe die Erlaubnis bekommen, dich auch nach unserer Ankunft in England zu begleiten. Ich werde euch alle bis nach London eskortieren.« Sein Grinsen macht deutlich, dass er mit dieser Entwicklung der Dinge äußerst zufrieden ist.
»Wirklich?« Ich kann es kaum glauben. »Das ist die beste Nachricht, die du mir überbringen konntest.«
Dimitri nickt. »Das stimmt. Kein Begleiter – und kein Freund – könnte größeres Vertrauen genießen. Und wir können jede Hilfe gebrauchen.«
Gareth bedeutet uns, abzusteigen. »Kommt. Macht es euch im Boot bequem, während ich mich um die Pferde kümmere.«
Wir steigen ab, und Gareth winkt zwei Männer zu sich,
die an eine rußgeschwärzte Mauer in der Nähe gelehnt stehen. Sie schlendern herbei, nehmen die Zügel und fassen sich grüßend an die Mützen, bevor sie in der Menschenmenge am Hafen verschwinden.
»Die machen nicht viele Worte, stimmt’s?«, schmunzelt Dimitri.
Gareth nimmt Brigids Hand, um ihr ins Boot zu helfen. »Unter diesen Umständen ist Schweigen eine Tugend, meinst du nicht auch?«
»Zweifellos«, erwidert Dimitri und hilft auch mir, in das Boot zu steigen.
Kurze Zeit später machen Gareth und Dimitri das Boot vom Anleger los. Ich betrachte das Wasser, während wir vom Land wegtreiben und den Hafen, das Stimmengewirr und den Gestank der Stadt hinter uns lassen.
Brigid beugt sich über den Rand des Bootes und schaut ins Wasser, als ob sie dort nach etwas suchen würde. Ich will sie beschützen. Will ihr sagen, dass sie aufpassen soll. Dass sie dem Wasser nicht zu nahe kommen soll und niemals die Hände hineinstecken darf.
Aber ich tue es nicht. Ich wende mich bloß ab, kauere mich in die Mitte des Bootes, ohne über mein treuloses Schweigen nachzudenken.
Die Überfahrt verläuft ereignislos. Das Boot schaukelt auf den Wellen, und außer einer gelegentlichen Mahlzeit gibt es nichts zu berichten. Unsere Vorräte sind knapp bemessen. Wir werden sie nicht rationieren müssen, aber trotzdem
achten wir bei jeder Mahlzeit sorgfältig darauf, wie viel uns noch bleibt.
Ich fühle mich eingesperrt, als ob die Seelen jeden meiner Schritte beobachten würden, obwohl kein anderes Gefährt in Sicht ist. Trotz der sanft schaukelnden Bewegungen des Bootes will der Schlaf nicht kommen. Ich schmiege mich in der Nacht, in der es ungemütlich kalt wird, an Dimitri, wobei ich nicht weiß, ob es seine Körperwärme ist, die ich suche, oder seine geistige Kraft. Ich schwebe zwischen Wachen und Schlafen, erwarte immer wieder, Seeungeheuer auftauchen zu sehen, die mich mit sich in die Tiefe reißen wollen. Ich glaube, diesmal würde ich mich nicht wehren, sondern mich der Schwärze und Vergessenheit eines nassen Todes überantworten.
Als am nächsten Morgen die englische Küste in Sicht kommt, kümmert es mich kaum, wie wir an Land kommen. An Bord des Bootes ängstigt mich zwar das Wasser, aber wenigstens spüre ich die Erschöpfung, die meine Last mir auferlegt, nicht so deutlich wie auf dem Rücken des Pferdes.
Ich kann kaum noch klar denken. Wie soll ich da Sonia, Luisa, Helene und Brigid zu einer Gemeinschaft formen? Und wie will ich meine Freundschaft mit Sonia und Luisa heilen? Wie will ich sie nach Avebury bringen, um dort die Beschwörung zu vollziehen?
Aber die größte Frage bleibt, wie ich Alice dazu bringen soll, sich auf unsere Seite zu schlagen, denn die Prophezeiung lässt keinen Zweifel daran, dass Wächter und Tor
zusammenarbeiten müssen, um die Prophezeiung ein für allemal zu beenden.
Diese Gedanken ringen um Aufmerksamkeit in meinem Geist, während Dimitri und Gareth das Boot auf die Küste zusteuern. Gareth bringt das Gefährt zu einem Anleger und kurz darauf verlassen wir das Boot auf unsicheren Beinen.
»Werden
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