Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magie und Schicksal - 2

Magie und Schicksal - 2

Titel: Magie und Schicksal - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
Vom Netzwerk:
Brunnen in der Dunkelheit des Zeltes, und einen schrecklichen Augenblick lang sieht er aus wie ein Leichnam.
    Ich setze mich auf und lege die Hand auf die Brust, will mein rasend schnell schlagendes Herz festhalten und beruhigen. In hastigen Stößen kommt der Atem aus meiner Kehle.
    Dimitri nimmt mich in den Arm. »Ganz ruhig, mein Liebes.« Seine Stimme ist sanft. »Ich bin schon eine ganze Weile hier. Ich habe dich wimmern gehört, aber es gelang mir erst jetzt, dich zu wecken.«
    Ich fahre mir mit der Hand durchs Haar und lege dann meine Fingerspitzen an meine Schläfe. In meinem Schädel pocht es. »Wie lange bist du schon hier?«
    »Etwa fünf Minuten.«
    »Und du konntest … mich nicht wecken?«
    Er schüttelt den Kopf. Selbst in der Dunkelheit des Zeltes sehe ich die Sorge in seinen Augen.
    »Du glaubst doch nicht, das ich mit den Schwingen gereist bin, oder?« Ich bin nicht sicher, ob ich die Antwort wissen will.
    Er seufzt tief und schaut zur Seite, als ob er Angst hätte, mir in die Augen zu blicken. »Ich weiß es nicht. Es ist gegen die Regeln, gegen die Gesetze der Grigori, jemanden gegen seinen Willen in die Anderswelten zu zwingen …«
    »Ich habe mich nicht aus freiem Willen dort hinbegeben, wenn es das ist, was du damit andeuten willst!«
    Er schiebt mir eine Haarsträhne hinters Ohr. »Natürlich
nicht. Ich will bloß alle Möglichkeiten in Betracht ziehen.«
    Ich bedauere meine scharfen Worte und lehne meine Stirn an seine Schulter.
    »Es tut mir leid. Ich bin so müde, Dimitri. Wenn ich einschlafe, weiß ich nicht mehr, ob ich träume oder mit den Schwingen reise. Ich weiß nicht, ob die Seelen mich zermürben wollen, indem sie meinem Geist einen Streich spielen, oder …« Ich habe Angst, den Gedanken zu Ende zu denken.
    »Oder was?«, fragt er zart.
    Ich hebe den Kopf und schaue ihm in die Augen. »Oder ob ich langsam den Verstand verliere. Oder – schlimmer noch – ob ich mich auf ihre Seite ziehen lasse, Schritt für Schritt, ohne es überhaupt zu merken.«
    Ein langes Schweigen folgt, dann zieht mich Dimitri an sich. »Du wirst nicht verrückt, Lia, und du wirst dich auch nicht von ihnen verführen lassen. Es ist …«
    Ein Ruf vor unserem Zelt schneidet ihm das Wort ab. Er hebt den Kopf, steht auf und geht zum Zelteingang.
    Ich blicke ihm nach. »Was ist los?«
    »Keine Ahnung.« Er tritt aus dem Zelt und wirft mir über die Schulter hinweg einen Blick zu. »Bleib, wo du bist.«
    Ich weiß nicht genau, wie lange ich seiner Anordnung Folge leiste, aber gewiss nicht so lange, wie Dimitri es gerne hätte. Ich kann die lauter werdenden Stimmen nicht ignorieren, und so wickele ich mich in eine Decke und
gehe nach draußen. Inmitten eines heillosen Durcheinanders stehen Dimitri und Gareth und diskutieren. Unser Gepäck wurde ein zweites Mal geöffnet und durchwühlt.
    »Was ist passiert?« Ich drehe mich um die eigene Achse und betrachte das Chaos. Brigid kommt aus ihrem Zelt und reibt sich den Schlaf aus den Augen.
    »Ich habe dir doch gesagt, du sollst im Zelt bleiben.« Dimitris Stimme klingt gepresst.
    Ich funkele ihn an. »Ich tue nicht immer das, was man mir sagt, wie du vielleicht schon bemerkt haben dürftest.«
    Er seufzt. »Es geht mir doch nur um deine Sicherheit, Lia!«
    »Was ist geschehen? Was ist denn hier los?« Brigids Stimme schiebt sich in die stumme Auseinandersetzung, die ich mit Dimitri ausfechte. Sie trägt noch immer ihr Nachthemd, und auf ihrem Gesicht liegt Erschrecken, als sie sich umschaut.
    Meine Stimme zittert leicht, als ich antworte: »Unser Gepäck wurde wieder durchwühlt.«
    Gareth stapft auf und ab und schleudert schließlich voller Zorn einen Gegenstand in Richtung der Baumlinie. »Diesmal ist es schlimmer, fürchte ich. Diesmal haben sie sich unseren Proviant vorgenommen.«
    Brigid eilt zu ihm. »Unseren Proviant? Wollen Sie damit sagen, dass unsere Vorräte weg sind?«
    »Nicht weg«, mischt sich Dimitri ein. »Sondern überall auf der Erde verstreut. Vielleicht ist das eine oder andere noch zu retten.«

    »Aber wer sollte so etwas tun? Und warum?« Brigids Augen sind angstgeweitet, und plötzlich schießt mir der Gedanke durch den Kopf, dass sie sich möglicherweise nur verstellt.
    »Das ist eine gute Frage.« Mit schmalen Augen schaue ich sie an. »Wer, glaubst du, würde so etwas tun? Hier ist niemand außer uns, und ich vermute, dass Dimitri und Gareth auch nur unsere Spuren finden werden, egal, wie gründlich sie suchen. Wie beim letzten

Weitere Kostenlose Bücher