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Magie und Schicksal - 2

Magie und Schicksal - 2

Titel: Magie und Schicksal - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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Bin ich in den Wäldern auf dem Weg nach Altus, in Loughcrew oder in einem Lager auf dem Rückweg nach London? Aber nein. Da sind die prächtig tapezierten Wände meines Schlafzimmers, die geschnitzten Bettpfosten. Ich bin in Milthorpe Manor.
    Irgendetwas drückt mir ganz entsetzlich auf die Schultern. Es ist sehr unangenehm, fast schmerzhaft, und als ich hinschaue, erkenne ich überrascht, dass es Dimitris Hände sind, die mich wie zwei Schraubstöcke festhalten.
    »Was machst du denn da?« Ich versuche, mich aufzusetzen. »Du tust mir weh!«
    Er lässt von mir ab und hebt die Hände, als wolle er sich ergeben. »Bitte entschuldige. Mein Gott, es tut mir so leid, Lia. Aber… du …«
    Sein Blick ist düster, schockiert, und als ich ihm mit meinen Augen folge, erkenne ich den Grund.
    Ich halte etwas in der linken Hand. Schwarzer Samt lugt zwischen meinen Fingern hervor. Mir stockt der Atem. Ich öffne die Hand und sehe das Medaillon dort liegen. Auf meiner Handfläche, nicht auf meinem Handgelenk, wo es sein sollte. Wo es war, als ich einschlief.

    Ich schaue Dimitri in die Augen, der mir das Medaillon aus der Hand nimmt.
    »Du hast dich im Schlaf herumgewälzt, und als ich zu dir kam, um dich aufzuwecken, lagst du auf einmal still.« Er schweigt nun still und ein fragender Ausdruck überzieht sein Gesicht. »Und dann hast du ohne Umschweife das Medaillon von deinem Handgelenk genommen, so ruhig und sicher, als ob du wach wärst und genau wüsstest, was du tust.«
    Ich schüttele den Kopf. »Aber ich war nicht wach. Und ich wusste nicht, was ich tat.«
    »Aber Tatsache ist, dass du das Medaillon selbst abgenommen hast, Lia.« In seiner Stimme liegt nackte Angst. »Und du hast es benutzen wollen, um die Seelen in unsere Welt zu lassen.«
     
    Der Ausdruck auf den Gesichtern der anderen Mädchen sagt mir, dass ich genauso schlimm aussehe, wie ich mich fühle.
    Ich habe sie und Tante Virginia in den Salon gebeten. Hinter Dimitri und mir liegt eine schlaflose Nacht, in der wir alle Möglichkeiten besprochen haben. Ich wusste gleich, dass es nur eins gibt, was wir tun können, aber er bestand darauf, auch andere Alternativen in Betracht zu ziehen. Schließlich erklärte er sich mit meinem Entschluss einverstanden, aber nur, weil er keine andere Wahl hatte. Ich werde tun, was ich tun muss, mit oder ohne seine Hilfe.
    Mir bleibt einfach nichts anderes übrig.

    Ich betrachte die Gesichter der vier Mädchen. Luisa, Sonia, Helene und Brigid. Sie sind so viel mehr für mich als bloß Teile der Prophezeiung, aber keine von uns wird jemals frei sein, wenn wir jetzt nicht handeln. Und ob sie es wissen oder nicht, unser Bündnis wird nicht noch ein Jahr halten, ein Jahr voller Warten und Hoffen, dass Alice sich uns vielleicht doch noch anschließt.
    »Ist alles in Ordnung, Lia?«, fragt Sonia. »Du siehst nicht gut aus.«
    Sie sitzt zwischen Luisa und Brigid auf dem Sofa. Helene hat in dem Ohrensessel Platz genommen. Sie hält sich abseits, wie üblich.
    Ich behaupte nicht, dass alles in Ordnung ist. Dass es mir gut geht. Ich werde niemanden belügen. Nicht mich und auch nicht diejenigen, die gemeinsam mit mir gegen die Prophezeiung ankämpfen.
    »Alice hat abgelehnt.« Sonias Stimme ist sanft, und ihre Worte sind eine Feststellung, keine Frage. Sie kennt meine widersprüchlichen Gefühle für Alice besser als irgendjemand sonst.
    Ich nicke und schlucke den Kloß in meiner Kehle herunter.
    Niemand wirkt überrascht, aber Luisa stellt die Frage, die alle beschäftigt: »Und was nun? Was machen wir jetzt?«
    Ich hole tief Atem und betrachte meine Hände. Ich will sie nicht anschauen bei dem, was ich ihnen zu sagen habe. »Obwohl die Prophezeiung nicht ausdrücklich in diesem
Jahr beendet werden muss, haben wir keine andere Wahl. Ich werde kein weiteres Jahr überleben.«
    Sonia will protestieren, aber ich hebe die Hand. »Es stimmt, Sonia, auch wenn ich wünschte, es wäre nicht so. Es geht mir nicht gut, schon lange nicht mehr. Ich kämpfe im Schlaf gegen die Seelen, und ich werde jeden Tag schwächer. « Ich beiße mir auf die Lippe, denn das Geständnis fällt mir nicht leicht. »Erst letzte Nacht hat mich Dimitri davon abhalten müssen, das Medaillon auf mein Handgelenk zu binden und mehr Seelen in die Welt zu lassen.«
    In Sonias Augen liegt Traurigkeit und etwas, das ich als Mitgefühl deute. Ihr Blick weckt meinen Stolz, und ich richte mich auf, lasse meine Stimme so kraftvoll klingen, wie ich vermag. Wenn ich sie schon

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