Magie
sie herausfand, wie wenige andere weibliche Meisterschüler es gab. Das Mädchen hatte Stara auf magische Fähigkeiten geprüft und reichlich davon gefunden. Aber als Stara ihre Mutter
gefragt hatte, was sie tun würde, wenn ihre Tochter über magische Fähigkeit verfügte, war ihre Antwort entschieden und ohne Zögern gekommen.
»Ich brauche dich hier bei mir, Stara. Wenn du die Meisterschülerin eines Magiers würdest, müsstest du viele Jahre lang bei deinem Meister leben. Willst du dich nicht nur von deinem Vater trennen, sondern auch von deiner Mutter?«
Stara konnte sich nicht dazu überwinden, ihre Mutter im Stich zu lassen. Als Nimelle dies gehört hatte, hatte sie es eine »Verschwendung« genannt. Sie hatte sich erboten, Staras magische Fähigkeit selbst freizusetzen und sie die Grundlagen der Magie zu lehren - aber sie müsste es geheim halten. Stara hatte voller Eifer zugestimmt. Seither hatte Stara sich selbst beigebracht, wie sie ihre Magie benutzen konnte, hatte sich Nimelles Bücher ausgeborgt und mit ihrer Freundin geübt.
Ich werde Nimelle vermissen, dachte sie. Sie war der einzige Mensch, der mich nie anders behandelt hat, weil ich zur Hälfte Sachakanerin bin.
Bei ihrem letzten Treffen hatten sie beide die Tränen unterdrücken müssen. Aber Stara vermutete, dass Nimelle schon bald viel zu tun haben und ihre Freundin nicht mehr vermissen würde. Nachdem ihr im vergangenen Sommer ihre Unabhängigkeit als höhere Magierin gewährt worden war, hatte Nimelle im Herbst geheiratet und erwartete jetzt ihr erstes Kind.
Ich werde ebenfalls zu beschäftigt sein, wenn ich meinem Vater helfe, um mich nach ihr zu sehnen, sagte sie sich entschieden. Wir haben beide ein neues Leben begonnen. Und doch freute sie sich jetzt schon auf Nimelles ersten Brief.
Sie fuhren nun über eine lange, flache Straße, über der die Düsternis der Abenddämmerung lag. Ab und zu tauchte vor ihnen ein umfriedetes Grundstück auf, das die Erinnerungen an die typischen sachakanischen Herrenhäuser mit ihren endlos weißen Gartenmauern heraufbeschwor, um einige Zeit später im Zwielicht hinter ihnen zurückzubleiben.
Außerdem waren ihr die Sklaven aufgefallen, die auf den Feldern arbeiteten. Wann immer sie sie sah, verspürte sie ein
leichtes Unbehagen. Zu viele Jahre in Elyne hatten sie eine Abneigung gegen die Sklavenhaltung gelehrt, und doch konnte sie sich auch daran erinnern, dass sie die Sklavinnen angehimmelt hatte, die sich in ihrer Kindheit um sie gekümmert und sie verwöhnt hatten.
Das Leben eines Haussklaven ist gewiss erheblich besser als das eines Feldsklaven, sagte sie sich. Aber wie Mutter sagt: »Sklaverei ist Sklaverei«. Sie hatte die Sklaverei gehasst, und Stara wusste, dass dies Teil des Grundes war, warum sie ihren Vater verlassen hatten und nach Elyne zurückgekehrt waren.
Es gab noch andere Gründe, darüber war Stara sich im Klaren. Einige Gründe hatte ihre Mutter ihr genannt, andere hatte sie erraten. Ihre Mutter war ihrer Familie davongelaufen, um den Mann zu heiraten, den sie liebte. Dann hatte sie entdeckt, dass er zu Hause ein anderer Mensch war, als er es in Elyne gewesen war. Das musste er sein, hatte sie Stara erklärt. Man muss hart und grausam sein, um die sachakanische Politik zu überleben und die Sklaven dazu zu bringen zu gehorchen. Dennoch konnte sie es nicht ertragen mit anzusehen, welche Wirkung es auf ihn hatte. Zu guter Letzt hatte er ihr gestattet, nach Elyne zurückzukehren. Ein härterer Mann hätte sie gezwungen zu bleiben, hatte sie zugegeben. Oder ihre beiden Kinder behalten.
Der Mann, der sie jedes Jahr besuchte, war immer derselbe gewesen: liebevoll und großzügig. Stara hatte ihn genau beobachtet und nach einem verborgenen Ungeheuer Ausschau gehalten, es aber nie entdeckt.
Vielleicht weil er, wenn er in Elyne war, niemals einen Sklaven auszupeitschen brauchte.
Ihr Bruder, Ikaro, hatte Elyne einige Male besucht. Um drei Jahre jünger als Stara, war er stets so zurückhaltend gewesen, dass es beinahe unhöflich war. Sie hatte ihrer Mutter vor Jahren gestanden, dass sie eifersüchtig auf ihn sei, weil er in Arvice geblieben war. Gleichzeitig tat er ihr leid, weil er ohne seine Mutter hatte aufwachsen müssen. Aber als sie Letzteres während eines seiner Besuche erwähnt hatte, hatte er ihr höhnisch geantwortet, dass es für einen Mann nicht von Belang
sei, ohne Frauen aufzuwachsen, da sie nicht wichtig seien.
An diesem Tag hatte er viel von ihrem Respekt verloren. Die
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