Magie
Geheimhaltung für den Erfolg ihrer Pläne notwendig sei, aber aus den Bemerkungen einiger von ihnen ging hervor, dass sie die Absicht hatten, ihre Meisterschüler
dennoch in groben Zügen einzuweihen. Dakon hielt es nicht für gerecht oder weise, einen Meisterschüler in Gefahr zu bringen, ohne dass dieser davon wusste.
»Wir werden Mandryn wieder aufbauen«, stellte er fest.
Zwei Paar Augenbrauen zuckten in die Höhe.
»Aber...« Jayan hielt inne, um zu Tessia hinüberzuschauen. »Aber wer wird dort leben? Fast alle sind tot.«
»Die Menschen werden aus anderen Teilen des Lehens kommen oder aus anderen Lehen, sobald bekannt wird, dass keine Gefahr mehr droht. Und wir werden irgendwann einen Ort zum Leben brauchen.«
»Irgendwann«, wiederholte Jayan. »Und in der Zwischenzeit?«
»Kümmern wir uns um die Sachakaner.« Dakon zuckte die Achseln. »Was natürlich bedeutet, dass wir sie finden und dann aus Kyralia vertreiben müssen. Außerdem müssen wir Wachen auf den Bergpässen postieren, um sicherzustellen, dass sie nicht zurückkehren.«
»Sie vertreiben?« Tessia blickte überrascht drein. »Ihr wollt sie nicht töten?«
Er sah sie an und fragte sich, ob sie enttäuscht oder wütend war. Ob sie Rache wollte. Sie erwiderte seinen Blick, aber ihre Miene wurde unsicher.
»Nein, wir werden sie nicht töten, es sei denn, sie zwingen uns dazu«, antwortete Dakon. »Werrin sagt, der König befürchte, ein solcher Schritt unsererseits würde Takado nur noch mehr Unterstützung eintragen. Selbst wenn das nicht der Fall wäre, würden Verwandte jener Magier, die wir töten, vielleicht Rache suchen. Und wir wären verpflichtet, Gerechtigkeit für weitere Tode zu suchen. Daraus könnte ein Kreislauf von Vergeltung erwachsen.« Er verzog das Gesicht. »Ein solcher Teufelskreis könnte der Anfang eines Krieges sein.«
Seine beiden Meisterschüler nickten, und er hoffte, dass diese Geste Verstehen bedeutete.
Was wäre mir lieber? fragte er sich. Würde ich um der Vergeltung für den Verlust Mandryns willen einen Krieg riskieren? Oh, ich will Gerechtigkeit für den Tod meiner Leute, für die Zerstörung
des Hauses, in dem ich aufgewachsen bin. Der Gedanke an die seltenen, unersetzlichen Bücher, die verbrannt waren, schmerzte, aber nicht so sehr wie der Gedanke an gewöhnliche Männer, Frauen und Kinder, die in seiner Abwesenheit gefoltert und niedergemetzelt worden waren. Diener, die er so lange gekannt hatte, dass sie wie Familienangehörige gewesen waren. Menschen, die seinen Vater gekannt und geliebt hatten. Was für eine jämmerliche Feigheit zu warten, bis ich fort war. Oder hatte Takado keine Ahnung, dass ich nicht da war? Nun, der König hätte gewiss nicht solches Widerstreben gezeigt, dass wir irgendwelche Sachakaner töten könnten, wenn ein Mitglied einer der mächtigsten Familien Kyralias ermordet worden wäre. Das wäre ein kriegerische Akt gewesen.
Dakon verstand jedoch die Vorsicht des Königs. Die Sachakaner würden es höchstwahrscheinlich begrüßen, wenn Kyralia einige ihrer missliebigen Ichani einfing und aus dem Land warf. Aber wenn Kyralier es wagten, Sachakaner zu töten, lediglich weil sie ein einziges kleines Dorf angegriffen und einfache Leute niedergemetzelt hatten, könnten die Sachakaner zu dem Schluss kommen, das Kaiserreich müsse seinen Nachbarn auf seinen Platz verweisen.
Und wenn der sachakanische Kaiser sein Volk wirklich so schlecht im Griff hatte, wie man munkelte, würde nicht einmal er in der Lage sein, sie aufzuhalten.
DRITTER TEIL
21
D ie Sonne wärmte Stara den Rücken, während die Pferde den schwer beladenen Wagen den Hügel hinaufzogen. Als sie den Kamm der Anhöhe erreichten, bot sich der jungen Frau ein Ausblick, bei dem ihr der Atem stockte.
Eine große Stadt lag wie ein Fächer ausgebreitet vor ihr. Sie reichte bis zur Küste, und dahinter verlor sich der Blick über der Weite des dunklen Meeres. Die Spitze des Fächers bildete die Mündung eines Flusses ins Meer. Die Straßen, die von diesem Punkt ausgingen, waren miteinander verbunden durch konzentrische Ringe von Durchgangsstraßen.
Arvice. Sie lächelte. Die größte Stadt, die je gebaut wurde. Ich bin endlich zu Hause.
Fünfzehn Jahre hatte sie auf diesen Tag gewartet. Fünfzehn lange Jahre, seit ihr Vater sie und ihre Mutter nach Elyne gebracht und sie dort zurückgelassen hatte. Jetzt hatte er endlich nach ihr geschickt, wie er es vor so langer Zeit versprochen hatte.
Während die Reihe der Wagen auf
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