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Magie

Titel: Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trudi Canavan Michaela Link
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außerstande, diese beiden Bilder miteinander in Einklang zu bringen: Das Fantasiebild eines gut aussehenden jungen Viya-Spielers, der gekommen war, um ihr den Aufenthalt in ihrem Gefängnis erträglicher zu machen, und das Bild aus ihrer Erinnerung, das Bild eines jungen Mannes mit harten Gesichtszügen, der glaubte, Frauen seien wertlos.
    »Ihr habt mehr gemeinsam, als Euch bewusst ist«, erklärte Vora entschieden. »Ihr solltet Verbündete sein.«
    Stara sah die Frau abermals an, dann machte sie einen Schritt nach vorne und trat durch die Tür.
    »Wartet, Herrin!«, rief Vora aus. »Es ist ein...«
    Badezimmer, beendete Stara ihren Satz, während sie die Szene, die sich ihr bot, erfasste.
    Am Rand eines Beckens mit dampfendem Wasser saß ein Mann, nackt bis auf ein Tuch über seinem Schoß. Er starrte sie entsetzt an. Sie blickte auf den großen Buckel unter dem Tuch hinab.
    »Hast du wirklich geglaubt, du könntest es darunter verstecken?«, platzte sie heraus. »Du hättest dir doch gewiss einen
besseren Plan überlegen können. Und du weißt sicher, dass die feuchte Luft das Instrument ruinieren könnte, nicht wahr?«
    Ikaros Blick wanderte von ihr zu einem Punkt hinter ihrer linken Schulter, und an die Stelle der Überraschung trat Ärger in seine Züge.
    »Vora«, sagte er missbilligend, aber ohne großen Nachdruck. »Ich habe dich gebeten, dich nicht einzumischen.«
    »Wie Ihr immer gesagt habt, Meister Ikaro, ich bin nicht besonders gut darin, Befehlen zu gehorchen, die mir nicht gefallen«, erwiderte die Frau. Sie trat neben Stara. »Obwohl ich nicht damit gerechnet habe, dass Eure Schwester meinen Rat gar so wörtlich nehmen würde.«
    Stara sah sie an und zuckte die Achseln. »Nun, jetzt bin ich hier. Du willst, dass wir reden?« Sie sah Ikaro an und verschränkte die Arme vor der Brust. »Dann lass uns reden.«
    Er warf ihr einen Blick zu, dann holte er die Viya unter dem Tuch hervor und stellte sie vorsichtig beiseite. Anschließend knotete er den Stoff um seine Taille, nahm die Viya wieder auf und erhob sich. »Es gibt bessere Orte als diesen«, sagte er und bedeutete ihr, ihm zu folgen. »Orte, wo es viel trockener ist und wir trotzdem ungestört reden können.«
    Sie gingen an dem Becken vorbei zu einer Tür am gegenüberliegenden Ende des Bades. Der nächste Raum war kleiner, mit Steinbänken zu beiden Seiten. Auf einer der Bänke lagen sauber gestapelte Kleider. Ikaro bedeutete ihnen, in den nächsten Raum weiterzugehen, einen gewöhnlichen, weiß getünchten Raum mit einigen Stühlen und Tischen. Er folgte ihnen nicht, sondern kam kurz darauf voll bekleidet zum Vorschein. Und ohne die Viya, wie Stara bemerkte. Wo bewahrte er sie in diesem Raum auf, in dem es nichts als Steine gab?
    Ich nehme an, wenn sie stets an einem feuchten Platz bleibt und niemals zu schnell austrocknet, dürfte das Holz nicht bersten.
    Immer noch schweigend führte er sie in einen Flur und dann hinaus in einen umfriedeten Innenhof. Topfpflanzen spendeten Schatten, und ein Springbrunnen in der Mitte erfüllte die Luft mit dem steten Plätschern von Wasser. Sie setzten sich an den Rand des Brunnens.

    Ah, ja. Der alte Springbrunnentrick. Übertönt das Geräusch von Stimmen. Gut zu wissen, dass die Elyner nicht die Einzigen sind, die das tun.
    »Hier können wir gefahrlos reden«, erklärte er ihnen.
    »Es gibt also keine Lippenleser unter den Sklaven.«
    Er sah sie eigenartig an. »Lippenlesen«, erklärte sie. »Die Fähigkeit, an den Lippenbewegungen eines Menschen zu erkennen, was er sagt.«
    »Ich hatte keine Ahnung, dass irgendjemand dazu imstande ist«, gab er zu und sah sich nervös im Innenhof um. Er zuckte die Achseln und wandte sich wieder zu ihr um. »Also, worüber möchtest du reden?«
    Sie suchte nach einer Spur des herablassenden, kalten Mannes, der sie vor einigen Wochen beim Abendessen ignoriert hatte. Er wirkte ein wenig ängstlich, aber in seinem Gesicht lagen weder Feindseligkeit noch Reserviertheit. Er schien beinahe ein anderer Mensch zu sein.
    »Vora hat mir gesagt, du seiest nicht der Mensch, den ich zu kennen glaube«, begann sie, nachdem sie beschlossen hatte, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. »Aber ich habe dich seit meiner Ankunft nur ein einziges Mal gesehen, und bei dieser Gelegenheit hast du mich kaum eines Blickes gewürdigt.«
    Er verzog das Gesicht und nickte. »Ich durfte dir gegenüber keine Gefühle zeigen, seien sie gut oder schlecht, weil es den Ausgang des Ganzen hätte beeinflussen

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