Magie
Sie blickte zu den Führern der Armee hinüber. Die Männer kamen jetzt auf sie zu, und Narvelan ritt lächelnd neben dem König.
Er lächelt! Nachdem er gerade so viele Sklaven getötet hat ... wie viele? Sie drehte sich zu Jayan um.
»Wie viele? Wie viele Sklaven?«, fragte sie, dann überlegte sie kurz, warum das plötzlich so wichtig war.
Er sah sie eigenartig an. »Über hundert.« Dann glättete seine Miene sich, und er brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Ich fürchte, nicht einmal deine Heilkunst wird helfen. Nicht diesmal.« Er wandte den Blick ab. »Ich wünschte, es wäre anders.«
Ich habe nicht gedacht, dass ich helfen könnte, ging es ihr durch den Kopf. Aber so wie er aussieht, glaube ich nicht, dass es viel nutzen würde, darauf hinzuweisen. Dakon ritt langsam los, und sie und Jayan folgten seinem Beispiel. Tessia hörte im Geiste wieder und wieder Jayans Worte.
»Eins verstehe ich nicht«, sagte Mikken nach einer Weile. »Warum dachte Narvelan, die Ermordung der Sklaven könnte vertuschen, dass wir hier sind? Sobald ihr Herr nach Hause zurückkehrt, wird offenbar sein, dass etwas nicht stimmt. Und gewiss werden die Sachakaner einige hundert Kyralier bemerken, die durch ihr Land reiten.«
»Ja«, pflichtete Dakon ihm bei. »Ich frage mich, wie wir je auf den Gedanken kommen konnten, wir könnten in der Lage sein, uns an sie heranzuschleichen. Oder warum jene, die es besser wissen sollten, diesen Vorschlag überhaupt gemacht haben.«
»Glaubt Ihr, sie haben uns in die Irre geführt, wohl wissend, dass wir, wenn wir erst einmal hier sind, unsere Meinung nicht mehr ändern können?«, fragte Tessia.
»Ich denke«, sagte Jayan so leise, dass Tessia ihn nur mit knapper Not verstehen konnte, »Lord Narvelan ist ein wenig wahnsinnig. Und der König weiß es und lässt ihn tun, was wir Übrigen vielleicht nicht tun würden.«
Dakon nickte langsam, den Blick noch immer auf seinen Freund und Nachbarn geheftet.
Hanara beobachtete vom Flur aus, wie ein anderer Mann das Herrenzimmer betrat und von Ashaki Charaka begrüßt wurde. Der Mann trug ein Messer am Gürtel, er war also ebenfalls ein Magier. Er begrüßte Takado, Asara und Dachido mit freundlicher Neugier und einem Anflug von Bewunderung. Hanara verspürte einen vertrauten Stolz. Das Gefühl langen Lebens.
Mein Herr ist ein Held. Es spielt keine Rolle, dass es ihm misslungen ist, Kyralia zu erobern. Er ist ein Held, weil er es versucht hat.
An seiner Seite regte sich Asaras Sklavin. »Irgendetwas stimmt da nicht«, flüsterte sie.
Sein Magen krampfte sich zusammen, und das Gefühl langen Lebens verschwand. Er sah sie finster an. »Was?«
Sie schüttelte den Kopf, die Augen dunkel vor Furcht. »Ich weiß es nicht. Irgendetwas.«
Er wandte sich ab. Eine törichte Frau. Er betrachtete die Magier, die zusammengekommen waren, um seinen Herrn zu treffen. Ashaki Charaka war alt, bewegte sich jedoch mit der Sicherheit eines Mannes, der Macht und Respekt gewohnt war. Die anderen kamen von benachbarten Gütern. Die meisten ihrer Domänen lagen nicht auf dem Weg der kyralischen Armee. Takado und seine Freunde hatten zwei Tage gebraucht, um den Berg hinunterzusteigen, da sie die Straße nicht nehmen konnten, weil die Kyralier sie benutzten, und außerdem zu Fuß unterwegs waren. Sie wählten eine direkte Route, die sie in eine Gegend führte, deren Domänen nicht zu den ersten gehören würden, die der kyralischen Invasion zum Opfer fielen.
Die Magier wussten noch nichts von der feindlichen Armee. Takado wartete offensichtlich auf den richtigen Augenblick, um ihnen davon zu berichten. Stattdessen hatte er begonnen, Geschichten über die ersten Tage des Angriffs auf Kyralia zu erzählen, von Dörfern, deren Bewohner sich selbst überlassen waren und die das Land ihrer Herren bebauten, wie es ihnen gefiel und ohne Schutz. Wie leicht diese Dörfer einzunehmen waren.
Die anderen Magier hörten aufmerksam zu. Hanara beobachtete jeden von ihnen aufs Genaueste. Keiner der fünf zögerte,
Fragen zu stellen, und Takado antwortete mit einer Aufrichtigkeit, die sie offensichtlich überraschte.
»Sie haben neue Kampfstrategien entwickelt«, erzählte Takado, und Asara und Dachido nickten. »In Gruppen, sodass ein Mitglied, wenn es erschöpft ist, sich auf den Schutz der anderen verlassen kann. Wenn die ganze Gruppe erschöpft ist, schließen sie sich einer anderen Gruppe an. Es ist überraschend wirksam.«
»Was geschieht, wenn sie alle erschöpft
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