Magie
die Frauen tragen.«
»Du würdest deinen Augen nicht trauen - und bitte mich nicht, die Kleider zu beschreiben. Dazu müsste ich zuerst ein vollkommen neues Vokabular erlernen.«
Endlich senkten ihre Augenbrauen sich wieder auf eine normale Höhe, und sie grinste. »Wenn ich Lord Dakon nicht eine ganz ähnliche Robe hätte tragen sehen, hätte ich mir so meine Gedanken über Euch gemacht, Meisterschüler Jayan. Geht besser nicht so ins Dorf, oder die Leute werden von hier bis zu den Bergen über Euch reden. Was unsere Gäste betrifft … Sie haben ihre Überraschung sehr gut verborgen, als sie Lord Dakon gesehen haben.« Sie hielt inne. »Sie sind übrigens alle im Speisezimmer.«
Mit anderen Worten: »Ihr seid spät dran« , dachte er. »Ich wollte mich gerade zu ihnen gesellen«, sagte er. »Das heißt, bis ich von einer neugierigen Dienerin aufgehalten wurde.«
Sie verdrehte die Augen, dann folgte sie seinem Fingerzeig und verschwand.
Jayan blickte an sich hinab, rückte die Schärpe zurecht, strich erneut einige Falten in der Robe glatt und folgte Malia dann den Flur entlang. Er betrachtete die Tür am Ende. Früh am Morgen hatten Diener den bislang unbenutzten Raum dahinter geöffnet, geputzt und Möbelstücke hineingebracht. Später am Tag hatte Jayan dann Stimmen durch seine geschlossene Tür gehört. Er war nicht hinausgegangen, um Tessia und ihre Familie zu begrüßen. Sie hatten anderes zu tun gehabt, als sich mit Dakons Meisterschüler bekannt zu machen. Mit Dakons anderem Meisterschüler.
Die Wahrheit war, Jayan hatte nicht den Wunsch verspürt, hinauszugehen und sie kennenzulernen. Er war sich nicht sicher, warum. Ich habe nichts gegen Tessia oder ihre Familie persönlich.
Ich mag sie auch nicht besonders oder wünsche mir, ihren Beifall zu finden. Es war wichtiger, hatte er entschieden, seine Zeit auf das Studieren zu verwenden als auf Geselligkeiten. Je eher er ein Magier wurde, umso mehr Zeit würde Tessia schließlich mit Dakon verbringen können.
Es war nicht so, als käme sie aus einer wichtigen, mächtigen Familie, mit der er vielleicht freundschaftliche Beziehungen anknüpfen wollte. Dankenswerterweise war sie auch nicht die Tochter eines Landdieners oder Handwerkers, aber sie war eine Frau ohne Einfluss oder Verbindungen. Ihr Stand als Magierin würde sie eines Tages über das gemeine Volk erheben, aber das bedeutete nicht, dass sie anderen Magiern ebenbürtig sein würde.
Und genau aus diesem Grund ist es Dakon gegenüber unfair. Ihre Ausbildung wird ihm keine guten Verbindungen oder Dankesschulden eintragen wie die Übernahme meiner Ausbildung... Es sei denn vielleicht Respekt für etwas, das man als bewunderungswürdigen Akt der Barmherzigkeit ansehen mochte. Und wenn nicht das, dann Mitgefühl, dass er dem Gesetz bezüglich Naturtalenten gehorchen musste.
Würden die Menschen das gleiche Mitgefühl für Tessia empfinden? Ohne eine einflussreiche oder wohlhabende Familie hinter sich, würde sie wohl kaum die Gunst der mächtigen Männer und Frauen Kyralias erringen. Es war unwahrscheinlich, dass der König oder irgendjemand sonst ihr eine wichtige Position oder Aufgabe zuteilen würde. Ohne einen solchen Lohn oder eine entsprechende Stellung würde sie niemals ein großes Einkommen erzielen. All dies würde sie nicht zu einer begehrenswerten Ehefrau machen, daher würde sich auch kein Ehemann von Einfluss oder Wohlstand für sie finden.
Mit der Zeit und durch harte Arbeit würde sie vielleicht einige Verbündete und Freunde gewinnen und sich langsam einer Tätigkeit mit einem anständigen Einkommen würdig erweisen. Und möglicherweise würde jemand sie heiraten, weil er hoffte, ihre Kinder würden über starke Magie verfügen.
Aber nichts von alledem würde geschehen, wenn sie in dem entlegenden Mandryn blieb.
Dann kam Jayan eine andere Möglichkeit in den Sinn. Es hatte in der Geschichte Fälle von Meisterschülern gegeben, die nicht zu höheren Magiern geworden waren. Sie konnte sich dafür entscheiden, in Dakons Diensten zu bleiben und ihm magische Stärke zu geben; als Gegenleistung dafür würde er ihr ein Heim zur Verfügung stellen und wahrscheinlich ein kleine Summe, von der sie nach seinem Tod leben konnte.
Plötzlich verspürte Jayan unerwartetes Mitgefühl mit ihr. Sie hatte wahrscheinlich keine Ahnung, wohin ihre natürlichen Kräfte sie führen würden. Sie konnte zu einer Gefangenen in einem gesellschaftlichen Niemandsland werden, eingeengt zwischen dem Nutzen
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