Magie
aus, als eine Woge des Schwindels sie überfiel.
»Langsam«, meinte Dakon. »Du hast deine Sache gut gemacht, aber es kann ein Schock für den Körper sein, bis er sich daran gewöhnt.«
Sie drehte sich zu ihm um. »Es hat also funktioniert? Ich habe nichts falsch gemacht?«
Er lächelte. »Nein. Es hat funktioniert. Wie Jayan sagte, dein Körper wird lernen, wie er sich selbst stützen kann. Auch dein Geist wird sich daran gewöhnen. Wie fühlst du dich?«
Sie zuckte die Achseln. »Gut. Es war interessant. Erträglich.« Sie sah Jayan an, der sie mit einem schwachen Lächeln beobachtete. »Ich werde schon zurechtkommen.«
Dakon griff abermals in seine Jacke, aber diesmal holte er ein kleines weißes Tuch hervor. Er reichte es ihr. Als sie es entgegennahm, stellte sie fest, dass sich ein dünner Blutfaden über ihre Hand erstreckte.
»Irgendwelche Fragen?«, erkundigte er sich erwartungsvoll.
»Warum ist es notwendig, den Meisterschüler zu schneiden?«, fragte sie, während sie sich die Hände abwischte und auf die winzigen Schnitte in jeder Handinnenfläche drückte. Die Wunden hatten bereits zu bluten aufgehört.
»Die Haut von Menschen und Tieren ist eine Art Grenze«, erklärte er ihr. »Wir haben über alles innerhalb unserer Haut die Kontrolle. Das ist der Grund, warum ein Magier nicht in den Körper eines anderen Menschen hineingreifen und ihn beschädigen kann, ganz gleich, wie mächtig er oder sie ist. Er kann den Körper von außen angreifen, aber ihn nicht von innen beeinflussen.« Dakon kehrte zu seinem Stuhl zurück und setzte sich, und Jayan folgte seinem Beispiel. »Um Kontrolle zu gewinnen, müssen wir die Barriere durchbrechen.«
Tessia dachte über diese Information nach, während sie zu ihrem gewohnten Platz ging. »Hat der Magier, der Macht nimmt, immer die Kontrolle über das Geschehen? Was passiert, wenn die Person, die er zu beherrschen versucht, ebenfalls ein höherer Magier ist?«
»Derjenige, der Macht nimmt, hat nach wie vor eine undurchbrochene Barriere«, bemerkte Dakon. »Selbst wenn es anders wäre, könnte er, sobald er Magie aufnimmt, den Spender körperlich schwächen. Wie sehr, hängt von dem Talent und der Absicht des Magiers ab, der höhere Magie benutzt. Wenn es ein wohlwollender Austausch ist, so wenig wie möglich. Wenn der Austausch böswillig ist, kann der höhere Magier sein Opfer lähmen und es ihm schwer machen, auch nur zu denken.«
Tessia schauderte. Das Ritual höherer Magie war so simpel, aber es war eine gezähmte Version eines Aktes der Gewalt und des Todes. Ebenso gut könnte man Meisterschüler bitten, regelmäßig die entblößte Kehle dem frisch geschärften Schwert des Meisters darzubieten, voller Vertrauen, dass sie nicht aufgeschlitzt werden würde.
Aber kein Schwert nahm seinen Opfern Kraft. Kein Schwert, selbst wenn es sanft benutzt wurde, konnte seinem Besitzer solchen Lohn eintragen, wie die höhere Magie es vermochte. Das Ritual war außerdem ein Austausch von Macht, von Vertrauen und Respekt. Im Gegenzug lernten Meisterschüler, Magie zu benutzen. Sie bekamen eine jahrelange Ausbildung und gewannen Kenntnisse, die sie anderenfalls aus Experimenten hätten beziehen müssen. Außerdem hatten sie, während sie lernten, ausreichend Nahrung und ein Dach über dem Kopf, ebenso wie schöne Kleider... und gelegentliche Besuche in Imardin, wo sie mit den Mächtigen und den Einflussreichen verkehrten. Vielleicht sogar mit dem König.
Plötzlich kam es ihr nicht mehr so vor, als bekäme Dakon im Gegenzug für seine Zeit und Energie allzu viel von ihr. Nur Magie. Wenn er diese zusätzliche Magie nicht aus einem bestimmten Grund benötigte, könnte man den Eindruck gewinnen, als lohne es den Aufwand und die Zeit nicht. Kein Wunder, dass einige Magier es vorzogen, keinen Meisterschüler anzunehmen.
Aber als die Schnitte in Tessias Händen leise zu jucken begannen, räumte sie ein wenig kläglich ein, dass es Zeiten geben würde, in denen sie ihm als Gegenleistung für ihre Ausbildung
eine Menge geben würde, und sie nahm sich vor, sich vor ihrem Aufbruch ein wenig Wundbalsam zu beschaffen.
Unter dem Licht einer Öllampe und des Halbmondes rieben Hanara und zwei der jüngeren Stallburschen sorgfältig Fett in das Leder der Rüstungen oder polierten die Zierleisten von Lord Dakons Wagen.
Seit er Lord Dakons Angebot, für ihn zu arbeiten, angenommen hatte und in die Stallquartiere umgezogen war, fühlte Hanara sich erheblich wohler in seiner
Weitere Kostenlose Bücher