Magier des dunklen Pfades 1 - Die Suche (German Edition)
Schauer über den Rücken lief und das Bier vor Schreck schmeckte wie vergorene Milch – ein Kralik gehörte einfach zu Wintertal wie der ewige Schnee, ob einem das passte oder nicht. Es gab noch viel mehr, das den Blick fing, doch Lorgyn hatte sich bereits in Bewegung gesetzt und ließ sich an einem der wenigen freien Tische nieder, den Rücken gegen die Wand gelehnt.
Grummelnd folgte Gerom ihm und setzte sich dazu.
Ein Gähnen unterdrückend, sagte Lorgyn: „Ihr besitzt ein sehr beschauliches Gasthaus, aber nach der Einsamkeit der langen Reise …“ Er verstummte abrupt und presste die Lippen zusammen, als hätte er etwas Falsches gesagt.
„Habt Dank. Ja, die Perle ist ein gemütlicher Ort, an dem man sich in kalten Nächten wärmt. Und für den Sommer haben wir einen großen Garten mit Bänken.“ Gerom nickte in Richtung der verschlossenen Tür unter dem Kralikschädel.
Lorgyn sah nicht hin.
„Grinn!“, rief Gerom, und sofort eilte eines der Schankmädchen herbei, eine apfelwangige Frau mit festen Waden. Ihr Gesicht war leicht gerötet. Da weder er noch Laris mitarbeiteten, hatte sie alle Hände voll zu tun, denn die Perle war – wie eigentlich jeden Abend – gut besucht. Er würde Grinn für die Plackerei heute etwas mehr zahlen.
„Zwei Bier.“
„Ich weiß nicht, ob …“, begann Lorgyn, doch Grinn watschelte bereits von dannen und kehrte kurze Zeit später mit zwei bis zum Rand gefüllten Bierkrügen zurück. Als sie sie absetzte, schwappte Schaum über die Tülle und lief herunter.
„Beim Eis des Nordens“, sagte Gerom und hob seinen Krug.
Lorgyn runzelte die Stirn.
„Ist der gängige Trinkspruch bei uns.“
„Ach so“, murmelte er und stieß mit Gerom an. „Beim Eis des Nordens.“ Zum ersten Mal – war es denn zu glauben? – flackerte so etwas wie die Andeutung eines Lächelns über sein Gesicht.
„Schmeckt gut“, meinte er, nachdem er gekostet hatte.
„Das beste Bräu in Wintertal. Je mehr man davon trinkt, desto leckerer wird es.“ Selbst als Gerom seinen Spruch mit einem Zwinkern garnierte, regte sich nichts in Lorgyns Gesicht.
Habe mich wohl doch getäuscht. Der steckt zum Lachen bestimmt seinen Kopf in den Schnee, und für einen ordentlichen Rausch ist er sich viel zu fein.
Gerom beschloss, die Schonzeit zu beenden. Ihm brannten ein paar Fragen auf der Zunge, und er wollte verdammt sein, wenn er die nicht stellte! Selbst wenn er diesen Lorgyn damit vor den Kopf stieß – dicke Freunde würden sie wohl eh nicht werden, und im Moment stand der Bursche in seiner Schuld.
„Ihr wisst sicher“, Gerom nahm einen tiefen Schluck, „dass Iros selbst seine schützende – und wärmende – Hand über Euch und Eure Frau gehalten hat.“
Lorgyn, der ebenfalls hatte trinken wollen, setzte den Krug wieder ab.
„Ich meine, es war schon ein ganz schönes Wagnis, bei diesem Wetter hierher zu kommen. Seid froh, dass ihr das unbeschadet geschafft habt.“
Lorgyns Augen zuckten nach links und rechts, als suche er nach einem Fluchtweg. Schließlich jedoch entspannte er sich wieder, führte den Krug an die Lippen, schloss kurz die Augen, stellte ihn wieder ab und legte die Finger mit den Kuppen aneinander. „Ein Magier hat uns geholfen.“
Gerom spürte, wie sich gerade ein großes Fragezeichen auf seine Stirn malte.
Lorgyn lächelte dünn. „Ein Wärmezauber. Hat mich viel Zeit gekostet, einen Magier mit genügend Macht ausfindig zu machen. Und noch länger hat es gedauert, bis er den Zauber so weit hatte, dass dieser gut eine Woche hält. Über den Preis möchte ich gar nicht sprechen.“
Gerom kratzte sich am Kopf. Von Zauberei verstand er so gut wie gar nichts.
„Warum habt Ihr nicht bis zum Frühling gewartet?“
„Ihr habt Aluna gesehen. Im Frühling wäre sie nicht mehr am Leben gewesen.“
„Und Ihr hofft, dass die Heilenden Quellen ihre Krankheit besiegen?“
Lorgyn atmete tief ein, und wieder sickerte Trauer in seinen Blick. „Nein. Ich möchte ihr nur Linderung verschaffen, und etwas Zeit. Zeit für uns beide.“
Gerom nickte, seine Kehle plötzlich eng. Egal wie oder was Lorgyn war – es war ein hartes Los. Plötzlich erzählte er ihm von Vlaja, erzählte von ihren glücklichen Tagen, die ein jähes und bitteres Ende fanden. Er erzählte es einem Fremden, und als er geendet hatte, fühlte er sich besser als vorhin, sogar besser als ganz zu Anfang, während er allein und Pfeife rauchend in der Stille der Nacht gestanden hatte.
„Manchmal beschreitet
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