Magier des dunklen Pfades 2 - Der Alte Bund (German Edition)
das Zimmer.
Kaum hatte sie die Tür zugezogen, da rutschte sie an der Wand hinab und vergrub das Gesicht in den Händen. Sie stand kurz davor zu bersten, zu zerspringen wie eine Glaskugel unter einem Stiefelabsatz: zu viele Enthüllungen, dazu die brutale Kälte ihres Vaters, ganz zu schweigen von Arlos Festnahme. Was würden sie mit ihm tun? Auspeitschen, Schläge auf die Fußsohle? Würde Genthate ihn gar hinrichten?
Bei dessen fanatischem Eifer gut möglich.
Du kannst jetzt nicht zusammenbrechen, Laris , kämpfte sich ein Gedanke durch den Tumult ihrer Gefühle. Irgendetwas musst du einfach tun!
Einer, der etwas Licht ins Dunkel bringen könnte, war Droskje. Vielleicht war er das fehlende Bindeglied, das die undurchsichtige Ereigniskette vervollständigte. Einen Versuch wäre es jedenfalls wert.
Sie machte sie auf dem Weg zur Herberge Götterhauch .
Auf ihre Anfrage verwies man sie zur Heiltherme gegenüber der Straße: Er habe ein Rückenleiden, weswegen er die Vorzüge des Heilwassers ebenso nutze wie seine Gäste.
Das Glück war Laris hold.
Als sie eintraf und gerade überlegte, ob sie den Eintritt bezahlen oder lieber warten sollte, erschien Droskje, gehüllt in einen weißen Kaftan, in der Hand eine Pfeife.
Sie kannte den Mann nur flüchtig, denn er pflegte sein Haus, das unweit der Herberge lag, nur selten zu verlassen und galt gemeinhin als Sonderling.
Laris trat an ihn heran. »Iros zum Gruße.«
»Geroms Tochter, wenn ich nicht irre«, sagte er und kratzte sich an seinem weißen Backenbart, der ihm fast bis zum Kinn ging und sein breites, pockennarbiges Gesicht einrahmte wie hingeklebte Schafwolle.
»Richtig.«
Laris bemerkte, wie sich seine Stirn furchte und die buschigen Brauen nach oben rutschten: Erfreut über ihr Auftauchen war er nicht.
»Nun denn, einen schönen Tag noch«, sagte er steif und schritt an ihr vorbei.
»Bitte wartet einen Moment!«
Widerwillig drehte er sich herum.
»In Eurer Herberge sind kürzlich zwei Menschen verstorben.«
»Das passiert öfter.«
»Man sagt, ihr Ableben sei etwas … ungewöhnlich gewesen.«
»Menschen sagen viel«
»War mein Vater bei Euch deswegen?«
Keine Antwort. Er ging weiter, als bestünde sie plötzlich nur noch aus Luft.
»Vielen Dank«, sagte Aluna.
Und sie meinte es so.
Auch wenn Droskje praktisch überhaupt nicht mit ihr geredet hatte, hatte er doch etwas gesagt – nicht mit seiner Stimme, sondern durch sein Verhalten. Hier stimmte etwas ganz und gar nicht! Die Taktik bestand wohl darin, die Sache totzuschweigen.
»Nicht mit mir!«, schnob sie und kehrte nach Eisbach zurück.
Es gab nur eine Möglichkeit: ein weiteres Gespräch mit Gerom. Sie würde ihn vor die Wahl stellen – entweder er goss ihr endlich reinen Wein ein, oder sie würde die Tempelwachen informieren, dass er ebenfalls Dreck am Stecken hatte. Die Drohung in die Tat umsetzen würde sie natürlich nicht, doch hoffte sie, dass es ihn zur Räson brächte, dass er endlich einsah, sie nicht behandeln zu können wie ein kleines Kind. Gerade bog sie nach links in Richtung Perle ab, als ihr der Hauptmann der Tempelwache sowie zwei seiner Leute hoch zu Ross entgegenkamen, bewaffnet und in voller Rüstung. Der Riese warf ihr einen abwägenden Blick zu, ähnlich einem Verkäufer am Markttag, der seine Ware prüfte.
Laris schluckte und blickte starr nach vorne.
Erst als die Soldaten weitergeritten waren, atmete sie erleichtert auf.
Die Taverne kam gerade in Sicht, als Laris ihren Vater sah, ebenfalls reitend. Es war eines von Lorgyns Hochlandponys. Zum Glück beugte sich Gerom gerade nach unten, um am linken Steigbügel herumzufummeln, sodass ihr Zeit blieb, sich hinter einem Fass zu verstecken. Eng an das moderig riechende Holz gedrückt, spitzte sie um die Ecke. Ihr Vater ritt vorbei und warf einen düsteren Blick in Richtung der Tempelwachen, die gerade die flache Kuppe passierten. Einen Fluch ausstoßend, rammte er dem Pferd die Stiefelabsätze in die Weichen. Schnellen Ritts nahm er die Hauptstraße, vorbei am Tempel in Richtung Friedhof. Entweder er wollte zu Lorgyns Haus oder in den Wald; woanders führte der Weg nicht hin.
Da Lorgyn verschwunden war, blieb nur eine logische Erklärung übrig: Im Wald lag Tostes Haus, desgleichen sein Holzbetrieb nebst zwei Lagerhäusern.
Laris zählte zwei und zwei zusammen: Die Tempelwachen ritten zu den Heilenden Quellen. Sicherlich würden sie Aluna ausfindig machen, und damit Droskje. Der Hauptmann würde sich
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