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Magier von Moskau

Magier von Moskau

Titel: Magier von Moskau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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zu vergleichen! Er ist einfach ein Usurpator!«
    »Lermontow war auch frech und aufgeblasen«, bemerkte Cyrano. »Es wäre schade, wenn der Junge sich was antut. Er hat ja wirklich ein außergewöhnliches Talent. Lermontow ist getötet worden, aber der hier will von sich aus ins Grab.«
    Sie trennten sich bedrückt.
    Colombina fühlte sich scheußlich, als sie langsam durch die abendlichen Straßen ging. Dieser hochnäsige dumme Junge! Prospero hat vollkommen recht. Das lächerliche Geheul eines heiseren Vagabunden für das Zeichen der Ewigen Braut zu halten! Er bringt sich bestimmt um, so einer macht keinen Rückzieher, schon aus Stolz nicht. Was für ein Verlust für die russische Literatur, die erst vor etlichen Tagen ihre begabteste Dichterin verloren hat!
    Auf dem Boulevard blieb Colombina stehen, denn sie |208| hatte das Gefühl, daß sie nicht nach Hause gehen und sich schlafen legen konnte, als wäre nichts gewesen.
    Sie mußte Gdlewski zurückhalten. Um jeden Preis!
    Aber wie? Was konnte sie tun?
    Die Adresse kannte sie, denn einmal, in den ersten Tagen ihrer Mitgliedschaft, hatte er ihr erzählt, daß seine Eltern in Kolomna lebten, daß er in die Abschlußklasse eines Moskauer Gymnasiums gewechselt sei und ein Zimmer im Gasthaus Kleinfeld in der Maslowka-Straße bewohne. Er war sehr stolz darauf gewesen, daß er allein lebte wie ein Erwachsener.
    Nun, sie konnte zu ihm gehen, und dann? Würde er auf Colombina hören, wenn selbst Prospero ihn nicht zurückhalten konnte? Der Doge war für ihn keine Autorität mehr. Versteht sich, Gdlewski war ja »auserwählt«, ein »Genie«.
    Was tun?
    Die Antwort lag auf der Hand.
    Unter den »Liebhabern« war nur einer, der den verrückten Dichter vor der unvernünftigen Tat bewahren konnte. Wenn nötig, mit Gewalt. Gendsi! Aber natürlich, der wußte immer, was zu tun war. Wie schade, daß er vorzeitig gegangen war und den Monolog des Gymnasiasten nicht zu Ende gehört hatte!
    Sofort, ohne eine Minute zu verlieren, mußte sie zu Gendsi fahren! Hauptsache, der war zu Hause. Gdlewski würde sich nicht umbringen, ohne ein Abschiedsgedicht geschrieben zu haben, also konnte sie es schaffen.
    Die Adresse des japanischen Prinzen kannte sie so ungefähr. Hatte er nicht gesagt, er sei in den Offiziersblock der Spasskije-Kasernen umgezogen?
    Eine Droschke brachte das aufgeregte Fräulein in die Spasskaja-Sadowaja-Straße, der Kutscher zeigte ihr ein langgestrecktes |209| Gebäude von gelbweißer Farbe: »Das ist der Offiziersblock.«
    Aber die betreffende Wohnung zu finden war nicht so einfach, denn sie wußte den Nachnamen des Mieters nicht. Colombina beschrieb dem Pförtner ausführlich den Mann, vergaß auch nicht das Stottern und die weißen Schläfen. Sie fügte hinzu, sie habe seine Visitenkarte verlegt und ihr Namensgedächtnis sei ganz schlecht, darum habe sie zwar die Adresse behalten, nicht aber den Namen. Sie habe jedoch an den Herrn ein Anliegen von höchster Dringlichkeit. Der schwarzbärtige Pförtner hörte ihr schweigend zu und glaubte ihr wohl nicht. Er musterte das leichtsinnige Fräulein von Kopf bis Fuß und sagte: »Wie soll unsereins das wissen, vielleicht steigen Erlaucht mir wegen solchem Besuch aufs Dach. Fräulein, dies hier ist eine Kaserne, da dürfen Unbefugte nicht rein.«
    Erlaucht! Also stimmte es, Gendsi wohnte tatsächlich hier. Colombina freute sich so sehr, daß sie nicht mal die beleidigende Anspielung übelnahm. Mochte der Schwarzbart denken, sie wäre eine aufdringliche Verehrerin oder ein Halbweltdämchen, was machte das schon!
    Die seinerzeitige Belehrung des Prinzen Gendsi, wie man mit dem Stamm der Pförtner und Portiers umgehen müsse, war auf fruchtbaren Boden gefallen.
    »Er steigt Ihnen nicht aufs Dach«, sagte Colombina bestimmt. »Eine Belohnung wird er Ihnen geben. Nehmen Sie einstweilen das hier.«
    Und sie steckte ihm einen Rubel zu.
    Der Zerberus hörte sofort auf zu murren und wurde zugänglich. Er versorgte den Rubelschein in seine Schirmmütze und teilte mit: »Wer kommt nicht alles zu Seiner Erlaucht. Selbst welche von Chitrowka, die wie Räuber aussehen, nicht |210| so wie Euer Gnaden. Erlaucht wohnen in der Wohnung eines Freundes, des Oberstleutnants Smoljaninow. Zeitweise. Seine Hochwohlgeboren weilen jetzt in China, haben aber befohlen, den Freund immer einzulassen, solange gewünscht. Der Name des Herrn ist Nameless, Erast Petrowitsch, so.«
    »Erast Petrowitsch Nameless?« wiederholte Colombina den sonderbaren Namen,

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