Magierdämmerung 01. Für die Krone - Perplies, B: Magierdämmerung 01 Krone

Titel: Magierdämmerung 01. Für die Krone - Perplies, B: Magierdämmerung 01 Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies

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herumspüren.«
    Holmes warf Randolph einen anklagenden Blick zu, den dieser mit einem Schulterzucken beantwortete. Dann lächelte er Jonathan kleinlaut an. »Sie haben recht, und ich bitte um Entschuldigung. Aber um nicht abzuschweifen: Der alte Knabe hatte ein ziemlich genaues Bild von seinem Käufer vor seinem inneren Auge. Er war nur trotz all seiner Eloquenz nicht imstande, es angemessen in Worte zu kleiden. Und wenn mein Verdacht stimmt, weiß ich auch, wohin wir als Nächstes müssen.«
    »Verdacht?«, fragte Randolph.
    »Sehen Sie selbst!«, sagte Holmes nur. Er beugte sich vor, hob eine Hand und legte seine Fingerspitzen auf die Stirn des Kutschers.
    Randolph schloss die Augen, und kurz darauf verwandelten sich seine Lippen in einen schmalen Strich. »Whitby«, grollte er, als er die Augen wieder öffnete.
    Holmes nickte. »Dann lag ich mit meinem Verdacht also richtig.«
    »Sie kennen den Mann?«, mischte sich Jonathan ein.
    »Er ist ein Mitglied des Ordens«, erklärte ihm Randolph. »Jung, machthungrig, ein willfähriger Scherge für Männer wie Wellington und den Franzosen.«
    Holmes klopfte mit der Spitze seines Schirms auf den Boden der Kutsche. »Meine Herren, ich schlage vor, wir statten diesem faulen Ei mal einen Besuch ab. Sie kennen den Weg, Randolph?«
    »Ich kenne den Weg zu fast jedem Haus eines Londoner Magiers. Ein Vorteil, wenn man als Kutscher des Ordens arbeitet.« Sein Mund verzog sich zu einem freudlosen Grinsen, dann drehte er sich um und ließ die Zügel knallen.
    20. April 1897, 16:14 Uhr GMT
    England, London, Soho Street
    »Dieser Whitby ist Sinnesfreuden nicht abgeneigt, kann das sein?«, fragte Jonathan, während sie sich an den geschlossenen Fassaden kleiner Theater, Musikhallen, Pubs und diskreterer Etablissements vorbei quer durch Soho ihrem Ziel näherten. Es war früher Nachmittag, und die Gegend zwischen Oxford Street, Charing Cross und Shaftesbury Avenue wirkte geradezu verschlafen. Mit Einbruch der Dunkelheit jedoch würde Soho sich, wie Jonathan wusste, in einen Hort des Vergnügens und der Sünde verwandeln. Nirgendwo anders in London konnte man so exotisch speisen, so ausgiebig feiern und so leicht Damenbekanntschaften machen wie in diesem bunten Viertel, das nach den Wünschen seiner Erbauer genauso elegant hätte werden sollen wie die Nachbarbezirke Bloomsbury, Marylebone und Mayfair, doch niemals den gleichen Status bei Londons Aristokratie hatte erringen können.
    »Eigentlich ist er ein Rüpel, dem die Magie zu bescheidenem Reichtum verholfen hat, weswegen er nicht eingepfercht mit Dutzenden anderen in irgendeinem Loch in Whitechapel oder Spitalfields haust, sondern sich hier eingenistet hat«, erklärte Holmes.
    »Früher war er ganz in Ordnung«, merkte Randolph an. »Man konnte mit ihm einen trinken gehen, und er hielt sich auch nicht für etwas Besseres, wie es so mancher feine Herr oder so manche feine Dame im Orden tut. Aber dann fiel er auf Wellingtons Einflüsterungen herein, vielleicht auch aus Trotz gegenüber unseren Ordensadligen. Seitdem glaubt er nur noch daran, dass Magie Macht bedeutet, und er ist wohl auch bereit, über Leichen zu gehen, um diese Macht zu mehren. Ich hätte das nicht von ihm erwartet, aber ich kannte ihn wohl doch nicht so gut, wie ich dachte.« Der Kutscher zog eine Grimasse, dann deutete er mit einer Hand nach vorne. »Wir sind da. In diesem Haus befindet sich seine Wohnung.«
    Sie erreichten ein vierstöckiges Gebäude inmitten einer Häuserzeile, die mit ihrer rotbraunen Backsteinfassade und den weiß gestrichenen hohen Fenstern kaum etwas hergemacht hätte, wenn sich nicht im Parterre Etablissement an Etablissement gereiht hätte. Neben einem irischen Pub gab es ein asiatisches Restaurant, an das sich ein Tanzlokal anschloss, das wiederum neben einem Varieté für Gentlemen lag, die »zu genießen und zu schweigen wissen«. Im Erdgeschoss von Whitbys Domizil hatte sich dem Anschein nach der Betreiber einer Opiumbar eingemietet. »Zum magischen Drachen« stand in verschlungenen Lettern über dem Eingang, und darunter rekelte sich ein feuerroter chinesischer Drache mit schlangengleichem Körper und langen Schnurrhaaren, der eindrucksvolle Rauchwolken aus den Nüstern blies.
    »Ich glaube, ich besuche Soho viel zu selten«, stellte Holmes mit freudig erstaunter Miene fest.
    »Wir sind nicht zum Vergnügen hier«, ermahnte Randolph ihn.
    Sie fuhren noch zwei Häuser weiter, parkten am Straßenrand und nahmen die Fenster im zweiten