Magierdämmerung 01. Für die Krone - Perplies, B: Magierdämmerung 01 Krone
Anhaltspunkte gefunden hatten, dass sie auf der richtigen Fährte waren. In der obersten Schublade von Whitbys Schreibtisch entdeckten sie neben einem Revolver und einer Zigarrenkiste voller anrüchiger Fotografien Rechnungen für drei Bowler und für neue Kleidung, ebenfalls für drei Männer. Auf dem Tisch im Wohnzimmer standen drei Gläser, in denen Reste von Gin zu erahnen waren, und ein überquellender Kristallaschenbecher. Es schien, als hätte Whitby noch vor Kurzem Gäste bewirtet.
Den entscheidenden Beweis fischte schließlich Holmes unter einem am Fenster stehenden Sessel mit Löwenfüßen hervor, nachdem er zu Jonathans Befremden eine ganze Weile auf allen vieren durch die Wohnung gekrochen war. »Aha!«, rief er triumphierend aus, während er sich aufrichtete, seine Hosenbeine abklopfte und das Objekt zwischen Daumen und Zeigefinger in die Höhe hielt. Es handelte sich um eine der silbrigen Kugeln, die, wie sie mittlerweile wussten, dem Franzosen als Munition für seine Windbüchse dienten.
»Wie nachlässig von ihm, solch eine Spur zu hinterlassen«, bemerkte Jonathan.
»Nun ja, ich nehme nicht an, dass er davon ausging, es könnte jemand Whitbys Wohnung durchsuchen«, meinte Holmes schulterzuckend. »Vielleicht ist ihm auch gar nicht aufgefallen, dass er sie verloren hat. Ich stelle mir die Szene ungefähr wie folgt vor.« Er trat in die Mitte des Wohnzimmers. »Während seine drei Gehilfen rauchend und trinkend auf den Diwanen hockten und sich dabei vermutlich lautstark unterhielten, saß der Franzose auf dem Sessel und reinigte seine Waffe. Danach hat er sie aufgepumpt – das ist bei einem Luftgewehr im Übrigen eine aufwendige Angelegenheit – und das Magazin nach dem Anschlag auf Dunholm aufgefüllt. In dem Durcheinander fiel eine Kugel zu Boden und rollte unter das Möbelstück. Und entweder entging dem Attentäter dieser Umstand, oder ihm fehlte die Zeit, um selbige zu suchen.« Mit zufriedener Miene sah der Magier Jonathan an. »Wie dem auch sei: Unsere Gesuchten waren hier, und nicht nur das. Sie scheinen in Whitbys Wohnung eine Art Hauptquartier eingerichtet zu haben.«
»Das würde ich nach einem Blick in die Vorratskammer auch so sehen«, bestätigte Randolph, der soeben aus der Küche kam.
»Wo immer sich die Schurken also im Augenblick auch herumtreiben, sie werden höchstwahrscheinlich hierher zurückkommen«, schloss Jonathan.
»Höchstwahrscheinlich«, pflichtete ihm Holmes mit einem Nicken bei. »Und wenn es so weit ist, werden sie eine unangenehme Überraschung erleben, denn wir werden sie hier erwarten!«
kapitel 11: ein wechselvoller abend
»Oxford. Ein seltsames Phänomen auf dem Gelände der Universität von Oxford hält im Augenblick die Gelehrten in Atem. In den gestrigen Morgenstunden entdeckte ein Hausmeister auf dem Speicher des Hertford College eine Kiste, die ungefähr einen Fuß hoch über der Erde schwebte. Aussagen der Angestellten zufolge handelt es sich bei dem Gegenstand um eine ganz gewöhnliche Kiste. Über die Ursachen dieser Levitation, die nach gut einer halben Stunde von selbst endete, wird nach wie vor gerätselt.«
– Morning Post, 20. April 1897
20. April 1897, 18:02 Uhr GMT
Schottland, einige Meilen außerhalb von Lockerbie
Die Dunkelheit setzte an diesem Abend früher ein, als es an einem Apriltag gewöhnlich der Fall war. Schwere dunkelgraue Wolken schoben sich, vom Atlantik kommend, wie eine finstere Wand auf das Festland zu, verdeckten die Sonne und brachten die dumpfe Drohung von Regen, ja vielleicht sogar von Unwetter mit sich. Ein frischer Wind wehte von Westen, der in den letzten Stunden spürbar zugenommen hatte.
Kendra fröstelte und zog ihr Kapuzencape fester um sich, während sie neben ihrem Großvater in der schaukelnden Kutsche ihres bäuerlichen Begleiters saß und darauf wartete, dass sie endlich Carlisle erreichten.
Über den breitschultrigen Mann aus Beattock, der sich für einen nicht geringen Obolus bereit erklärt hatte, sie zu fahren, wussten sie nun immerhin schon, dass er Malcolm Middleton hieß und dass ein streitlustiges Eheweib, zwei übereifrige Söhne und ein ungestümer irischer Wolfshundwelpe seinen Hof die meiste Zeit in ein Tollhaus verwandelten. Dieser Umstand mochte, mehr noch als das Geld, der eigentliche Grund dafür gewesen sein, weshalb er sich so bereitwillig erboten hatte, zwei Fremde in die mehrere Wegstunden entfernte Stadt zu bringen. Es versetzte ihn in die erfreuliche Lage, mal für einen Tag
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