Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit
Mitarbeiterin des Officiums in der Lage sein würde, sie abzuholen.
»Sie schrieben aber auch, dass Sie vorher die Guildhall aufsuchen würden. Und ich musste Sie so schnell wie möglich sehen, daher habe ich mein Glück hier versucht«, verteidigte sich Potts, wobei sich ihre Wangen röteten.
»Ich verstehe«, sagte Lionida und bemühte sich um eine beruhigende Ausstrahlung. Die Magieragentin kannte die Frau nicht. Sie vermochte nicht zu sagen, ob Potts Nerven aufgrund der jüngsten Ereignisse einfach blank lagen oder ob die Neuigkeiten, die sie weiterzugeben hatte, wirklich so dringend waren, dass sie keinerlei Aufschub duldeten. So oder so war Potts nun hier, also konnten Sie auch reden. »Kommen Sie, Misses Potts.«
»Miss.«
»Verzeihung. Miss Potts.« Also gab es keine Männer in ihrem Leben. Lionida unterdrückte einen Anflug von Mitleid, als sie eine einladende Geste machte. »Gehen wir ein Stück. Dann können wir uns unterhalten.«
Sie wandten sich nach Süden, in Richtung Themse. Niemand achtete auf die Dame aus gutem Hause, die mit ihrer offensichtlich bürgerlichen Freundin den Aldermanbury hinunterspazierte.
»Können Sie mir sagen, was mit der Unteren Guildhall geschehen ist?«, fragte Lionida. »Das Ordenshauptquartier ist vollkommen verlassen.«
»Es kam zu einem Kampf zwischen Dunholms und Wellingtons Anhängern. Dabei wurde der Standort der Guildhall verraten. Wir mussten sie verlassen. Wie es heißt, nahm Lordmagier Wellington es persönlich auf sich, alle Spuren zu beseitigen.« Potts warf Lionida einen unsicheren Seitenblick zu. »Er verfügt über unvorstellbare Kräfte.«
Lionida antwortete mit einem süffisanten Lächeln. »Oh, ich vermag mir eine beachtliche Menge an Dingen vorzustellen.« Innerlich jedoch ermahnte sie sich, mit Scarcatore darüber zu sprechen. Der Gelehrte wusste sicher besser als sie, welche Kräfte Potts genau meinen konnte. »Wo sind Wellington und seine Gefolgsleute jetzt?«
»Sie begaben sich nach Creek’s Mouth und bestiegen dort ein furchteinflößendes Gefährt, eine Mischung aus einem Tauchschiff und einem Wal. Das war gestern Nacht. Ihr Ziel ist die Wahre Quelle.«
»Wellington hat London gestern Nacht verlassen?«, wiederholte Lionida beunruhigt, während sie in die Cresham Street, die südlich der Guildhall verlief, einbogen. »Das ist nicht gut. Wieso sind Sie nicht bei ihm geblieben? Nun haben wir niemanden mehr, der unser Auge und Ohr sein kann.«
»Ich wäre Ihnen nicht von Nutzen gewesen«, sagte Potts. »Der Funktelegraf, der mir zur Verfügung gestellt wurde, als ich zur Dienerin des Heiligen Vaters wurde, ist zu unhandlich, um ihn mit auf Reisen zu nehmen. Ich hätte die Verbindung zu Ihnen verloren.« Die Frau lächelte scheu. »Aber es ist nicht alles verloren.«
»Erklären Sie das.«
»Ich habe Lordmagier Wellington beim Packen seiner Unterlagen geholfen. Und während er damit beschäftigt war, sich um die letzten Unruhestifter zu kümmern, vermochte ich einen heimlichen Blick in eine Kiste mit Seekarten zu werfen. Ich kenne die Koordinaten der Wahren Quelle.«
Erstaunt blieb Lionida stehen und musterte die unscheinbare Frau ihr gegenüber mit neuem Respekt. »Das haben Sie hervorragend gemacht, Miss Potts. Das verkürzt unseren Aufenthalt hier in London erheblich.«
»Miss Potts … Was machen Sie denn hier?«, rief in diesem Augenblick eine Männerstimme in ihrem Rücken.
Die Frau warf einen Blick über die Schulter und zuckte leicht zusammen. »Carlyle«, flüsterte sie.
»Freund oder Feind?«, fragte Lionida leise, ohne sich umzudrehen, während ihre rechte Hand an ihr Dekolleté glitt und ihre Brille mit den gelb getönten Gläsern hervorzog.
»Wellingtons zweiter Mann«, gab Potts zurück.
Hinter ihnen erklangen die Schritte dreier Männer auf dem Kopfsteinpflaster, die sich entschlossen näherten.
»Ganz ruhig«, schärfte Lionida Potts ein. Es war zwar bereits Abend, und die Straßen um die Guildhall leerten sich, aber Lionida bezweifelte, dass Wellingtons Anhänger es wagen würden, sie in aller Öffentlichkeit anzugreifen. Also hieß es zunächst einmal, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und herauszufinden, was dieser Carlyle wollte und was er wusste. »Wie heißen Sie mit Vornamen?«
»Äh … Emma«, stammelte Potts.
»Gut. Ich bin Francesca, eine Freundin aus Mailand. Denken Sie daran.« Sie setzte die Brille auf, zauberte ein argloses Lächeln auf ihre Züge und wandte sich dann den Neuankömmlingen zu, um sie
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