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Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Titel: Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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auffallen. Und es bedurfte nur eines etwas genaueren Hinschauens, um die beiden erschlafften Leiber in den Schatten unweit der Zellentür zu bemerken. Drummond hatte schließlich nicht die Zeit gehabt, sie unsichtbar zu machen, geschweige denn, ihre Fadenaura in irgendeiner Weise zu tarnen.
    Ihm blieb also nur eines: die Flucht nach vorne. Eigentlich hatte er vorgehabt, die Sperrfäden der Zellentür so behutsam zu lösen, dass er sie nach der Befreiung seiner Kameraden wieder hätte anbringen und so ihre Flucht vielleicht eine kleine Weile hätte verbergen können. Diesen Luxus konnte er sich nun nicht mehr leisten. Er musste die anderen befreien, so schnell es ging. Gemeinsam hatten sie vielleicht eine Chance gegen das metallene Ungetüm, durch dessen silbernen Körper die Kraft der Wahren Quelle pulsierte.
    Drummond packte die Fadenknäuel mit doppelten Fadensträngen und ließ seine magischen Muskeln spielen. Ein Ächzen entrang sich seinen Lippen, und sein bärtiges Gesicht verzog sich vor Anstrengung. Unglücklicherweise kämpfte er dabei nicht nur gegen den unbekannten Fadenweber, der die Sperrfäden verfeinert hatte, sondern auch gegen sich selbst. Die Sperrfäden saßen so fest, als wären sie eingemauert. Der Leiter der Magieabwehr verfluchte seine eigene Gründlichkeit.
    Näher und näher kam das Stampfen in dem Quergang hinter ihm. Drummonds Hoffnung, dass Hyde-White sich in irgendeinen anderen Teil der Gewölbe der Unteren Guildhall begeben könnte, schwand zusehends. Ich muss diese Tür öffnen. Sonst ist alles vorbei. Wieder zerrte er mit aller Gewalt an den Fadenknäuel, legte das ganze Gewicht seines Körpers und seine nicht unbeträchtliche Kraft in die Bewegung.
    Das linke, obere Fadenknäuel gab unter der Belastung lautlos nach, riss von der Wand und zerfiel in glitzernde Fadenstücke, die sich in der Magie auflösten, nun, da ihnen jeder Halt fehlte.
    Aus dem Gleichgewicht gebracht, taumelte Drummond ein paar Schritte zurück, bevor er sich fangen konnte. Ein triumphierendes Grunzen entrang sich seiner Kehle. Zusammen mit den bereits gelösten Fäden fehlten nun nur noch ein Knäuel und das gewöhnliche Vorhängeschloss, bevor die Tür offen war.
    »Drummond!«, dröhnte eine nur noch halb menschliche Stimme hinter ihm.
    Der Schotte fuhr herum und sah, dass Hyde-White im Eingang des Kellergangs aufragte. Der Golem hatte die Klauenhände halb erhoben, und ein Ausdruck der Überraschung, der sich noch im selben Moment in Zorn verwandelte, lag auf seinem grotesk verwachsenen Gesicht.
    Ohne nachzudenken, schleuderte Drummond ihm mit der rechten Hand ein Fadenbündel entgegen. Ihm war klar, dass er Hyde-White dadurch nicht ernsthaft verletzen konnte, aber möglicherweise vermochte er ihn so lange aufzuhalten, bis er Verstärkung aus der Zelle erhielt.
    Der Angriff war mit der Kraft der Verzweiflung ausgeführt worden, aber wie schon während ihres Kampfes in der Ratskammer des Ordens prallten die Fäden ohne nennenswerte Wirkung an Hyde-Whites gepanzerter Gestalt ab.
    »Das soll wohl ein schlechter Scherz sein«, donnerte Hyde-White, während er mit großen Schritten näher kam. »Ich hörte, es habe einen Ausbruchsversuch gegeben, aber Crandon sagte, er habe ihn niedergeschlagen. Was machen Sie dann hier draußen?«
    »Offenbar hat Crandon nicht so genau aufgepasst«, erwiderte Drummond.
    »Ein Fehler, den ich beheben werde«, versprach Wellingtons Schüler. »Ich werde schon dafür sorgen, dass weder Sie noch irgendjemand sonst dem Anbruch des Neuen Morgens im Weg steht.«
    »Nicht … wenn ich es verhindern kann«, ächzte Drummond, während er sich mit beiden Händen am letzten Sperrfadenknäuel abmühte. Er setzte alles auf eine Karte und warf sich, ein zorniges Brüllen ausstoßend, mit aller Gewalt nach hinten.
    Das Fadenknäuel platzte auf, und der Schotte landete unsanft auf dem Steinboden des Kellergangs.
    Einen Herzschlag später war Hyde-White bei ihm. In seinen unmenschlich facettierten Augen loderte pure Mordlust. Eine Metallklaue umfasste den Jackenkragen des Schotten, zog ihn scheinbar mühelos auf die Beine und zu sich heran. »Das können Sie nicht, Drummond.« In Hyde-Whites Stimme lag boshafter Triumph. »Niemand kann es verhindern.«
    »Wir Schotten glauben nicht an Niederlagen«, ächzte Drummond. »Das müsstet ihr verdammten Engländer doch langsam wissen.« Sein Kopf zuckte vor, und der Leiter der Magieabwehr rammte dem Golem seine Stirn direkt ins vernietete Gesicht.

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