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Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Titel: Magierdämmerung 03 - In den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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seinen Zügen nach zu urteilen, hatte er etwas Derartiges bereits geahnt. »Holen Sie Ihre Gefährten hoch. Sobald Sie alle an Bord sind, legen wir ab.«

kapitel 28:
    hehre absichten
    »Seltsame Sichtung am Himmel über London. Mehrere Anwohner wollen am gestrigen Abend gegen 8 Uhr in der Gegend der City of London ein eigentümliches Phänomen beobachtet haben. Den Berichten zufolge teilte sich die Wolkendecke, und ein riesiger bronzefarbener Flugkörper sank auf Höhe der Cresham Street zur Erde. Kurz darauf verschwand er wieder in den Wolken. Aufnahmen existieren keine. Scotland Yard untersucht den Fall.«
    – Morning Post, 24. April 1897
    25. April 1897, 17:03 Uhr GMT
    England, London, Southwark Park
    Alice wünschte sich, sie hätte James’ Bitte, sie an diesem Sonntagnachmittag beim Musikpavillon im nördlichen Teil des Southwark Parks zu treffen, eine Absage erteilt. Das hatte nichts damit zu tun, dass sie den Jungen mit den unbändigen blonden Haaren und den schelmisch blitzenden blauen Augen, der mit seiner Familie auf der anderen Seite der Themse lebte, nicht gerne gesehen hätte. Obwohl er mit seinen vierzehn Jahren zwei Jahre jünger war als sie – und ihre Mutter daher die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen hätte, wenn ihr diese heimlichen Treffen bekannt gewesen wären – , haftete ihm etwas Schneidiges an, das ihr Herz vom ersten Moment an, da sie James im Covent Garden beim Einkaufen begegnet war, hatte schneller schlagen lassen. Wie zufällig waren sie damals ins Gespräch gekommen, und dabei hatte sie anhand seiner etwas ungelenken, aber aufrichtig wirkenden Avancen erfreut festgestellt, dass auch er ein gewisses Interesse an ihr zu haben schien.
    Am darauf folgenden Samstag hatten sich beide unter einem Vorwand aus ihrem Elternhaus entfernt – was Alice nicht schwer gefallen war, denn ihre Mutter, die alleinstehend war und zwei Töchter zu ernähren hatte, musste hart arbeiten und war daher selten zu Hause. Sie hatten sich am nördlichen Ende der Blackfriars Bridge am Ufer der Themse getroffen, und von dort waren sie gemeinsam zum Hyde Park hinübergefahren. Sie waren spazieren gegangen, und James hatte Alice gezeigt, wie man flache Steine über die Wasseroberfläche eines Sees springen ließ. Er wusste wirklich viele außergewöhnliche Dinge und wirkte, wie Alice fand, sehr erwachsen für sein Alter. Tatsächlich hatte sie ihn anfangs auch für älter gehalten; erst eine entsprechende Frage ihrerseits hatte ihren Irrtum offenbart. Der Nachmittag hatte ihnen einige wundervolle Stunden beschert, und sie hatten sich versprochen, einander möglichst bald wiederzusehen. Das war vor einem Monat gewesen.
    Seitdem hatten sie sich viermal getroffen, und wenn es nach Alice ging, könnte es immer so weitergehen. Ihre Mutter hatte glücklicherweise noch nicht bemerkt, was ihre Tochter ohne ihr Wissen, geschweige denn ihr Einverständnis, trieb. Und ihre Schwester Mary, deren freches Mundwerk Alice bisweilen fürchtete und die natürlich mitbekommen hatte, dass irgendetwas vor sich ging, hatte sich Gott sei Dank offen für kleine, wohlmeinende Bestechungen gezeigt.
    Am heutigen Nachmittag hingegen hätte sich Alice ihre Versprechungen, lästige Haushaltspflichten für Mary zu übernehmen, sparen können. Der Himmel über London war grau verhangen, es regnete und es war kalt. So gerne sie James wiedersah, wann immer sie sich trafen: Heute würde es keinen Spaß machen, durch die Parks und Straßen von London zu streifen. Vielleicht würde James sie in ein Museum mitnehmen wollen – aber eigentlich interessierte sich Alice nicht für alte Tonscherben, prähistorische Tierknochen und ägyptische Mumien.
    Das Mädchen trat an das Geländer des kreisrunden, kuppelförmig überdachten Musikpavillons. Ihr Blick schweifte über den nassen Rasen und die ausladenden Platanen, von deren Blättern Regentropfen zu Boden fielen. Wo bleibt James nur? , fragte sich Alice stumm.
    Sie hatte den Gedanken kaum beendet, als sie plötzlich eine einsame Gestalt gewahrte, die mit hochgeklapptem Jackenkragen und tief ins Gesicht gezogener Schiebermütze den Parkweg entlang auf den Pavillon zueilte. Der Neuankömmling überquerte den Vorplatz und sprang, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die kurze Treppe zum Pavillon hinauf. Mit einem angewiderten Keuchen riss er sich die nasse Mütze vom Kopf und fuhr sich durch das zerzauste Haar.
    »James!«, rief Alice freudig. »Da sind Sie ja endlich.« Sie hatten einander

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