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Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Titel: Magierdämmerung 03 - In den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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entfernt auf dem Steindach der Pyramide. Langes, schwarzes Haar hing um den Kopf des unerwarteten Neuankömmlings herab und ebenso schwarze, lederartige Flügel lagen links und rechts neben der fragilen Gestalt weit ausgebreitet auf dem Boden.
    Verwirrt huschte Duncans Blick zur Wahren Quelle hinüber. Er hatte noch nie davon gehört, dass in der chaotischen Sphäre der Magie Leben existierte; geschweige denn, dass ihm durch irgendwelche Magiequellen der Übertritt in die Welt der Menschen gelungen wäre. Für einen kurzen Augenblick war der Drang übermächtig, dem Geschöpf einen kräftigen Schlag mit zwei Fadenbündeln zu verpassen und es dorthin zurückzujagen, woher es gekommen war. Doch Duncan wusste, dass das nicht funktionieren würde. Der Widerstand des Magiestroms war so stark, dass die Gestalt einfach wieder hoch in die Luft geschleudert worden wäre.
    »Wer bist du?«, fragte er grollend.
    Das Geschöpf hob den Kopf, und voller Überraschung stellte Duncan fest, dass das Gesicht einer jungen Frau gehörte. Wäre sie ein normaler Mensch gewesen, hätte er sie als hübsch bezeichnet. Doch ihre Haut war leichengrau und von einem schwarzen Aderngeflecht durchzogen, ihre blutleeren Lippen umgab ein Zug von Grausamkeit, und in ihren tiefschwarzen Augen glomm der Wahn. Duncan wechselte in die Wahrsicht, die ihm zwei Befürchtungen bestätigte: Die Fadenaura der Dämonin – denn um was sonst konnte es sich handeln? – zeugte mit ihren züngelnd zuckenden Bewegungen von gefährlicher geistiger Unruhe, doch sie glühte gleichzeitig dermaßen hell, dass sie sogar das Strahlen von Wellingtons Aura übertraf, die seit seinem Bad in der Wahren Quelle ihrerseits wie ein Fanal loderte. Was zur Hölle bist du? , schoss es Duncan durch den Kopf.
    »Ich bin Tisiphone«, zischte die Dämonin. Ihre Stimme war rau, aber sie sprach zu Duncans Erstaunen eindeutig Englisch. »Wo bin ich, und wer sind Sie?«
    Langsam erhob sie sich auf die Beine, wobei sie die weiten Schwingen langsam öffnete und schloss, als versuche sie zu ergründen, wie man damit umgeht. Jetzt fiel Duncan auch auf, dass sie Überreste eines hellen Kleids am zerschundenen grauen Körper trug, und er erkannte den Schnitt als aktuelle Londoner Mode. Offenbar hatte er sich gründlich getäuscht. Er hatte kein Geschöpf aus der Sphäre der Magie vor sich. Es handelte sich um eine Menschenfrau, die eine unvorstellbare Reise hinter sich haben musste, im Laufe derer sie in diesen Racheengel verwandelt worden war. Die Wege der Magie sind unergründlich , hatte der verstorbene Erste Lordmagier Albert Dunholm gerne gesagt. In diesem Augenblick war Duncan Hyde-White ausnahmsweise absolut seiner Meinung.
    »Was ist?«, fauchte Tisiphone. Ihre Zähne waren spitz wie die eines Raubtiers, und auch in ihrem Blick lag ein Zorn, als wolle sie jeden Moment über Duncan herfallen, ganz ungeachtet der Tatsache, dass er viel größer und schwerer war als sie. Diese Wut gefiel ihm – aber sie machte ihn nicht blind für die Tatsache, dass hier eine unwägbare Größe auf der Bildfläche erschienen war, die ihren Plänen ebenso schaden wie nutzen konnte.
    Er senkte die Arme. »Nichts«, erwiderte er, wobei er sich Mühe gab, so gefährlich wie möglich zu wirken. Die Frau sollte nicht mal auf den Gedanken kommen, sich mit ihm anzulegen.
    »Dann beantworten Sie meine Fragen.«
    »Nein«, erwiderte Duncan kopfschüttelnd. »Aber ich kann Sie zu jemandem bringen, der Ihnen Antworten geben kann. Wenn Sie bereit sind, mir nach unten zu folgen.« Er deutete auf die Ruinenstadt am Fuße der Pyramide, wo die kleinen Gestalten der Fischwesen und der Ordensmagier umherliefen.
    Tisiphones Augen verengten sich misstrauisch, doch sie nickte. Ihr Blick glitt über seinen silbernen Leib. »Was ist mit Ihnen geschehen? Sie sehen grausig aus.«
    Danke, Sie auch , dachte Duncan. Laut sagte er: »Lange Geschichte. Sicher ebenso lang wie die Ihre. Und jetzt kommen Sie. Lord Wellington brennt sicher darauf, Sie kennenzulernen.«
    Natürlich hätte Wellington einfach an Bord der Nautilus bleiben können. Aber so sehr er auch darauf vertraute, das Tauchboot unter Kontrolle zu haben, blieb immer ein leichtes Unbehagen angesichts der Vorstellung, dass die Körper und Seelen von mehr als einem Dutzend Männern und Melissa Esperson in dem grauen Koloss aufgegangen waren, als Bennetts technisches Wunderwerk von der Macht der Wahren Quelle berührt wurde. Wann immer er alleine in seinem Arbeitszimmer saß

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