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Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Titel: Magierdämmerung 03 - In den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Morgen war, landete er nachher noch in einer Ausnüchterungszelle. Gitter vermochten Wovoka zwar nicht aufzuhalten, aber er würde dabei auf jeden Fall Zeit verlieren.
    Wovoka bedauerte, dass Questing bei dem Ritual zur Erschaffung des Quellschlosses in den Weiten der Magie verschwunden war. Seine Hilfe hätte er jetzt gut gebrauchen können. Der unstete Lebenswandel des blinden Magiers mochte ihm einen herausragenden Platz in den Kreisen der weißen Ostküstengesellschaft verwehrt haben. Trotzdem wäre es ihm deutlich leichtergefallen, in einer Stadt wie New York Kontakte zu knüpfen.
    Ich habe mich niemals für andere amerikanische Magier oder deren Zusammenschlüsse interessiert, ärgerte sich der Paiute-Seher nicht zum ersten Mal seit seiner gestrigen Ankunft. Der Kreis der Wächter, allen voran Questing, war ihm stets genug gewesen. Vielleicht hatte Wovoka sein letzter, schmerzlich fehlgeschlagener Versuch, Menschen zu führen, zum Einsiedler werden lassen. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass er in der Einsamkeit von Nevada keine andere magische Gesellschaft außer Haba und gelegentlich Questing benötigt hatte. Doch jetzt wäre es ausgesprochen hilfreich, auf die Unterstützung eines ansässigen Magierzirkels bauen zu können.
    Dass es in New York Magier gab, davon war Wovoka fest überzeugt. Eine Millionenstadt wie diese musste einfach magisch Begabte hervorbringen oder aber anziehen, und genau wie in europäischen Großstädten hatten sich diese Magier zweifellos auch hier in irgendeiner Form organisiert.
    Bedauerlicherweise neigten geheime Zirkel wie diese nicht dazu, auf der Straße Flugzettel zu verteilen, um Neuankömmlingen den Kontakt zu ermöglichen. Aber vielleicht finde ich sie, wenn ich den Spuren der Magie folge , dachte Wovoka. Wenn er es schaffte, auf das Dach eines hohen Bauwerks zu klettern, das ihm einen guten Überblick über die Stadt bot, entdeckte er vielleicht einen Ort, an dem sich Magie ballte. Und wo Magie ist, sind auch Magier …
    Auf Höhe der 23rd Street hatte er sich endlich zu diesem Entschluss durchgerungen, und er wandte sich an einen italienisch aussehenden Straßenhändler, um einen guten Aussichtspunkt zu erfragen.
    »Am Broadway, ganz unten im Süden, steht ein hohes Gebäude«, erklärte dieser ihm bereitwillig. »Über dreihundertfünfzig Fuß hoch. Gewaltiges Bauwerk. Größtes Gebäude von Welt, Signore. Sagt man, und ich glaube es.«
    »Vielen Dank, mein Freund«, erwiderte Wovoka, lüftete seinen Hut und setzte seinen Weg fort.
    Es dauerte beinahe eine Stunde, bis Wovoka sein Ziel erreichte. In dieser Stunde, in welcher der Paiute-Seher annähernd drei Meilen zurücklegte, wurde ihm erst bewusst, wie unglaublich groß New York wirklich war. Nicht nur die schier endlos von Norden nach Süden verlaufenden Straßen versetzten ihn in Erstaunen, auch die dicht an dicht stehenden Gebäude, allesamt mehrere Stockwerke hoch und eines imposanter als das nächste, nötigten ihm Ehrfurcht ab. Ein ganzer Stamm seines Volkes hätte in einem von ihnen Platz zum Wohnen gehabt. Und hier spazierte er im Verlauf einer Stunde an Dutzenden und Aberdutzenden vorbei. Wie konnten wir jemals glauben, dem weißen Mann die Stirn bieten zu können, ging es ihm durch den Kopf. Es sind so viele … so unglaublich viele …
    Auf dem Weg fiel Wovoka auf, dass die Straßen New Yorks auffällig prächtig geschmückt waren. Außerdem schien er bei Weitem nicht der einzige Besucher zu sein, der hier unterwegs war. Tatsächlich wirkte die Stadt wie in der Vorbereitung eines großen Volksfestes. Als der Paiute-Seher einen weiteren Straßenhändler darauf ansprach, erfuhr er auch, weshalb.
    »Was für eine Frage! Morgen wird der fünfundsiebzigste Geburtstag von General Grant gefeiert, Gott hab ihn selig«, erzählte ihm der Mann. »Sind Sie etwa nicht deswegen hier?«
    »Nein, eigentlich nicht«, gestand Wovoka. »Ich wusste nichts von irgendwelchen Feierlichkeiten.«
    »Dann danken Sie Ihrem Manitu, dass er Sie heute hierhergeführt hat«, grinste der Händler. »Das wird ein Riesenfest morgen, wenn sie das neue Mausoleum für die sterblichen Überreste des alten Mannes einweihen. Es gibt eine große Parade und Reden und noch viel mehr.«
    »Danke, aber ich werde morgen schon nicht mehr hier sein«, sagte Wovoka ernst, grüßte und ließ den vollkommen entgeistert wirkenden Mann stehen. Der Paiute ersparte sich den Hinweis, dass Manitu keineswegs der Gott aller Indianer war.
    Kurz darauf

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