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Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Titel: Magierdämmerung 03 - In den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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beide Diener von Männern wie jenen, die hinter ihnen in dem Versicherungsgebäude arbeiteten.
    Wie versprochen führte Washington Wovoka über mehrere Treppen bis hinauf zum Dach. Den steifen Versicherungsmitarbeitern, denen sie über den Weg liefen, machten sie mit stummer Unterwürfigkeit Platz und wurden dafür mit geflissentlicher Missachtung belohnt.
    »Hoch genug?«, wollte Washington wissen, als sie auf einen Balkon mit steinerner Balustrade traten, der sich auf halber Höhe des aus dem Gebäudedach aufragenden Türmchens befand.
    Aufgrund seiner Beobachtungen vom Boden aus wusste Wovoka, dass es direkt unter dem Fahnenmast an der Spitze des Bauwerks noch einen weiteren, schmalen Rundgang gab. »Könnten wir dort hinaufsteigen?«, bat er.
    Der Alte seufzte. »Wenn Sie es wünschen … Aber beschweren Sie sich nicht bei mir, Sir, wenn Sie hinunterfallen. Das Geländer ist ziemlich niedrig.«
    »Ich passe auf«, versprach Wovoka.
    Sie gingen zurück ins Innere, und Washington schloss eine weitere Tür auf, die zu einer engen Wendeltreppe führte. Kurz darauf später hatten sie die Spitze des Hochhauses erreicht, eine winzige Kammer, von der aus man hinaus auf einen kaum drei Fuß breiten Balkon gelangte, der Zugang zum Fahnenmast direkt über ihnen gewährte.
    Während Washington im Inneren wartete, trat Wovoka nach draußen. Seine Augen weiteten sich unwillkürlich, und er holte tief Luft. Der Anblick der erwachenden Millionenstadt hatte etwas Erhabenes. Er fühlte sich an die Aussicht erinnert, die er von der Spitze des El Capitan genossen hatte. Doch wo dort grüne Wälder und majestätische Berge das Auge des Betrachters verzauberten, erstreckte sich hier ein Meer aus Häusern, nur durchbrochen von den zwei blauen Flussbändern, die diesen Teil von New York einschlossen.
    Sicherheitshalber ergriff Wovoka das Geländer mit beiden Händen, dann glitt er in die Wahrsicht hinüber. Sofort verwandelte sich die weitläufige Stadtkulisse in ein tobendes Chaos wimmelnder Fäden. Auf den Straßen flimmerte unüberschaubares Durcheinander, die Dächer der hohen Häuser schienen regelrecht in gelben Flammen zu stehen und der Central Park war von einem Glühen erfüllt, als sei jeder einzelne Baum dort zu eigenem Bewusstsein erwacht. Überall funkelte und glitzerte es, und Wovoka fielen auf Anhieb sicher ein Dutzend Stellen auf, wo sich genug Magie gesammelt haben musste, um ein spürbares übernatürliches Phänomen hervorzubringen.
    Mit einem stummen Seufzen schloss er die Augen. Dem Unterfangen, auf diese Weise nach dem geheimen Treffpunkt der Magier von New York zu fahnden, würde ungefähr so viel Erfolg beschieden sein wie der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
    »Und, gefällt Ihnen, was Sie sehen?«, wollte Washington wissen.
    Wovoka wechselte in die Normalsicht zurück und setzte ein erzwungenes Lächeln auf. »Es ist unvergleichlich«, erwiderte er. »Es ist … « Der Paiute stockte. Sein Blick war auf eine Hafenanlage auf der anderen Seite des östlich von ihnen gelegenen Flusses gefallen. Dort lag ein langgestreckter grauer Stahlkoloss vor Anker. »Das ist es«, murmelte er.
    »Was ist was?«, fragte sein Begleiter.
    Der Seher deutete auf das in der Ferne vertäute Schiff. »Was ist das dort drüben ?«
    Washington lehnte sich hinaus auf den Balkon, um an ihm vorbeizuschauen. »Äh, das ist der Marinehafen in Brooklyn, Sir. Und das Schiff ist die USS Brooklyn . Sie werden ahnen, woher es seinen Namen hat. Wieso fragen Sie?«
    »Ich habe dieses Schiff gesucht. Ich sah es in meinen Träumen.« Zu spät erkannte Wovoka, dass er den zweiten Satz vielleicht besser nicht hätte sagen sollen. Andererseits war das jetzt auch nicht mehr wichtig.
    »In Ihren Träumen«, echote Washington. »Mhm. Ist das so eine Indianersache?«
    »Das ist es.« Wovoka legte seinem Begleiter die Hand auf die Schulter. »Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe.«
    Dieser zuckte ein wenig unbehaglich mit den Achseln. »Keine Ursache, Sir. Es freut mich, schon so früh am Tag ein glückliches Gesicht zu sehen.« Er wich Wovokas Blick aus.
    Der Paiute-Seher wurde ernst. »Sehen Sie mich an«, gebot er ruhig.
    Washington hob den Kopf. In den Augen des Alten zeigte sich die Sorge darüber, vielleicht doch dem falschen Mann Zugang zum Gebäude der Manhattan Life Insurance verschafft zu haben.
    »Haben Sie keine Angst«, fuhr Wovoka fort, und er legte all seine Überzeugungskraft in seine Stimme. »Ich bin keine verrückte Rothaut,

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