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Magische Insel

Titel: Magische Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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dickem Umhang, mit breitkrempigem Lederhut und schwarzem Schleier trat unmittelbar vor mir aus einer Tür und ging auf die Straße der Goldschmiede. Der starke Rosenduft verriet mir mehr über sie als die Krankheit in ihrem Innern, diese Unordnung, bei der sich mir der Magen umgedreht hatte, als Bostric und ich sie auf der Straße der Huren beobachtet hatten. Seitdem war sie mir auch bei einer Blumenverkäuferin auf dem Marktplatz und sogar bei einer Dame begegnet, die mit einem Minister verbandelt war.
    Angeblich vermochte ein hoher Chaos-Meister die Krankheit zu entfernen, aber der Preis war höher, als die meisten Frauen zahlen wollten.
    Ich schüttelte den Kopf und ging weiter.
    »Liebestränke … Liebestränke …«, zischte mir eine Alte aus den Schatten zu. Ihr Gesicht war schmal und zeigte Pockennarben auf den Wangen. Die Unordnung war schlimm, ich beschleunigte meine Schritte.
    T ENTERRA – N ATURHEILER . Eine grellrot bemalte Lampe schaukelte im Wind unter dem Schild. Die Tür war mit Eisen beschlagen und verschlossen – eine stumme Erklärung, dass Chaos aus Tenterras Haus verbannt war. Also musste dort Ordnung herrschen – aber war es auch so?
    »… Liebestränke …« Das Wort jagte mir auch jetzt noch kalte Schauder über den Rücken.
    Ich gelangte bald darauf ans andere Ende der Straße der Goldschmiede, die in einem Bogen zurück zur Hauptstraße führte. Wenn man in Fenard auf einer Straße in eine bestimmte Richtung ging, endete man oft ganz woanders.
    Wollte ich am Palastgarten vorbeigehen? Ich war nicht sicher. Das Hemd klebte mir am Leib. Die Sonne war durch ein Wolkenloch gebrochen.
    Zu beiden Seiten des Tors standen Wachen mit Hellebarden und Kurzschwertern. Sie blickten mir entgegen. Rechts von mir reckten sich die grün knospenden Zweige und Äste der Eichen und Ahornbäume über die Mauer. Auf der anderen Seite der Hauptstraße standen die prächtigen Häuser der Minister.
    »He, du! Was willst du hier?« Einer der Wachposten senkte drohend die Hellebarde.
    »Ich mache nur einen Spaziergang.«
    »Aber nicht hier!« erklärte er.
    Ich spürte das ungeheure Chaos, das ihn einhüllte. Dennoch war darunter ein winziger Kern zu erahnen. Es war, als hätte man ihm Unordnung übergestülpt, und er war zwar zu schwach, um Widerstand zu leisten, aber zu stark, um sich völlig zu ergeben.
    Ohne nachzudenken, stärkte ich seinen ehrlichen Kern der Ordnung, so dass er in der Lage wäre, das Chaos wegzuschieben. »Du hast recht, ich gehe schon.« Während ich von dannen schlenderte, spürte ich die Verwirrung, die in ihm tobte.
    Das Geräusch meiner Absätze auf den polierten Steinen der Straße vor den Häusern der Minister hallte laut in meinen Ohren wider.
    »Wer war das?« fragte der zweite Wachposten leise.
    Hinter mir wurde Hufschlag laut. Ich trat in den Schatten eines Hauses und blickte zurück. Eine Abteilung Kavallerie ritt heran.
    Der Standartenträger war jünger als ich. Er ritt mit gleichgültiger Miene auf einem kastanienbraunen Pferd an mir vorbei, in eine Wolke aus Chaos und Unordnung gehüllt, die durch die Bewaffneten hinter ihm verstärkt wurde.
    Ich lehnte mich an die Hausmauer und sammelte meine völlig verwirrten Sinne. Ich vermochte es kaum zu fassen, welche Masse an Chaos-Energie von dieser Schar ausging. Ich staunte und musste kämpfen, um mich nicht zu übergeben.
    Antonin und Sephya – dies musste ihr Werk sein.
    Den Grund kannte ich nicht, aber ich war sicher, dass Antonin die Hand im Spiel hatte, so als hätte er der Stadt seinen Stempel aufgedrückt, wie Onkel Sardit sein Zunftzeichen auf eine Truhe prägte.
    Nachdem die Pferde vorübergeritten waren, kehrte ich zurück zu Destrins Haus. Hatte ich unklug gehandelt, als ich dem Wachsoldaten beim Kampf gegen das ungewollte Chaos geholfen hatte? Würde ich das noch einmal tun? Hatte ich tatsächlich eine Wahl gehabt?
    In diesem Moment versteckte sich die Sonne wieder hinter den Wolken, und alles wurde grau.

 
LI
     
    M uster – überall gibt es Muster. So stand es im Buch, und darauf hatten mich alle hinweisen wollen. Indem einige Meister in Recluce Eiskristalle schufen, die so klein waren, dass man sie nicht sehen konnte, hatten sie die Klimaveränderung herbeigeführt, die das Herzogtum Freistadt so hart getroffen hatte.
    Auch Menschen schufen Muster. Nachdem ich Destrins Geselle geworden war, veränderte meine Gegenwart die Muster in Fenard. Wie stark hatte die Ordnung, die ich hinzugefügt hatte, die Dinge

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