Magische Insel
verändert …? Wer konnte das wissen?
Ehe ich auf Gairloch zur Sägemühle ritt, um mir die schwarze Eiche für die Stühle anzuschauen, ging ich über den Marktplatz, kaufte mir ein Rosinenbrot und grüßte jeden, den ich kannte – oder zu kennen glaubte. Dabei hielt ich wie immer die Ohren offen.
Die Wolken hoch droben waren grau, dennoch war es schwül. Schweiß tropfte mir von der Stirn. Der kurze späte Frühling ging in den Sommer über.
Der Markt sah wie immer aus: viele kleine Buden und Karren, Waren auch auf den grauen Granitplatten. Am Ende des Tages musste alles weggeräumt werden, wenn die Reinigungsmänner mit den Besen und Abfallkarren kamen.
Der Präfekt war sehr klug, ebenso seine Ratgeber. Es kostete einen halben Silberling, auf dem Markt eine Bude zu haben, und einen Pfennig, wenn man die Waren auf dem Rücken tragen konnte. Aus diesem Grund stand an jeder Straße, die vom Platz wegführte, ein Aufpasser in Lederweste, einen Stock in der Hand. Manche kleideten sich aber auch als Händler oder Schaulustige. Wenn man die Waren nicht in einer einzigen Bude unterbrachte, musste man einen festen Laden finden oder sie an jemanden verkaufen, der einen solchen besaß.
Alles in allem ging es anständig zu. Diebstahl war selten. Der Präfekt erhielt mühelos Abgaben und Informationen, da sein offener Markt einer der wenigen in Ost-Candar war, auf dem Bestechung selten war. Angeblich waren die Märkte des Autarchen besser, aber die Grenzposten des Präfekten beschlagnahmten sämtliche Waren, die ohne seine Erlaubnis von Süden kamen.
Ich zögerte, als ich mich dem Brunnen näherte.
»… hast du die goldene Kutsche gesehen?«
»… durchs Westtor, vielleicht von den Westhörnern her«, sagte Mathilde, die dicke Blumenverkäuferin, deren Blumen sich selten länger als zwei Tage hielten.
Menschen mit Chaos im Blut sollten nicht mit lebendigen Dingen hantieren, scheinen aber Pflanzen und Tiere zu mögen und genießen Klatsch. Sie quoll schier aus ihrer langen Tunika und der dunkelroten Pumphose heraus.
»Wahrscheinlich jemand aus dem Gefolge des Präfekten«, meinte ich.
»Niemals. Die Kutsche hatte ein blutrotes Banner und war mit zwei bewaffneten Wächtern bestückt. Der Präfekt gestattet keine Bewaffneten zu Pferd innerhalb der Stadttore, abgesehen von seinen eigenen.«
»Vielleicht haben sie vergessen …«
»Junger Mann, willst du mich auf den Arm nehmen?«
Ich grinste die Blumenverkäuferin an. »Ich hatte nur Mitleid mit den armen Wächtern, die ihren Herrn durch das ganze Land begleiten müssen.«
»Arme Wachen … vergiss es! Die Kutsche war ein Vermögen wert, und die Wallache, auf denen sie ritten, waren prächtig und glichen einander wie ein Ei dem anderen. In der Kutsche habe ich eine verschleierte Frau gesehen, wie man sie in Hamor nur an die reichsten Landbesitzer verkauft. Auffällig war, dass die Kutsche nur aus Holz und Leder gemacht war, ohne eine Spur Eisen …«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ach, wahrscheinlich irgendein Chaos-Magier unterwegs, um dem neuen Herzog von Freistadt zu helfen. Alle, die ein Vermögen machen wollen, reiten dorthin. Er hat wohl dem Präfekten seine Aufwartung gemacht.«
»Wieder falsch!« Mathilde kicherte. »Die Kutsche steht noch in der Remise des Palasts.«
»Wozu braucht der Präfekt einen Chaos-Magier?« fragte die Alte, die mit Töpfen handelte und diese auf den Rand des Brunnens stellte, der seit meiner Ankunft in Fenard trocken war.
»Angeblich soll Kyphrien …« , flüsterte Mathilde.
Kyphrien? Ich nahm einen Topf in die Hand. »Kyphrien? Der Autarch?«
»Warum nicht?« meinte Mathilde. »Der Präfekt und der Autarch sind nicht gerade Freunde.«
Ich nickte und stellte den Topf ab. Ich war sicher, dass der zerlumpte Mann, der ebenfalls die Töpfe begutachtete, ein Spion des Präfekten und sehr mit Chaos behaftet war. »Glaubst du, der Präfekt plant etwas?«
Mathilde hatte den Mann in den Lumpen, die allzu sauber wirkten, ebenfalls entdeckt und meinte: »Wer weiß schon, was ein Herrscher plant? Ich verkaufe nur Blumen – wie du dein Holz.«
Ich blickte auf die Blumen und meinte mit gespieltem Bedauern: »Ich würde gern Blumen kaufen, aber jetzt muss ich zur Mühle.«
»Unterstützt du immer noch den heruntergekommenen Schreiner? Warum eröffnest du nicht dein eigenes Geschäft?«
»Ich habe Destrin viel zu verdanken. Eines Tages …«
»Oh … es ist das Töchterlein mit den goldenen Haaren … du willst alles, du bist ein
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