Magische Insel
Kleinigkeit. Niemand hat unseren Freund gesehen. Gehört das dir?« Sie hielt mein Messer hoch.
Ich nickte.
»Der unsichtbare Magier, der den Weißen Magier besiegte, zerschnitt die Fesseln meines Leutnants und überließ ihr das Messer, damit sie die Kameradin befreien konnte. Sie sah den Angriff nicht, hörte aber, wie der Weiße Magier schrie, den unsichtbaren unbewaffneten Mann zu ergreifen. Sie sah auch, wie Feuerstöße auf etwas trafen, bis einer unmittelbar vor dem Magier explodierte. Unser Freund hier erschien einen Augenblick lang. Er saß auf einem Bergpferd.«
Sie reichte mir das Messer. Ich steckte es in die leere Scheide.
»Davon hast du mir nichts erzählt«, sagte Krystal.
Ich errötete. »Es kam mir ziemlich einfältig vor. Ich wollte nie einen Weißen Magier angreifen. Es war Zufall.«
»Und was willst du als nächstes tun?«
»Ich muss Antonin finden. Mir bleibt keine andere Wahl.«
»Den großen Weißen Magier?«
»Ja.«
Ferrel sah den Autarchen an, und diese blickte zu Krystal. Danach ließen sie mich in Ruhe essen und unterhielten sich.
»War Lerris immer so bescheiden?« fragte Ferrel.
»Er war nie ein Angeber, aber jetzt ist er noch stiller geworden«, antwortete Krystal.
»Ich verstehe Recluce noch immer nicht«, sagte die Finanzministerin.
»Vielleicht kann Krystal deine Frage beantworten. Wir sollten den Ordnungs-Meister essen lassen«, erklärte Kasee.
»Recluce wird von der Bruderschaft regiert. Das sind Schwarze Ordnungs-Meister. Recluce hat stets Chaos in sämtlichen Ländern außerhalb Recluces herrschen lassen, solange es nicht eine Bedrohung für Recluce darstellte. Wenn sie von jemandem glauben, er könnte Unordnung schaffen, muss er das Land verlassen oder sich der Prüfung der Verbannung unterwerfen, um zu beweisen, dass er sich ganz und gar für die Ordnung in Recluce entschieden hat.«
»Jeder? Aber die Kinder der Mächtigen …?« fragte die Finanzministerin.
Krystal und ich blickten uns an.
»Nein«, erklärte Krystal. »Alle stehen unverbrüchlich zu diesem Glauben. Ich kenne einen Fall, in dem der Sohn eines der höchsten Mitglieder der Bruderschaft früher in die Verbannung geschickt wurde als jedes andere Kind. Vielleicht um zu beweisen, dass niemand über dem Gesetz steht.«
Liessa beobachtete mich vom anderen Ende des Tisches aus und nickte unmerklich.
Verdammt, ganz Kyphros würde meine Geschichte kennen, ehe ich die Stadt verließ. Und ich vermochte nichts dagegen zu tun.
Nach dem Essen brachte man kleine Becher mit heißem würzigen Cidre, dazu Honiggebäck mit Nußfüllung. Alles schmeckte köstlich.
Ich musste mich ordentlich zusammennehmen, um die letzten Reste des Honigs nicht mit Hilfe der Finger vom Teller zu lecken. Ich wollte Krystal keine Schande machen, aber ich hatte nicht viele Süßigkeiten gegessen, seitdem ich von zu Hause weg war, und ich wusste gar nicht, wie sehr ich sie vermisst hatte.
»… wirst du länger bleiben?«
Den ersten Teil von Minister Zeibers Frage hatte ich nicht mitbekommen, aber die Absicht war klar.
»Nein.«
»Und was hast du vor?«
Ich zuckte die Schultern. »Das tun, was getan werden muss.«
»Das ist ein ziemlich ehrgeiziges Vorhaben. Aber auch ziemlich undeutlich ausgedrückt.«
»Ja, das ist es«, stimmte ich eifrig zu; zunehmend ahnte ich die böse Absicht, die hinter seinen Äußerungen steckte.
Krystals Gesicht blieb unbewegt, doch ich wusste, wie es hinter der Fassade aussah.
»Ich schlage vor, wir begeben uns jetzt zur Ruhe«, erklärte Kasee der Autarch. Sie stand auf. »Krystal, ich danke dir, dass du den Ordnungs-Meister mit uns geteilt hast. Lerris, wir wissen zu schätzen, dass du uns alles so bereitwillig erklärtest.« Der Autarch nickte der Wachkommandantin zu.
»Danke, Ordnungs-Meister«, fügte Ferrel hinzu. »Besonders für die Befreiung beim ›zufälligen‹ Angriff auf den Magier. Ich habe mich gefreut, dir das Messer zurückgeben zu können.«
»Ich weiß die Freundlichkeit zu schätzen und danke für mein Messer.«
Ferrel nickte und folgte dem Autarchen hinaus. Wir verließen gleich nach ihnen das Esszimmer; draußen in der großen eichengetäfelten Eingangshalle bogen der Autarch und Ferrel nach rechts ab. Ich folgte Krystal nach links den nur schwach beleuchteten Gang entlang, unsere Schritten hallten in der lautlosen Nacht.
Ich ging mit Krystal zurück in ihre Gemächer, wo der getreue Herreid wartete.
»Das ist alles für heute, Herreid.«
Er musterte mich, dann
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