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Magische Insel

Titel: Magische Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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du. Ihm hat das Kichern nicht viel ausgemacht.«
    »Tut mir leid.« Daran hatte ich nicht gedacht. Ich war jung. Was wäre, wenn Koldar oder Corso für die Gefahrenbrigade ausgewählt worden wären? Krystal hatte mir erklärt, dass die Brüder sie von ihrem Ehemann oder Geliebten einfach weggeholt hatten. »Tut mir wirklich leid.«
    »Schon gut. Es war eine gute Entschuldigung, damit ich weggehen konnte. Er wird glücklicher ohne mich sein. Ich bin es auch.«
    »Einfach weggegangen?« Ich konnte mir nicht vorstellen, dass meine Mutter meinen Vater je hätte verlassen können.
    »Du schaust meine Haare an. Du schaust meine Brüste an. Alle Männer tun das. Deine Blicke sind wenigstens ehrlich.« Sie sprach ganz leise, beinahe flüsternd.
    »Stimmt«, gab ich zu.
    Sie wechselte die Stellung und saß beinahe neben mir. »Stellst du dir vor, wie ich mich anfühle?«
    In der Tat überlegte ich mir gerade, wie es wohl wäre, sie in den Armen zu halten und zu berühren. Aber das meinte sie nicht. »Anfangs nicht.«
    »Ach, Lerris …«
    Wir saßen stumm da, während sich die Dunkelheit auf Nylan legte.
    »Nimmst du mich nur einmal in den Arm?« Ihre Stimme klang wie die eines Kindes.
    Ich nahm sie in den Arm, aber mehr tat ich nicht. Dabei stellte ich mir durchaus mehr vor – vor allem später, nachts, allein im Bett.

 
XI
     
    N achdem wir schon eine Zeitlang Unterricht von Talryn, Magister Cassius und Magistra Trehonna – der Dame, die mit einem Blick selbst mich verstummen ließ – genossen hatten, marschierte Talryn eines Morgens mit uns durch einen langen, hell erleuchteten Tunnel, der in einen teilweise unterirdischen großen Raum führte.
    Durch die Oberfenster fiel genügend Licht herein. Im Gegensatz zu den Unterrichtsräumen waren die Wände hier hell wie geschälte Mandeln. Der Fußboden wirkte seltsam, weder Holz noch Stein, sondern ein elastisches grünliches Material.
    Diesen Belag gab es auch in der Turnhalle, wo Dilton uns schliff, damit wir uns körperlich ertüchtigten. Ich hatte versucht, ein Stück davon abzureißen, doch vergeblich, obwohl ich es zwischen den Fingern auf Daumenbreite zusammendrücken konnte und die Arbeit mit Holz mir Kraft in den Fingern verliehen hatte. Unter Dilton kräftigten sich auch zwangsweise meine Beinmuskeln durch Laufen und Strecken.
    Das schönste bei den Körperübungen war das Beobachten von Tamra und Krystal. Allerdings wagte ich beiden lediglich zuzuschauen. Manchmal setzte sich Krystal neben mich oder bat mich um eine Umarmung, doch sie wollte eindeutig nur eine brüderliche – oder eine väterliche – Geste. Und so blieb es auch, ganz gleich, was mein Körper verlangte.
    Warum? Weil ich genau spürte, dass es tief in ihrem Innern etwas gab, das ich nicht berühren durfte. Was? Wie bei vielen anderen Gelegenheiten, konnte ich es nicht benennen, sondern nur die Gefahr spüren. So war es bei Tamra und bei Candar. Sobald ich nur eine Landkarte von Candar sah, lief es mir eiskalt über den Rücken.
    Meine Grübeleien hörten auf, als ich Tamra lächeln sah. Immer noch trug sie Dunkelgrau, heute mit einem blauen Tuch. Niemand hatte über ihre Kleidung eine Bemerkung gemacht. Aber Talryn hatte über meine dunkelbraunen Sachen auch nie ein Wort verloren.
    An der Wand gegenüber der Tür standen fünf große Regale mit allen möglichen Gegenständen, darunter auch Schwertern und Dolchen, jeweils einem halben Dutzend.
    »Kandidaten …« Talryn räusperte sich. Er räusperte sich immer, nachdem er unsere Aufmerksamkeit erlangt hatte. »Das ist Gilberto.«
    Gilberto war nicht groß. Ich bin mit fast vier Ellen nur wenig größer als der Durchschnitt. Gilberto war fast einen Kopf kleiner als ich – ungefähr so groß wie Tamra. Er trug eine schwarze Hose und eine schwarze Lederweste über einem schwarzen Hemd und schwarze Stiefel. Mit dem schwarzen Haar und der blassen Haut sah er wie ein Henker aus.
    »Das ist Gilberto«, wiederholte Talryn. »Die Welt außerhalb Recluces brüstet sich mit einem riesigen Waffenarsenal. Gilberto wird versuchen, euch mit den gebräuchlichsten vertraut zu machen und euch mit einer oder zwei Waffenarten zu schulen. Vorausgesetzt, ihr seid bereit zu lernen.«
    Gilberto lächelte schief, als wolle er sich entschuldigen. Dieses Lächeln machte aus dem Henker einen Hofnarren mit traurigem Gesicht.
    Tamra musterte ihn von der Seite. Ich lächelte den Mann einfach an. Er sah komisch aus. Manche der Bruderschaft mochten langweilig oder seltsam

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