Magische Insel

auf.
    Ohne ein weiteres Wort marschierte Isolde mit uns zum Hafen. Auf einem leeren Platz bot nur ein Kuchenhändler seine Waren feil, und ein Seemann aus irgendeinem fremden Land schlief auf einem Tisch.
    Die Eidolon, ein Raddampfer, lag an Pier Eins, die dem Meer am nächsten war. Der Fockmast war voll rahgetakelt, der hintere Großmast jedoch führte Schratsegel. Zwischen den beiden Masten befand sich auf jeder Seite ein Schaufelrad. Ein schwarzer Schornstein mit einem diagonalen grünen Streifen erhob sich ebenfalls zwischen den Masten. Die Segel waren aufgerollt.
    »Hallo, Eidolon!« rief Isolde.
    »Hallo!« Ein großer blonder Mann winkte.
    Isolde stieg entschlossen die steile Gangway hinauf. Wir folgten ihr.
    Ich blieb unmittelbar hinter ihr. Warten war auch keine Lösung.
    »Stellt euch dorthin!« befahl Isolde und deutete auf eine freie Stelle an Deck. Rechts davon wartete der Offizier.
    Ich folgte ihrer Anweisung und stellte mich an die Reling. Von hier aus sah ich den Marktplatz von Nylan. Die meisten Buden und Tische waren verlassen.
    »… acht Passagiere, wie mit Kapitän Heroulk abgesprochen …« Isolde klärte sofort alles mit dem Wachoffizier, einem Mann mit kurzem blonden Bart und einem ärmellosen Hemd. Seine muskulösen Arme waren sonnengebräunt.
    Als ich an der Reling stand, stieg mir ein merkwürdiger Geruch in die Nase: ein Gemisch aus Salz, Seife und Firnis. Das Deck wirkte sauber. Aufgerollte Taue lagen unten bei den Masten. Ich strich mit den Fingern über die Reling. Sie war etwas klebrig und glänzte. Wahrscheinlich war sie erst vor kurzem frisch lackiert worden.
    Zwei Seeleute hörten mit der Arbeit am Ankerspill auf, um die Gruppe zu beäugen, die an Bord gekommen war.
    »Hexen, lauter Hexen …«, meinte der ältere Mann. Er war drahtig und hatte graumeliertes Haar.
    Sein Hammer schlug gegen die Winde.
    »Das Schiff ist klein, scheint aber sauber zu sein«, meinte Myrten und stellte sich neben mich.
    »Klein?«
    »Hast du die hamorischen Frachter nicht gesehen? Einige davon sind beinahe dreihundert Ellen lang.«
    Ich zuckte mit den Schultern. Darüber hatte ich mir noch nie Gedanken gemacht.
    »Gut, dass die Reise nur anderthalb Tage dauert. Ich führe nicht gern bis Hamor auf diesem Pott. Das wären fast zwei Achttage.«
    Tamra stand allein an der Reling in Richtung Bug. Ich ging zu ihr. Sie sagte nichts, sondern schaute nur auf die schwarze Mauer über dem Hafen. Ich erinnerte mich, wie ich mich beim ersten Anblick dieser Mauer gefragt hatte, wie es möglich war, dass sie auf der Landseite so niedrig und vom Wasser aus so mächtig aussah.
    »Geht’s dir gut?« fragte ich leise.
    »Spielt das eine Rolle?« Sie klang müde.
    »Ja.«
    »Warum?«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. »Weil …«
    Sie schwieg und schaute unverwandt auf die Hafenmauer und die Mauer am Hügel.
    Nach einer Weile ging ich wieder. Offensichtlich wollte sie allein sein.
    »Oh … Entschuldigung.« Ich war mit Wrynn zusammengestoßen.
    »Nichts passiert. Du bist’s ja nur, Lerris …«
    Ich dachte, sie scherze nur, erhob jedoch die rechte Hand. In der linken hielt ich den Stab. »Tut mir leid.«
    »Entschuldigung angenommen«, sagte Krystal mit freundlichem Lächeln. Sie kicherte nicht.
    »Nun denn!« rief Isolde. »Wir müssen unser Gepäck verstauen. Folgt mir.«
    Wrynn, Krystal und ich folgten Isolde und einem anderen Offizier – die Offiziere waren größer als die Seeleute und hatten gelbe Kragen an den ärmellosen Hemden – nach hinten und dann eine schmale Holztreppe hinunter. Die Seeleute nannten sie Niedergang.
    »Ich teile die Kabine mit Sammel, Lerris und Myrten«, erklärte Isolde. »Wir nehmen die erste Kabine.«
    Myrten und Dorthae blickten enttäuscht drein. Mir kam es vor, als nickten Wrynn und Krystal, aber in dem schwach erleuchteten Gang konnte ich es nicht genau sehen.
    Die Kabine war nicht sehr groß. Auf jeder Seite waren zwei übereinander liegende Kojen eingebaut. Auf jeder lagen eine dünne Matratze mit einem verblichenen Laken und einer zusammengefalteten braunen Decke. Der Gang zwischen den Kojen war knapp drei Ellen breit. Gegenüber der Tür befand sich ein Bullauge.
    Unter den unteren Kojen entdeckte ich je zwei Spinde.
    Isolde warf ihren Tornister auf die obere Koje rechts. »Lerris, du bist am beweglichsten. Warum nimmst du nicht die andere obere Koje?«
    Da es eigentlich keine Frage war, legte ich meinen Tornister auf die andere obere Koje.
    »Eure Sachen könnt ihr in