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Magische Insel

Titel: Magische Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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sonnige Morgen schnell verstrich. Und so war es. Wenn ich morgen Abend in Nylan sein sollte …
    Dann kam mir ein weiterer Gedanke. »Wann morgen?«
    »Gegen Mittag. Allerdings bin ich überzeugt, dass niemand Anstoß nähme, wenn du ein bisschen später kämst.« Ihr Lächeln war so freundlich wie immer. Die Sonne hinter ihrem sandfarbenen Haar ließ sie mir fremdartig erscheinen … Ich wusste nicht genau, wie, aber Tante Elisabet schien mehr zu sein, als ich bisher geglaubt hatte. Warum, vermochte ich nicht zu sagen, ebenso wenig wie ich sagen konnte, warum Schreinern und Schnitzen mich so unglaublich langweilten.
    Ich schluckte. »Dann muss ich morgen bei Tagesanbruch aufstehen. Ich fange lieber gleich an zu packen, denn ich will bald aufbrechen.«
    Sie nickte. »Ich habe für deine Eltern ein paar Blätterteigtaschen gebacken, die du mitnehmen kannst. Außerdem findest du in deiner Kammer Stiefel, ein neues Hemd, eine ordentliche Hose und einen Umhang.«
    Ich schluckte nochmals. An Stiefel hatte ich nicht gedacht, da meine robuste Lehrlingskleidung für jeden Marsch geeignet war.
    »Danke …« Ich blickte zu Boden. »Ich muss mich noch von Onkel Sardit verabschieden.«
    »Er ist in der Werkstatt.«
    In meiner Kammer sah ich, dass meine Sachen in ein Bündel gepackt waren. Außer den Stiefeln und der Kleidung lehnte noch ein Wanderstab an der Wand, der aus schwerster, glattester und schwärzester Esche gefertigt war. Der Stab war beinahe schmucklos und keineswegs auffällig, doch stammte er eindeutig von Onkel Sardits Hand. Wahrscheinlich hatte er monatelang allein mit der Vorbereitung zugebracht. Den Stab geschnitten, gelagert, in einem Eisenbad gehärtet und schließlich geglättet. Die Enden waren in schwarzen Stahl gefasst. Die Bänder waren so tadellos eingepasst, dass man sie gegen das dunkle Holz kaum wahrnahm.
    Ich nahm den Stab in die Hand. Er fühlte sich gut an und entsprach genau meiner Größe.
    Dann schaute ich mich nach dem alten Leinwandbeutel um, in dem ich meine alten Sachen hergebracht hatte. Allerdings war nach zwei Jahren, während ich gewachsen war und beim Schreinern einiges an Muskeln zugelegt hatte, nicht mehr viel davon zu gebrauchen. Es stimmt nicht, wenn jemand behauptet, maßgerechte Schreinerarbeit sei nicht so schwer wie die Arbeit eines Zimmermanns. Ein Schreiner arbeitet schwerer, und da er keine Fehler machen darf – jedenfalls nicht, wenn er für jemanden wie Onkel Sardit arbeitet –, muss er viel mehr denken.
    Dann lag da noch ein Tornister. Er war nicht auffällig, nicht einmal aus geprägtem Leder, sondern aus Stoff. Dieser war so eng gewoben und so dicht, wie ich es noch nie gesehen hatte. Seine Farbe war ein stumpfes Braun, aber er war in irgendeine Lösung getaucht, die ihn wasserdicht machte. Ich fragte mich, ob Tante Elisabet und Onkel Sardit wegen ihrer Entscheidung, dass ich zum Schreiner nicht geeignet sei, ein schlechtes Gewissen hatten. Der Stab und der Tornister waren großartige Geschenke, und auch die dunkelbraune Hose und der ebenfalls braune Umhang waren von hervorragender Qualität.
    Das war aber noch nicht alles. Im Tornister fand ich eine kleine Börse. Daran hing eine Nachricht.
    ›Hier ist dein Lehrlingslohn. Versuch ihn nicht auszugeben, bis du Recluce verlassen hast.‹ Ich zählte zwanzig Kupferpfennige, zwanzig Silberlinge und zehn Goldstücke. Eine nahezu unglaubliche Summe. Aber ich würde sie nicht ablehnen, da ich keine Ahnung hatte, was die Zukunft bringen würde.
    Ich nahm wieder den Stab in die Hand und strich über die Maserung. Ich betrachtete ihn eingehend, um herauszufinden, wie die Stahlkappen an den Enden so genau eingepasst worden waren, dass man sie kaum zu sehen vermochte.
    Zumindest wollten Onkel und Tante – oder meine Eltern – mich so gut ausgerüstet wie möglich hinausschicken. Ich erinnerte mich an Magister Kerwins trockene Ausführungen, dass Gefahrenbrigadiere nur so viele Münzen besitzen durften, wie sie bequem bei sich tragen konnten, ferner Kleidung zum Wechseln, Stiefel, einen Stab, einen Tornister und ein wenig Proviant.
    Wenn man nach einem Jahr – oder mehreren Jahren – zurückkehrte – falls die Meister es gestatteten –, durfte man selbstverständlich eine ganze Schiffsladung mitbringen, vorausgesetzt, dass nichts gestohlen oder unehrlich erworben war. Die Meister ließen einen natürlich nicht zurückkehren, wenn man zum Dieb geworden war.
    Ich schüttelte den Kopf und legte den Stab nieder. Dann

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