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Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert

Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert

Titel: Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Henkel
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Stumme zogen wieder ab und Gloria versuchte, die Situation mit einem ihrer Witze aufzulockern. »Sagt die Null zur Acht: schicker Gürtel!«
    Keiner lachte. Erstens kannten wir den längst. Zweitens legte Suse gerade den linken Zeigefinger quer über den rechten. T. Toilette. Reden. Sofort . Mit eingezogenem Kopf trottete ich hinter ihr her.
    Kaum fiel die Tür hinter uns zu, da beugte Suse sich nach unten und linste in die Toilettenkabinen. Leider waren wir allein – ich kam um ein Gespräch also nicht herum. Dabei tat mir jetzt schon alles furchtbar leid. Nicht dass ich vorhatte, das zuzugeben – irgendetwas war nämlich gehörig faul an Marli und den zwei Eintrittskarten. Suse richtete sich auf und guckte mich wütend an. »Was sollte das?«, legte sie los. »Kannst du mir das mal erklären? Was zum Geier ist in dich gefahren?«
    »Jetzt mach doch nicht so eine große Sache draus…«
    »Ich? Wer macht denn hier eine große Sache draus? Du! Stellst dich vor allen Leuten hin und behauptest, Marli hätte was geklaut. Ich fass es nicht!«
    »So hab ich das nicht gesagt.« Ich wand mich ein bisschen, sah ihr aber trotzdem, so fest es ging, in die Augen.
    »Ich verrate dir jetzt mal was.« Suse trat einen Schritt auf mich zu und ich musste das Kinn ziemlich weit heben, um ihr in die Augen sehen zu können. Selten hatte es mich mehr genervt, so viel kleiner zu sein als sie. »Ich habe Kristen und die Stumme vor dem Konzert gesehen. Die waren ganz vorn in der Schlange und Marli und ich ganz hinten. Sie war die ganze Zeit direkt neben mir! Wie, bitte schön, soll sie ihr da die Eintrittskarten geklaut haben? «
    »Schrei mich nicht an!«
    »Ich schrei dich nicht an«, schrie sie und atmete dann tief durch. Sie hat schließlich denselben Opa wie ich und kennt sich mit Atemtechniken aus. »Wie kommst du überhaupt auf so was?«, fragte sie deutlich leiser.
    Das wusste ich jetzt auch nicht mehr so genau. »Sie ist komisch, da kannst du sagen, was du willst. Die totale Angeberin. ›Ich bin ja so krass drauf, ich komme direkt aus der Hölle!‹«
    »Hell’s Kitchen ist ein Stadtteil von New York und hat mit Hölle nichts zu tun, wie oft muss ich dir das noch sagen?«
    »Irgendwas stimmt nicht mit ihr, dabei bleibe ich. Ich habe keine Ahnung, was, aber ich komme schon noch dahinter!«
    »Nur weil du es nicht ertragen kannst, dass ich eine neue Freundin habe und…«
    Okay, bis zu diesem Moment war ich eher zerknirscht gewesen, aber jetzt spürte ich, wie meine Wangen rot wurden vor Zorn. »Eine neue Freundin? Bitte schön. Ist mir doch so was von egal.«
    »Dann halt dich künftig raus.« Sie stierte mir in die Augen.
    »Werde ich auch. Du kriegst ja sowieso nix mehr mit, so toll findest du sie. Machst ihr alles nach. Freerunning! Dass ich nicht lache. Und das hier, dieses alberne… Teil!« Ich zeigte auf ihren Ringfinger mit dem weißen Tapeband. »Dass du dir nicht blöd vorkommst. Was soll das? Findest du das etwa cool?«
    »Du hast doch keine Ahnung. Damit klebt man Schmuck ab, um nirgends hängen zu bleiben. Das machen Fußballer auch.«
    »Und, hast du Angst, dass du an der Klobürste hängen bleibst?«
    Sie sah mich nur an. »Was ist mit dir los, dass du auf einmal ständig so rumzickst?«, fragte sie.
    »Und seit wann stellst du ständig so blöde Fragen?«, schoss ich zurück.
    Daraufhin glotzten wir uns bestimmt eine halbe Minute lang an. Ich hätte ihr als Friedensangebot meine Hand auf die Schulter legen sollen, aber dazu war ich viel zu sauer. In diesem Horoskop, das Kristen für mich erstellt hat, stand auch, dass Löwe-Mädchen zwar gern rummeckern, mit Kritik aber nicht umgehen können. Leider ist da was dran. Zumindest war ich hier und jetzt auf der Toilette nicht in der Lage, Suse etwas Versöhnliches zu sagen.
    »Dann ist ja alles klar«, zischte sie.
    »Aber so was von klar!«
    Suse stiefelte davon und knallte die Tür so laut zu, dass ich befürchtete, die Fensterscheiben würden zerspringen. Dann war ich allein in der Toilette. Ich zitterte vor Wut, beugte mich über das Waschbecken und spritzte mir Wasser ins Gesicht. So konnte ich mir wenigstens vormachen, dass ich wegen ihr keine Träne vergoss.
    Notiz an mich selbst (Achtung, heute pädagogisch besonders wertvoll!): Ich bin der einzige Mensch, den ich niemals verlieren werde. Also bin ich am besten sehr nett zu mir selbst.

12. Kapitel
    Als es nach der sechsten Stunde klingelte, wartete Suse zum allerersten Mal in ihrem Leben nicht auf mich. Sie

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