Magisches Erbe
gebeten. Adrian wird über mich hinwegkommen.«
»Willst du wirklich, dass er über dich hinwegkommt?«, fragte sie.
»Was? Wie kannst du so etwas überhaupt fragen?«
Sie antwortete nicht und rührte stattdessen demonstrativ in ihrem Kartoffelbrei herum. Als mir klar wurde, dass sie nicht weiter darüber sprechen wollte, schüttelte ich den Kopf und ging zum Ausgang. Die ganze Zeit über spürte ich ihren Blick im Rücken, während mir diese Frage im Kopf widerhallte: Willst du wirklich, dass er über dich hinwegkommt?
Kapitel 9
Wie Jill gesagt hatte, freute sich Adrian sehr, an diesem Nachmittag mit unserer Jagd zu beginnen. Als ich ihn endlich zu fassen bekam, bot er sogar an, mich nach Schulschluss abzuholen, um keine Zeit zu verschwenden. Ich hatte nichts dagegen, da ich dadurch in dem Mustang fahren konnte. Zugegeben, ich hätte ihn lieber selbst gefahren, aber ich würde nehmen, was ich kriegen konnte.
»Wann bekommt der Wagen einen Namen?«, fragte ich, sobald wir unterwegs nach Los Angeles waren.
»Das ist doch ein lebloses Objekt«, wandte er ein. »Nur Menschen und Haustiere haben Namen.«
Ich klopfte leicht auf das Armaturenbrett des Mustang. »Hör nicht auf ihn.« An Adrian gewandt sagte ich: »Boote kriegen ständig Namen.«
»Das verstehe ich auch nicht, aber vielleicht würde ich es ja verstehen, wenn mir mein alter Herr endlich einen Vorschuss für eine Privatjacht geben würde.« Er warf mir einen schnellen, belustigten Blick zu, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Straße richtete. »Wie kann ein Mensch, der so kalt ist und logisch vorgeht wie du, von etwas so Albernem so besessen sein?«
Ich war mir nicht sicher, was mich mehr ärgerte – kalt oder besessen genannt zu werden. »Ich zolle lediglich einem schönen Wagen den gebührenden Respekt.«
»Du hast dein Auto nach Kaffee benannt. Ist das ein Zeichen von Respekt?«
»Von höchstem Respekt«, bestätigte ich.
Er gab ein Geräusch von sich, das wie eine Kreuzung aus einem Schnauben und einem Lachen klang. »Also gut. Du gibst ihm einen Namen. Du kannst ihn nennen, wie du willst, ich bin mit allem einverstanden.«
»Wirklich?«, fragte ich ein wenig verblüfft. Ich hatte ihn zwar deswegen bedrängt, aber ich war mir nicht sicher, ob ich diese Art von Macht tatsächlich ausüben wollte. »Es ist eine große Entscheidung.«
»Auf Leben und Tod«, sagte er todernst. »Wähle mit Bedacht.«
»Ja, aber du bist der sogenannte Kreative!«
»Dann wird es für dich eine gute Übung sein.«
Ich verstummte für den größten Teil der Fahrt, getroffen von der Schwere des Dilemmas, das vor mir lag. Was sollte der Name widerspiegeln? Die sonnige, gelbe Farbe des Autos? Die schnittigen Linien? Den kraftvollen Motor? Die Aufgabe war überwältigend.
Adrian riss mich aus meinen Gedanken, als wir uns den äußeren Vororten von Los Angeles näherten. »Wir fahren doch nicht in die Stadt, oder?«
»Was?« Im Geiste hatte ich eine Debatte zwischen Sommerwind und Goldstaub geführt. »Oh nein. Wir fahren nach Norden. Nimm die nächste Ausfahrt.«
Mrs Santos hatte mir zwei Viertel genannt, die für ihre viktorianischen Häuser bekannt waren. Ich hatte sie ausgiebig online erforscht und war sogar so weit gegangen, mir Satellitenfotos anzusehen. Am Ende hatte ich ein Viertel ausgewählt, das meiner Vision am ähnlichsten war, und drückte mir jetzt die Daumen, dass ich das gleiche Glück hatte wie bei der Suche nach Marcus’ Wohnung. Das Universum schuldete mir einige Gefallen.
Leider sah es nicht allzu vielversprechend aus, als wir endlich die Straße erreichten, die man mir genannt hatte. Es war eine friedliche Wohngegend mit vielen dieser charakteristischen Häuser, aber keins entsprach genau dem, das ich in meiner Vision gesehen hatte. Wir fuhren die Straße auf und ab, während ich jede Seite genau betrachtete und hoffte, dass ich vielleicht etwas übersehen hatte.
»Mist«, sagte ich und fiel in meinen Sitz zurück. Kein Glück. Das Universum hatte mich offenbar verlassen. »Wir werden uns das andere Viertel ansehen müssen, aber ernsthaft, es sah nicht wie in meiner Vision aus.«
»Na, es kann nicht schaden …« Adrian bog abrupt in eine Nebenstraße ein, an der wir fast vorbeigefahren wären. Ich fuhr hoch, als er den Bordstein berührte.
»Was machst du da? Denk an die Reifen!«
»Sieh mal.« Er bog noch einmal ab und brachte uns in eine Parallelstraße. Sie bestand vor allem aus modernen kalifornischen Wohnbauten … aber
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