Magisches Erbe
war, auf einem College-Campus herumzuhängen … oder Zeit mit mir zu verbringen. »Und was kann man hier so unternehmen?«, fragte er unsere Gastgeberin. Dabei sah er sich in der stillen, akademischen Umgebung um. »Keine wilden Partys, oder?«
Das Mädchen setzte eine missbilligende Miene auf. »Wir sind eine sehr ernsthafte Verbindung. Wenn du auf Partys aus bist, ein Stück die Straße runter findet garantiert gerade eine statt. Diese Mädchen schmeißen jeden Abend eine Party.« Adrian warf mir einen hoffnungsvollen Blick zu.
»Ach, komm schon«, sagte ich. »Können wir uns nicht ein schönes Museum suchen?«
»Wir sollten in der Nähe bleiben, falls Lynne zurückkommt«, bemerkte Adrian. Irgendetwas sagte mir, dass er selbst dann auf die Party gedrängt hätte, wenn sie am anderen Ende des Campus stattgefunden hätte. »Außerdem, wenn du so unbedingt aufs College gehen willst, solltest du es auch in seiner vollen Bandbreite sehen. Und bist du nicht ein Fan von solchen griechischen Sachen?«
Das war keineswegs das, was ich im Sinn hatte, und er wusste es ganz genau. Widerstrebend stimmte ich zu, warnte ihn aber, dass er nicht trinken dürfe. Ich trug die braune Perücke und nahm an, dass er Geist benutzte, um uns noch mehr zu tarnen. Der Alkohol würde seine Fähigkeiten dazu verringern. Außerdem wollte ich ihn einfach nicht betrunken sehen.
Das Partyhaus war leicht zu finden, weil wir die Musik schon hören konnten, die daraus dröhnte. Ein Junge und ein Mädchen, die offen Bier aus Plastikbechern tranken, fragten uns an der Tür nach unseren Namen. »Hier – das ist nur für Griechen«, sagte das Mädchen. Sie sah aus, als würde sie gleich von ihrem Hocker fallen. »Zu wem gehört ihr?«
Ich zeigte in die ungefähre Richtung von Lynnes Verbindung. »Ähm, zu denen.«
»Alpha Yam Ergo«, antwortete Adrian, ohne zu zögern. Ich erwartete, die Türhüter würden uns darauf hinweisen, dass die meisten dieser Buchstaben nicht einmal griechisch waren. Vielleicht lag es daran, dass Adrian so selbstbewusst sprach – oder weil sie zu viel Bier getrunken hatten –, aber der Junge winkte uns hinein.
Es war beinahe so, als sei ich wieder in der Spielhalle: eine überwältigende Flut von Reizen. Das Haus war voll und laut, Rauch hing in der Luft, und der Alkohol floss in Strömen. Mehrere Leute boten uns Drinks an, und ein Mädchen lud uns gleich drei Mal ein, Bier-Pong zu spielen, weil sie immer wieder vergessen hatte, dass sie schon mit uns gesprochen hatte. Ich betrachtete das alles voller Staunen und versuchte, kein angewidertes Gesicht zu machen.
»Was für eine Verschwendung von Schulgeld. Das zerstört meine ganzen College-Träume«, rief ich Adrian zu. »Gibt es denn außer Trinken und Albernsein gar nichts, was man machen könnte?«
Er blickte sich um und konnte mehr von dem Raum einsehen, weil er größer war. Seine Miene hellte sich auf. »Das sieht vielversprechend aus.« Er nahm meine Hand. »Komm mit.«
In einer überraschend schönen und geräumigen Küche fanden wir mehrere Mädchen, die auf dem Boden saßen und gerade unbedruckte T-Shirts bemalten. Der schlampigen Arbeit und der verschütteten Farbe nach zu urteilen, hatten auch sie Alkohol getrunken. Ein Mädchen hatte einen Becher mit Bier neben einem gleich aussehenden Becher mit Farbe stehen, und ich hoffte, dass sie sie nicht verwechselte.
»Was macht ihr?«, fragte ich.
Eins der Mädchen schaute auf und grinste. »Wir bemalen T-Shirts für den Winterkarneval. Wollt ihr uns helfen?«
Bevor ich Nein sagen konnte, saß Adrian schon bei ihnen auf dem Boden. »Na und ob!« Er nahm sich ein weißes T-Shirt und einen Pinsel mit blauer Farbe. »Was malen wir auf diese Dinger?« Die Schluderei der Mädchen machte das zu einer berechtigten Frage.
»Unsere Namen«, antwortete ein Mädchen.
»Was mit Winter«, sagte ein anderes.
Das reichte Adrian schon. Er machte sich daran, Schneeflocken auf das Shirt zu malen. Selbst außerstande zu helfen, kniete ich mich hin, um besser sehen zu können. Bei all seinen Fehlern war Adrian doch ein guter Künstler. Er fügte noch einige andere Farben hinzu und ließ die Schneeflocken kunstvoll und stilisiert erscheinen. An einem Punkt hielt er inne, um sich eine Nelkenzigarette anzuzünden, und benutzte den Aschenbecher eines der Mädchen. Ich mochte diese Angewohnheit nicht, aber zumindest konnte er hier nicht mehr die Luft verpesten – das war sie nämlich schon. Als er das Shirt fertig gemacht hatte
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