Magisches Erbe
alle meine Vorgesetzten, wie falsch es von mir sei, solche Dinge von den Moroi zu denken, geschweige denn, darüber zu reden. Sie haben mich nicht in die Umerziehung geschickt, aber sie haben mich für zwei Wochen suspendiert, und ich musste mir jeden Tag anhören, was für ein schrecklicher Mensch ich doch sei – und dass ich am Rande des Verderbens stünde. Am Ende glaubte ich ihnen … bis ich Marcus begegnete. Er machte mir klar, dass ich dieses Leben nicht mehr zu führen brauchte.«
»Also bist du gegangen«, sagte ich und fand Marcus plötzlich nicht mehr ganz so schlimm.
»Ja. Aber erst habe ich die Mission vollendet, die Marcus mir aufgetragen hatte. Ich habe mir die geheime Besucherliste verschafft.«
Das überraschte mich. Die Alchemisten steckten immer bis zum Hals in Geheimnissen. Während die meisten unserer Aktivitäten sorgfältig festgehalten wurden, gab es einige Dinge, von denen der Rest der Gesellschaft nach dem Willen unserer elitären Anführer nichts erfahren sollte. Auch das diente alles dem größeren Wohl. Die geheime Liste führte Leute auf, denen Zugang gewährt worden war – was die hohen Tiere hatten geheim halten wollen. Es war nicht für die Augen des Durchschnittsalchemisten bestimmt.
»Du bist jung«, sagte ich. »Man hätte dir zu so etwas gar keinen Zugang erlaubt.«
Wade schnaubte. »Natürlich nicht. Das hat die Aufgabe ja so schwierig gemacht. Marcus erteilt uns keine leichten Aufträge. Ich musste eine Menge gefährlicher Sachen tun – und deshalb war ich auch sehr froh, dass ich danach fliehen konnte. Die Liste hat uns die Verbindung zu den Kriegern gezeigt.«
»Stand ›Streng geheimes Vampirjägermeeting‹ drauf?«, fragte Eddie. So was war neben seinen tödlichen Fähigkeiten als Beschützer der Grund, warum ich ihn gern dabeihatte.
Der Seitenhieb ließ Wade erröten. »Nein. Alles war irgendwie verschlüsselt. Die Liste führte keine vollen Namen auf, nur Initialen. Selbst ich konnte die richtigen Namen nicht bekommen. Aber einer der Einträge lautete Z. J.«
Marcus und seine tollkühnen Gesellen sahen mich erwartungsvoll an, als sollte mir das etwas sagen. Ich warf Eddie wieder einen Blick zu, aber er war genauso verwirrt.
»Wofür steht Z. J.?«, fragte ich.
»Zebulon Jameson«, antwortete Marcus. Wieder war da eine gewisse Erwartung zu spüren. Als ich keine Antwort gab, sah Marcus mich ungläubig an. »Du warst bei den Kriegern. Erinnerst du dich nicht an ihn? Master Jameson?«
Doch, ich erinnerte mich. Er war einer der hohen Beamten der Krieger, ein einschüchternder Mann mit einem grau melierten Bart, der altmodische goldene Zeremonialroben getragen hatte.
»Ich habe seinen Vornamen nicht mitbekommen«, erklärte ich. »Aber ist es nicht etwas gewagt anzunehmen, dass er sich hinter Z. J. verbirgt? Vielleicht stehen die Buchstaben für, keine Ahnung, Zachary Johnson.«
»Oder Zeke Jones«, ergänzte Eddie.
Die Katze kam vorbei, um Marcus’ Limonade aufzufüllen, und ich hatte bald den Beweis dafür, dass es sich tatsächlich um eine Frau handelte. »Danke, Liebes«, sagte Marcus und schenkte ihr ein Lächeln, das sie beinahe ohnmächtig werden und das Tablett fallen ließ. Als er sich uns wieder zuwandte, war er ganz bei der Sache. »Das ist der Punkt, an dem Sabrina ins Spiel kommt. Kurz bevor Wade die Liste bekommen hat, hat sie Master Jameson mit einem seiner Kumpane über eine bevorstehende Reise nach St. Louis reden hören und wie er etwas über Spuren im Fall eines verschwundenen Mädchens in Erfahrung bringen würde. Das Timing kommt hin.«
»Das ist ein riesengroßer Zufall«, erwiderte ich. Doch noch während ich sprach, fiel mir etwas ein, das Sonya Karp immer über die Welt von Moroi und Alchemisten sagte: Es gibt keine Zufälle.
»Über welches verschwundene Mädchen haben sie gesprochen?«, fragte Eddie vorsichtig.
Ich sah ihm in die Augen und verstand sofort, was er nicht aussprach. Ein verschwundenes Mädchen, für das sich die Krieger interessierten. Es gab da ein verschwundenes Mädchen, an dem die Moroi ebenfalls ein sehr, sehr großes Interesse hatten. Und das die Alchemisten unbedingt beschützen wollten. Dieses Mädchen war auch der Grund, warum ich überhaupt in Palm Springs stationiert war. Ich hatte mich sogar als ihre Schwester ausgegeben.
Jill.
Ich sagte nichts und konzentrierte mich wieder auf Marcus.
Er zuckte die Achseln. »Das weiß ich nicht, nur dass die Moroi eine Menge Probleme bekommen würden, wenn man sie
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