Magisches Spiel
kommen, den er schon immer gehabt hatte, schon lange vor der Steigerung seiner paranormalen Anlagen, eine Art Antenne. Durch die Steigerung seiner Gaben war sie verstärkt worden und verlieh ihm die Fähigkeit, aus Klängen Bilder zu gewinnen. Wie nah. Wie weit entfernt. Groß oder klein.
»Einer ist dicht an dir dran«, zischte Jack. »Bewegung, Mann.«
Ein Schuss ertönte, und eine Kugel bohrte sich in einen Baumstumpf hundert Meter rechts von ihm. Kaden rollte sich bereits nach links in eine flache Bodensenke und sauste voran. Der Mann in den Schatten musste Habicht sein. Der Sensenmann hätte sich niemals Jacks Blick preisgegeben, wenn auch noch so kurz.
»Wie hat er mich entdeckt?«, fragte Kaden.
Zwischen den Obstbäumen waren plötzlich Stimmen zu vernehmen. Geräusche rascher Schritte und brechender Zweige ertönten aus allen Richtungen. Kaden wusste, dass es Gator war, der absichtlich Geräusche aus anderen Richtungen projizierte, um den Sensenmann und Habicht bei der Jagd abzulenken. Kaden schlüpfte in die Sträucher und passte die Farbe seines Körpers sofort wieder seiner Umgebung an. Er stieg auf einen Baum, benutzte seine Borsten zum Klettern und achtete sorgsam darauf, das Laub nicht in Bewegung zu versetzen.
Habicht kam mit gezogener Waffe einen schmalen Pfad hinunter. Er hatte sich die Stelle gemerkt, an der sich Kaden hatte fallen lassen, doch er konnte ihn nicht finden. Kaden war irritiert. Seine Tarnung war vollkommen,
das wusste er mit Sicherheit. Er hatte keinen Busch und keinen Zweig in Bewegung versetzt. Wie zum Teufel hatte Habicht ihn entdeckt?
Habicht wandte sein Gesicht zum Himmel und schrie gellend; es war die perfekte Nachahmung des Rufs eines Greifvogels. Ein großer Habicht mit roten Schwanzfedern zog einen weiten Kreis über ihm.
»Er setzt die Augen des Habichts für sich ein«, rief Gator, und in seiner Stimme schwangen Aufregung und Bewunderung mit. »Er kann sehen, was der Vogel sieht.«
Habicht drehte sich zu dem Baum um, auf dem sich Kaden direkt über seinem Kopf an einen Ast klammerte, und blickte in die Mündung eines Laufs. So starb er, den Blick auf die Kugel gerichtet, die ihm entgegenflog und ihn rücklings auf den Boden warf.
»Nicht mehr«, sagte Kaden. Er sprang von dem Baum und landete in der Hocke, keine dreißig Zentimeter von der Leiche entfernt, die am Boden lag. »Sieben ausgeschaltet.«
Die Erde bebte und rumpelte; Erdbrocken und Geröll wurden in die Luft geschleudert. Die Explosion war laut und riss Kaden von den Füßen und nach vorn. Ehe er wieder aufspringen konnte, erschütterte eine weitere Explosion den Erdboden, gefolgt von einer dritten und einer vierten. Rauch strömte und wogte in dichten Schwaden um ihn herum. Kaden hörte auf seinen sechsten Sinn. Der Sensenmann trat offenbar die Flucht an.
Kaden nahm seine Verfolgung auf und verließ sich darauf, dass sein inneres Warnsystem ihm sagen würde, wenn er sich einer Falle näherte. Zweimal machte er einen Umweg und sprang mit großen Sätzen über mehrere Sträucher, weil er sicher war, dass sich dicht vor ihm
ein Stolperdraht befand. Seine nähere Umgebung wurde mit dem Feuer einer Automatikwaffe bestrichen, und er tauchte schleunigst unter. Der Sensenmann feuerte aus einiger Entfernung blind drauflos. Der Rauch machte es ihm unmöglich, Kaden deutlich zu sehen, doch da er sicher war, dass Kaden ihn verfolgte, hielt sich der Sensenmann den Schattengänger vom Leib.
Sowie das Feuer eingestellt wurde, sprang Kaden wieder auf und rannte. Seine Antennen sagten ihm, dass der Sensenmann hundert Meter vor ihm war. Er legte einen Spurt hin, und augenblicklich schrillten seine Alarmglocken. Er warf sich wieder auf den Boden und rollte sich schon beim Auftreffen schleunigst herum. Die Erde bebte, und eine weitere Reihe von Sprengladungen sandte Erdbrocken und Rauch in die Luft.
Ein Motorrad wurde angelassen und heulte auf, und als Kaden aus den Rauchschwaden herauskam, sah er, wie der Sensenmann schlingernd in die Richtung der Schlucht fuhr. Kaden rannte mit gezogener Waffe schräg über das offene Gelände, um den Weg abzukürzen. Darauf reagierte der Sensenmann mit Maschinengewehrfeuer unter seinem Arm hindurch, einfach nur, um Kaden langsamer vorankommen zu lassen, ohne sich aber die Zeit zu nehmen, wirklich zu zielen. Er hatte eindeutig eine Fluchtroute geplant, an die er sich jetzt hielt.
Das Motorrad überquerte einen Grat, auf dessen anderer Seite sich ein Steilhang zu befinden schien, und
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