Magma
dass er selbst wahrscheinlich gar nichts von dem geplanten Anschlag wusste. Der Professor mag kein Ausbund an Freundlichkeit sein, aber er ist doch kein Dummkopf. Er würde sich doch nicht selbst in die Luft jagen. Abgesehen davon, dass kein Sprengsatz dieser Größe stark genug wäre, eine zehn Zentimeter dicke Stahlwand zu durchschlagen. Nein Ella, du musst dich irren.«
»Vielleicht. Aber dass es eine Explosion gegeben hat, dessen bin ich mir sicher.« Sie stand auf und begann, vor dem Fenster auf und ab zu gehen. »Du musst zugeben, dass da eine Menge seltsamer Dinge zusammenkommen. Die Drohung auf meinem Handy, die Explosion und dann noch der magische Riss.«
Ganz zu schweigen von der Verwandlung Martins
, doch davon wollte sie Esteban lieber nicht erzählen. Schließlich wollte sie nicht wie eine Verrückte dastehen.
»Vermutlich nur Zufälle«, winkte Esteban ab. »Eine unglückliche Verkettung von Ereignissen, die nichts miteinander zu tun haben. Hinzu kommen der Stress und die giftigen Dämpfe, als der Sicherungskasten durchgeschmort ist. Unter solchen Bedingungen ist es nur allzu verständlich, dass es zu Fehleinschätzungen kommt. An deiner Stelle würde ich mir nicht weiter den Kopf zerbrechen. Wir sind noch am Leben, das ist alles, was zählt.«
Ella presste die Lippen aufeinander. Aus dem Mund eines Mannes, der dem Tod gerade noch mal von der Schippe gesprungen war, hatte ein solches Argument doppeltes Gewicht.
Trotzdem nagten immer noch Zweifel in ihr. Sie hatte ihr Fax gerade wieder in die Jackentasche gesteckt, als die Tür aufging und ein Arzt, gefolgt von zwei Krankenpflegern, den Raum betrat.
»Wir sind gekommen, um Sie abzuholen«, sagte er. »Ihre Werte sind soweit in Ordnung. Wir dürfen Sie gehen lassen. Natürlich brauchen Sie noch viel Ruhe. Aber Sie sind transportfähig und möchten doch sicher so schnell wie möglich nach Hause. Wenn Sie einverstanden sind, werden wir Sie jetzt an Bord einer Militärmaschine bringen, die Ihre Auftraggeber für Sie bereitgestellt haben.«
»Was immer Sie für richtig halten, Doktor. Meine Sachen sind gepackt.« Er deutete auf seine Reisetasche.
Ella hob erstaunt die Augenbrauen. »Du fliegst schon heute? Davon wusste ich ja gar nichts.«
Esteban zuckte die Schultern. »Tut mir leid, dass ich es dir nicht früher gesagt habe, aber ich wollte erst das Ergebnis der Abschlussuntersuchung abwarten.«
»Aber …« Sie stockte.
Eine peinliche Stille trat ein.
Ellas Gedanken rasten. Es gab noch so viel, was sie ihm sagen wollte, aber ihr fielen die passenden Worte nicht ein. Außerdem war es noch gar nicht so lange her, da hätte sie den Mann am liebsten auf den Mond geschossen. Sie wischte sich etwas Feuchtigkeit aus dem Augenwinkel. »Ich freue mich für dich, ehrlich.« Jetzt fing auch noch ihre Nase zu laufen an.
Himmel
. Mit einem traurigen Lächeln griff sie in ihre Jeanstasche, holte ein Taschentuch hervor und putzte sich umständlich die Nase. »Bei mir geht es leider nicht so flott«, fuhr sie fort. »Ich muss noch zwei Tage auf meinen Rückflug warten.«
Esteban brachte ein schiefes Grinsen zustande. »Yokohama ist eine wunderschöne Stadt. Es dürfte dir nicht schwer fallen, die Zeit totzuschlagen. Schreib mir doch mal ’ne Postkarte.«
»Ja … das werde ich machen.«
Die Pfleger, die Estebans Gepäck rausgeschafft hatten, waren wiedergekommen und lösten nun die Feststellbremsen an seinem Bett.
Sie nickte bekräftigend. »Das werde ich tun, versprochen.«
Als er aus dem Zimmer gebracht wurde, spürte sie doch Tränen in sich aufsteigen. »Meld dich mal«, rief sie hinter ihm her. »Meine Handynummer hast du ja.«
Die Pfleger rollten Esteban in den offen stehenden Aufzug und drückten eine Taste. Esteban hob die Hand und winkte ihr noch einmal zu, dann schlossen sich die Türen.
Müden Schrittes, den Kopf voller schwerer Gedanken, ging sie die Treppen hinunter in die Cafeteria am Ende der Eingangshalle. Vielleicht bekam sie hier ja einen Kaffee. Grünen Tee konnte sie nicht mehr sehen. Wenn man es genau betrachtete, stand ihr der Sinn nach Hochprozentigem, doch es war momentan weder die passende Uhrzeit noch das angemessene Ambiente, um diesem Drang nachzugeben. Und sich auf die Suche nach einer Bar zu begeben, danach stand ihr nicht der Sinn. Also Kaffee. Besaufen konnte sie sich später.
Als sie auf die Theke zusteuerte, bemerkte sie einen dunklen, hageren Mann, der am Fenster saß und nach draußen blickte. Unter den vielen
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