Magnolia Haven 03 - Abendrot
stimmte also tatsächlich. Jake hatte Olivia geheiratet. Obwohl sie es ja bereits schwarz auf weiß gelesen hatte, hatte sie bis vor ein paar Minuten immer noch die irrwitzige Hoffnung gehabt, es könne sich um einen Irrtum handeln.
Aber es war die traurige Realität, wie sie soeben festgestellt hatte, und ihr wurde hundeelend. Alles in ihr wehrte sich gegen diesen Gedanken, schrie auf bei der Vorstellung, dass er jetzt Nacht für Nacht diese Frau in seinen Armen hielt.
Olivias Worte hallten in ihren Ohren. »Du wirst doch nicht etwa geglaubt haben, dass das mit dir etwas Ernstes war …«
Hatte sie sich so in Jake getäuscht? Hatte er tatsächlich nur sein Vergnügen gesucht, und sie war zu naiv gewesen, um es zu bemerken? Waren all seine Worte von Liebe und Gefühlen nur Mittel zum Zweck gewesen, um sie herumzukriegen? Der Heiratsantrag, ihre Zukunftspläne – hatte er ihr das alles nur vorgemacht? Hätte er sie vielleicht sogar von sich aus verlassen, wenn sie ihm nicht zuvorgekommen wäre?
Tausend quälende Fragen schossen ihr durch den Kopf, und wie in Trance schleppte sie sich die paar Schritte zu ihrem Auto.
Mechanisch stieg sie ein, gurtete sich an und startete den Motor, rollte die Allee entlang zum Tor, ohne wirklich etwas von ihrer Umgebung wahrzunehmen.
Zwanzig Minuten später lag sie in der kleinen Pension in Millington, in der sie sich eingemietet hatte, auf dem Bett und weinte sich in den Schlaf.
Am anderen Morgen saß Joanna in ihrem Zimmer und schaute nachdenklich aus dem Fenster. Sie hatte nach wie vor die feste Absicht, Benjamin zu sich zu holen. Auf keinen Fall würde sie ihn Olivias Obhut überlassen, das kam nicht infrage.
Allerdings schien die Sache schwieriger zu sein, als sie anfangs gedacht hatte. Schließlich konnte sie nicht einfach nach Magnolia Haven fahren, das Kind nehmen und verschwinden. Das konnte sie Jake nicht antun, und das wollte sie auch nicht. Selbst wenn Olivias Behauptungen stimmten, und er sie, Joanna, nie wirklich geliebt hatte, so war er doch immer noch Benjamins Vater.
Sie würde sich also irgendwie mit ihm einigen müssen, und das würde nicht so leicht sein, da er ja offenbar keinen Kontakt mehr zu ihr haben wollte.
Einen Moment lang kam ihr der Gedanke, einen Anwalt einzuschalten. Doch sie verwarf diesen Einfall sofort wieder. Zum einen hatte sie kein Geld dafür, zum anderen würde Jake sicher nicht begeistert sein, wenn sie gleich mit solchen Geschützen aufwartete. Und wenn es hart auf hart käme, hätte sie sowieso die schlechtere Position. Abgesehen davon, dass er sich die besten Anwälte leisten konnte, hatte sie ihr Kind freiwillig verlassen, daraus würde ihr jeder Familienrichter einen Strick drehen.
Nein, es war besser, eine gütliche Einigung mit Jake zu erzielen – sofern sie ihn irgendwie zu einem Gespräch bewegen konnte.
Während sie vor sich hingrübelte, klopfte es plötzlich an die Tür.
»Jake«, durchzuckte es sie, um sich im gleichen Moment zu schelten. »Unsinn, er weiß doch gar nicht, dass du hier bist. Olivia hat es ihm bestimmt nicht erzählt.«
Sie öffnete und stieß einen Schrei der Überraschung aus.
»Martha.« Dann fiel ihr Blick auf den Kindersitz, den Martha in der Hand hatte, und Tränen schossen ihr in die Augen. »Benjamin, mein süßer Schatz.«
Mit fliegenden Fingern befreite sie ihn von den Gurten und hob ihn auf den Arm, drückte ihn an sich und küsste ihn immer und immer wieder.
Behutsam schob Martha sie ins Zimmer, griff nach dem Babysafe und folgte ihr. Sie schloss die Tür und beobachtete lächelnd, wie Joanna freudestrahlend ihren Sohn liebkoste.
»Meine Güte, er ist so groß geworden«, sagte Joanna nach einer Weile ungläubig zu Martha.
»Ja, sie wachsen schnell in dem Alter«, lachte Martha. »Wir müssen alle Nase lang neue Sachen für ihn kaufen.«
Diese Bemerkung dämpfte Joannas Überschwang ein wenig.
»Weiß Jake … Mr. Prescott, dass du hier bist?«, fragte sie zögernd.
Martha schüttelte den Kopf. »Nein. Nachdem ich gestern mitbekommen habe, wie Olivia dich abgefertigt hat, dachte ich mir, dass du bestimmt Benjamin sehen wolltest. Damit es keinen Ärger gibt, habe ich gesagt, ich mache einen Spaziergang mit ihm.«
»Wie hast du mich gefunden?«
»Naja, ich habe geahnt, dass du in der Nähe bleiben würdest. Also habe ich nacheinander ein paar Pensionen angerufen, und gleich bei der dritten hatte ich Erfolg.«
Joanna umarmte Martha. »Vielen Dank, du weißt ja gar nicht, wie froh
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