Magnolia Haven 03 - Abendrot
ihr den Antrag gemacht hatte, und an die Pläne, die sie für ihre Hochzeit gehabt hatten. Bilder erschienen in seinem Kopf, er sah Joanna in einem weißen Kleid auf ihn zuschreiten. Ihre Augen strahlten ihn an, sie lächelte ihn liebevoll an, als sie deutlich »Ja, ich will«, sagte. Sie streiften sich gegenseitig die schmalen, goldenen Ringe über, die sie gemeinsam ausgesucht hatten, und küssten sich zärtlich.
Plötzlich verschwamm das Bild, an seiner Stelle war auf einmal der Mann, den er auf den Fotos in Phillips Büro gesehen hatte. Eine Welle von Schmerz durchflutete ihn. Er fuhr herum, griff nach einer Wasserkaraffe, die auf dem Nachttisch stand, und warf sie mit voller Wucht auf den Boden, wo sie mit einem dumpfen Krachen zerschellte.
Er ließ sich aufs Bett sacken, rollte sich zusammen, und versuchte, zur Ruhe zu kommen. Wie jeden Abend wälzte er sich gequält hin und her, sah immer wieder Joannas Gesicht vor sich und schließlich schlief er ein.
Irgendwann spürte er, wie sich jemand an ihn schmiegte, wie eine Hand zärtlich an seinen Hüften entlang strich.
»Joanna«, stöhnte er benommen und drehte sich sehnsüchtig auf den Rücken.
Finger tasteten über seinen Bauch hinunter zu seiner Hose, streichelten ihn verlangend.
»Jake«, flüsterte eine Frauenstimme, »Jake, ich will dich.«
Im gleichen Moment war er hellwach. Er zuckte hoch, sprang mit einem Satz auf und schaltete das Licht ein.
Entsetzt starrte er auf Olivia, die nur mit einem dünnen Nachthemd bekleidet auf seinem Bett lag und ihn anlächelte.
»Was soll das?«, fragte er schroff.
»Es ist unsere Hochzeitsnacht.«
»Hör auf damit«, fuhr er sie an, »es gibt keine Hochzeitsnacht, heute nicht und auch in Zukunft nicht.«
»Jake, ich weiß, dass du Joanna immer noch vermisst. Aber sie ist weg, und ich bin da – ich kann dich trösten, wenn du es möchtest.«
Er packte sie am Arm, zerrte sie vom Bett hoch und schob sie zur Tür.
»Nein, das möchte ich nicht«, sagte er scharf. »Wir haben eine geschäftliche Vereinbarung und weiter nichts. Du wusstest, worauf du dich einlässt, also tu das nie wieder, hast du mich verstanden?«
Noch nie hatte Joanna Weihnachten und Silvester so trostlos empfunden wie dieses Mal. Brian war bei seinen Eltern gewesen und hatte ihr angeboten, mitzukommen, doch sie hatte abgelehnt. Zum einen wollte sie ihm keine vergeblichen Hoffnungen machen, zum anderen wollte sie mit ihren Gedanken an Jake und Benjamin lieber alleine sein.
Eine Woche nachdem das neue Jahr begonnen hatte, saß sie morgens mit Brian, der noch Semesterferien hatte, beim Frühstück. Sie blätterte durch die Tageszeitung, als ihr im Gesellschaftsteil plötzlich ein kleines Bild ins Auge fiel.
»Baumwoll-Erbe in festen Händen«
lautete die Überschrift, und als sie genauer hinschaute, erkannte sie, dass es ein Foto von Jake und Olivia war. Er trug einen dunklen Anzug, sie ein weißes Kleid, und es gab keinen Zweifel daran, dass es sich um ein Hochzeitsfoto handelte. Joannas Puls begann zu rasen, und sie überflog den kurzen Artikel, der daneben abgedruckt war.
»Einer der begehrtesten Junggesellen Tennessees und Erbe der ‚Prescott-Cotton-Company‘, Jake Prescott, ist endlich unter der Haube. Die glückliche Braut ist keine andere als Olivia Prescott, die Witwe des vor einigen Jahren tödlich verunglückten Andrew Prescott. Gerüchten zufolge hat das Brautpaar einen gemeinsamen Sohn, der vor einigen Monaten während einer Europareise zur Welt kam. Dies wurde von der Familie bisher weder bestätigt noch dementiert.
Die Feier fand im kleinen Kreis auf dem Familiensitz statt, ob das frisch vermählte Paar Flitterwochen geplant hat, ist nicht bekannt.«
Kreidebleich ließ Joanna die Zeitung sinken, ihre Hände zitterten und kalter Schweiß stand ihr auf der Stirn. Das war also Jakes große Liebe zu ihr gewesen. Offenbar hatte es nicht lange gedauert, bis er sich getröstet hatte, und dann ausgerechnet mit Olivia. Ob er schon immer Gefühle für sie gehabt hatte? Oder war sie einfach nur ein bequemer Ersatz? Joanna konnte es ihm nicht einmal übelnehmen. Schließlich war sie diejenige gewesen, die ihn verlassen hatte.
Nach dem Brief musste er davon ausgehen, dass sie niemals mehr zurückkehren würde, also warum sollte er sich nicht nach einer anderen Frau umsehen.
Trotzdem brannte der Gedanke daran wie Feuer in ihrem Inneren.
»Coco?«, fragte Brian stirnrunzelnd, »Was ist los, geht es dir nicht gut?«
Wortlos schob
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