Magnolia Steel - Hexenflüstern (German Edition)
schweiften ihre Augen durch den Raum.
Dann fraß sich ihr Blick an den Musikanten auf dem Kaminsims fest, und ihre Augen wurden rund. »Was ist das???«, fragte sie ungläubig.
Nun sahen es die anderen auch. Der Kopf der anmutigen Harfenspielerin zeigte nach hinten, so als hätte ihr jemand den Hals umgedreht. Es war ein wenig makaber, trotzdem musste Jörna kichern. Und als Jörna zu kichern anfing, konnte sich auch Magnolia nicht länger zurückhalten. Die beiden lachten, bis sie Schluckauf bekamen.
Für Frau Melbach war der Tag gelaufen. Wusste der Teufel, was sich hier zugetragen hatte. Aber sich auch noch auslachen zu lassen, das hatte sie gewiss nicht nötig. Wütend stürmte sie aus dem Zimmer. So bemerkten sie nicht, wie Linette einmal kurz auf die Figur zeigte und ihren Kopf in die richtige Position brachte.
»Oh, Darling!«, hörten sie Magnolias Mutter im Wohnzimmer klagen. »Es tut mir so leid. Sie sind einfach unmöglich. Du ahnst nicht, wie froh ich bin, dass ein ganzer Ozean zwischen uns liegt.«
»Ich kann dich sehr gut verstehen, Baby«, kam die tröstende Antwort.
»Äham«, räusperte es sich da leise unter dem Bett und Jeppe streckte vorsichtig seine Nase heraus.
»Ich fürchte, das alles ist meine Schuld«, sagte der Kobold zerknirscht. »Ich wollte keinen Ärger machen!«
»Pah«, schnaubte Linette. »Keinen Ärger machen …? Das hätte diesmal wirklich ins Auge gehen können. Und ich rede nicht von zerbrochenem Porzellan und umgekippten Möbeln.«
»Weshalb bist du in die Tasche gekrochen?« Magnolia konnte sich die Frage nicht verkneifen.
Jetzt wurde Jeppe verlegen. »Wann kommt ein Kobold schon einmal nach Amerika? Wir haben Verwandte hier …«
»Verwandte?«, fragte Magnolia neugierig.
»Ja, Seefahrer, die vor vielen Jahren ausgewandert sind.«
Linette und Runa wechselten einen schnellen Blick. »Was für Verwandte?«, wollte jetzt auch Runa wissen.
»Klabauter!«, sagte Jeppe ganz selbstverständlich.
»Klabauter?«, fragte Magnolia. »Meinst du Klabautermänner?«
»Und Klabauterfrauen?«, ergänzte Jörna.
Jeppe nickte.
»Was hat ein Kobold mit Klabautermännern zu tun?«, fragte Magnolia misstrauisch.
Aber Runa fiel ihr ins Wort. »Kobolde und Klabauter haben die gleichen Wurzeln«, erklärte sie. »Sie gehören praktisch zu derselben Gattung magischer Geschöpfe.«
»Genug geschwatzt«, mischte sich nun auch Tante Linette ins Gespräch. »Lass uns aufbrechen, bevor man uns die besten Zimmer wegschnappt. Wenn du willst, kannst du uns begleiten, Jeppe.«
Der Kobold sah sie erfreut an. »Oh, du bist zu gütig. Ich habe nicht zu fragen gewagt, aber ich verspreche dir …?«
»Spar dir deine Versprechen und mach einfach keinen Ärger mehr.«
Mit diesen Worten hielt Linette ihre Reisetasche auf und Jeppe war mit einem Satz wieder darin verschwunden. Die beiden Hexen gingen zur Tür.
»Euch Mädchen wünsche ich ein paar schöne, erholsame Ferientage. Wir sehen uns Ende der Woche auf dem WWC. Ich schicke euch eine Nachricht, sobald ich weiß, wo wir untergekommen sind. Macht’s gut, ihr Lieben!« Linette blies zwei dicke rote Kusslippen in den Raum, die Magnolia und Jörna nass auf die Wangen trafen. Als sich Runa auf dieselbe herzliche Weise von ihnen verabschieden wollte, suchten die beiden Junghexen hastig Schutz hinter dem Bett und der Kuss klatschte schmatzend gegen den goldgerahmten Spiegel an der Wand und hinterließ einen fettigen, nassen Fleck.
Dann waren die beiden Hexen fort. Magnolia hörte, wie sie sich wortreich von ihrer Mutter und Mr Hopps verabschiedeten, und fiel seufzend neben Jörna auf das Bett.
Die Ferien fingen ja gut an.
Fünftes Kapitel
Eine seltsame Entdeckung
Obwohl sich Magnolia und Jörna müde fühlten von der Reise, machten sie sich kurz frisch und gingen hinunter ins Esszimmer, in dem Magnolias Mutter und Mr Hopps sie bereits erwarteten.
Frau Melbach blätterte gelangweilt in einem Country-Life-Magazin, während Mr Hopps sich vor dem Essen einen Martini genehmigte. Als die Mädchen eintraten, stand Magnolias Mutter auf. Sie verlor kein Wort mehr über den Krach im Zimmer der beiden Mädchen.
»Schön, dass ihr jetzt da seid«, sagte sie. »Ich gebe Mary Bescheid, dass sie das Essen auftragen kann. Sie ist eine echte Perle. Ich weiß gar nicht, wie wir all die Jahre ohne Haushälterin ausgekommen sind.« Sie zwinkerte Magnolia zu. Dann setzten sie sich an den großen Esstisch und Mary servierte einen ganzen Berg leckerer Nudeln.
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