Magnolia Steel - Hexenflüstern (German Edition)
knöchriges Hinterteil. »Zu wenig Substanz, wenn die Damen verstehen, was ich meine.«
Magnolia und Jörna hatten eigentlich keine Lust, sich die Beine bei einem Spaziergang zu vertreten, doch ihnen blieb keine Wahl. Runa und Linette verschwanden bereits durch eine knarrende alte Drehtür, die sicher noch von Dornröschens Vater persönlich in Auftrag gegeben worden war.
»Ach, herrlich, nach dem Mief da drinnen«, schwärmte Tante Linette. »Ich liebe alte Schlossgärten und manchmal entdecke ich in ihnen sogar ein Kraut, das noch nicht in meinem Garten wächst, und lasse es …«, sie sah sich nach allen Seiten hin um, »… mitgehen.«
Runa kicherte. »Tatsächlich? Das hätte ich dir nie und nimmer zugetraut.«
»Du hast eine zu hohe Meinung von mir«, versicherte Linette fröhlich.
»Ähm, Tante Linette«, mischte sich jetzt Magnolia in das Gesprächein. Sie wollte diesen gemeinsamen Spaziergang nicht länger als nötig ausdehnen. »Ich wollte dich eigentlich nur bitten, mir das Kleid für den Ball zu geben. Übermorgen ist es so weit und ich möchte, dass bis dahin alles perfekt ist.«
Seltsamerweise wurde ihre Tante nervös. »Was? Ist es tatsächlich schon so weit? Wir sind doch noch gar nicht lange hier. Es liegt noch immer ganz unten in meiner Tasche. Du musst noch ein bisschen Geduld haben, bis ich alles ausgepackt habe.«
»Du hast alles ausgepackt, meine Liebe«, erinnerte sie Runa vorwurfsvoll.
»Habe ich?«
Die Watthexe nickte.
Bei Magnolia schrillten die Alarmglocken. Das Verhalten ihrer Tante war wirklich sonderbar. Auch Jörna bekam eine steile Falte zwischen den Augenbrauen. Tante Linette beschäftigte sich inzwischen wieder mit einem winzigen Kraut, das sie in einem Beet entdeckt hatte.
Magnolia wurde allmählich ungeduldig. »Tante Linette?«
»Ja bitte?«
»Das Kleid«, sagte sie mit Nachdruck. Ihre Tante brauchte nicht zu glauben, dass sie sich so einfach abwimmeln ließ.
Schließlich richtete sich Linette zu ihrer vollen Größe auf. »Also gut, komm mit ins Zimmer. Ich gebe es dir. Ich bin sicher, es wird dir gefallen.«
Magnolia war inzwischen mehr als misstrauisch.
Ihre Tante verkündete gerade, sie hätte noch nie so ein schönes Kleid gesehen, als es selbst Runa zu viel wurde.
»Übertreibst du jetzt nicht ein bisschen?«, fragte sie.
»Wieso? Gefällt es dir nicht?« Linette stieß die Zimmertür auf.
»Setz dich, Schäfchen.« Ihre Tante deutete auf einen der Sessel und verschwand eilig im Schlafzimmer.
»Mach die Augen zu – Überraschung!!!«
Magnolia wollte die Augen nicht zumachen. Da war ihre Tante auch schon zurück und legte das gute Stück vor Magnolia auf den Sessel. Es war in Seidenpapier gehüllt, sodass man noch nicht viel davon sehen konnte. Außer … dass es auffallend kurz war.
»Pack aus!«, forderte ihre Tante sie auf und verschwand schnell wieder nach nebenan.
Das brauchte sie Magnolia nicht zu sagen. Ratzfatz riss sie das Papier auf.
Ihr stockte der Atem. Das musste ein schrecklicher Irrtum sein. Was war das!? Unmöglich, dass das, was hier vor ihr lag, ihr Ballkleid sein sollte. Jörna kicherte fast hysterisch. Und Magnolia bekam vor Aufregung Schluckauf. Dieses Kleid, wenn man es Kleid nennen konnte, war das scheußlichste, was sie je gesehen hatte!
Seine hervorstechenste Eigenschaft war die Farbe Pink! Was vielleicht sogar noch zu verschmerzen gewesen wäre. Wenn das Ding, das dort vor Magnolia auf dem Stuhl lag, nicht ausgesehen hätte, wie ein gigantischer Kürbis in Pink! Gerafftes Oberteil, Ballonrock – es war einfach grauenhaft. Sogar an einen Hut hatte man bei seiner Herstellung gedacht. Der Hut, der eher eine Kappe war, hatte passend zum Kleid einen Stängelansatz. Wie bei einem Kürbis neigte sich ein grüner wurstartiger Stiel keck zur Seite und rosafarbene Rüschen standen putzig nach allen Seiten ab.
Magnolia schluckte. Das konnte nur ein schlechter Scherz sein!
»Und?«, kam die vorsichtige Frage aus dem Nebenraum.
»Und?!« Magnolia fühlte, wie Wut und Enttäuschung sich Bahn brachen. »Das ist nicht dein Ernst, oder, Tante Linette? Sag, dass es nicht dein Ernst ist! Sag, dass das hier nicht mein Ballkleid ist!« Ihre Stimme überschlug sich vor Empörung. Im Nebenraum blieb es still.
»Tante Linette!!!«
»Beruhige dich, Schäfchen.«
»Ich bin kein Schaf und ich kann mich nicht beruhigen. Ich werdedarin aussehen wie ein Drops! Ich werde durch keine Tür passen und die rosafarbenen Seidenstrümpfe hat man im
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