Magnolia Steel - Hexenflüstern (German Edition)
Statuen! Keine unnötige Aufmerksamkeit!«, hielt Medusa sie zurück. »Schlimm genug, dass dieser eine Fehler passiert ist.«
»Ich mache ihn wieder gut«, versprach die Gorgone aus dem Fass. »In den White Mountains lebt eine Baba-Jaga. Mit ihrer Hilfe werden wir die Brille bald unversehrt in den Händen halten.«
»Dein Wort in Hades’ Ohr«, knirschte Medusa.
Vor der Halle entfernten sich allmählich die Stimmen. Die Gorgonen warteten, bis sie das Motorengeräusch des Fischkutters hörten, dann öffneten sie das Hallentor und spähten hinaus.
Auf dem Hof stand ein Pick-up-Truck. Eine Art kleiner LKW mit offener Ladefläche. Medusa gab den anderen ein Zeichen. »Holt die beiden Hexen und legt sie auf den Wagen!«, verlangte sie.
»Alle beide?«, fragte eine der vier.
»Natürlich, oder willst du morgen etwas über dich in der Zeitung lesen?«, fauchte Medusa.
Die Schlangenhäuptigen verschwanden in der Halle und kehrten wenig später mit den versteinerten Hexen zurück. Schwungvoll warfensie sie auf die Ladefläche und bedeckten ihre Körper mit ein paar leeren Jutesäcken. Dass Runa dabei der kleine Finger abbrach, interessierte sie nicht im Geringsten.
Sie stiegen ein, starteten den Motor und rollten vom Hof. Es war eine Kleinigkeit für die Gorgonen, einen Pick-up zu fahren. Schwerer würde es sein, das Haus der Baba-Jaga zu finden.
»Oh, nein!! Trollkacke, Trollkacke, Trollkacke! Biberfurz und Trollkacke!« Jeppe sprang aufgeregt von einem Sack Fischmehl zum anderen und raufte sich die roten Haare.
»Mimimimimi …, was mach ich bloß, was mach ich bloß!«, wimmerte er. Der Kobold hatte versteckt hinter ein paar Säcken alles mitangesehen. Er hatte die Gorgonen kommen sehen. Er hatte ihr hämisches Lachen gehört, als sie den Geruch von Räucherfisch bemerkten. Und er hatte beobachtet, wie sie sich in den Schatten der Halle versteckten. Er hatte die Hexen warnen wollen, doch da war es bereits zu spät.
Jeppe war verzweifelt. Linette und Runa tot! Zu kaltem Stein erstarrt. Wie ein wild gewordenes Uhrwerk drehten sich die Gedanken in seinem Kopf. Was konnte er tun? Wo gab es Hilfe? Die Klabauter? Schnell verwarf er diesen Gedanken. Ihre Kräfte waren viel zu gering, außerdem waren sie sogar zu feige, die Brille für ein paar Tage bei sich aufzubewahren.
Jeppe ließ sich auf einen Sack plumpsen und seufzte lang und tief. Er musste Magnolia Bescheid sagen und konnte nur hoffen, dass sie nicht den Kopf verlor und irgendwelche Dummheiten machte.
Was hatten die Gorgonen gesagt? In den weißen Bergen lebte eine Baba-Jaga, die einen Zauber beherrschte, mit dessen Hilfe sie an die Brille kämen? Wie sollte das gehen? Egal, Jeppe kannte diesen Zauber nicht. Aber er wusste, dass er die Hexen nicht im Stich lassen würde.
Achtzehntes Kapitel
Entsetzliche Nachrichten
Für Magnolia verliefen der Abend und die Nacht wesentlich entspannter als für Runa und ihre Tante Linette. Gleich nach dem Abendessen war sie gemeinsam mit Jörna und Su-Li in das Zelt der Zirkuskünste gegangen, um sich dort ein paar fantastische Zauber und akrobatische Kunststücke anzusehen, bei denen das Schrumpfen von Elefanten auf Hamstergröße noch eine der unspektakulärsten Aktionen war.
Anschließend gingen sie hinunter an den See, ließen ihre Beine ins Wasser baumeln und unterhielten sich über alles Mögliche.
Sie waren noch nicht lange dort, als das Wasser plötzlich Wellen schlug und ein schwarzer Pferdekopf herausschaute. Er schnaubte, dass es nur so spritzte, und schwamm vor ihnen auf und ab. Seine Mähne lag dabei wie ein seidiger Teppich auf dem Wasser.
Blitzartig zogen Jörna und Su-Li ihre Füße heraus.
»Du bist aber ein Hübscher!«, sagte Magnolia mit weicher Stimme und sah ihre Freundinnen überrascht an.
»Nimm sofort die Beine aus dem Wasser!«, sagte Jörna mit beherrscht ruhiger Stimme.
Magnolia gehorchte augenblicklich. Manchmal war es besser, nicht nachzufragen. Im Krabbengang entfernten sich die Mädchen ein Stück vom Ufer und sprangen dann auf die Füße.
Dem schwarzen Pferd schien das nicht zu gefallen. Unwillig schlug es mit seinen Hufen auf die Wasseroberfläche, sodass kleine Wellen ans Ufer schwappten.
»Was stimmt nicht mit ihm?«, wollte Magnolia wissen.
»Was mit ihm nicht stimmt?«, fragte Jörna ungläubig. »Gar nichts stimmt mit ihm. Es sei denn, du findest es in Ordnung, von ihm ertränkt zu werden.«
»Er ertränkt Menschen?« Magnolia war fassungslos.
»Och, Magnolia. Sag bloß,
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